Sing für mich, komm, sing

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Sicht: Richard

Erleichterung. Genau dieses Gefühl verspürte er in diesem Moment, als er auf die Karte blickte. Vor kurzem hatte er noch das Gefühl, dass er von einem Blitz erwischt werden würde, doch nun strahlte er fast über das gesamte Gesicht, wie ein kleines Kind an der Weihnachtsfeier. Wenn er ehrlich wäre, dann fühlt er sich auch in diesem Moment so. Etwas ungläubig betrachtet er die feuchte Karte erneut. Er war über den Berg hinweg, musste nur noch den Abstieg bewältigen, damit er an seinem Ziel ankommen würde. Dann war es geschafft, dachte er, konnte es kaum glauben. Ihm tat alles weh und kalt war es auch, somit konnte er es kaum glauben. Den einzigen Teil der Strecke, den er nicht allzu gut fand, ist der Teil, wo er über einen Feldweg musste. Eine offene Fläche. Wie dem auch sei, er musste sich jetzt sputen.

So ging er jetzt los, grinste selbst bei dem Sturm, der seine Haare endgültig ruiniert hatte. Sie standen noch wilder ab, als sie es schon für üblich taten. Ihm war das aber herzlichst egal, da er weiß, dass er am Ziel sicherer duschen konnte. Duschen, ja, das wäre wirklich angenehm. Aber dann so richtig war, damit seine mittlerweile gefrorenen Hände und Füße wieder in Gang kommen könnten.

Sicht: Christoph

Da gingen die beiden nun daher, singend, lachend und irgendwie furchtloser. Christoph hatte ursprünglich die Idee gehabt zu singen, da er gehört hatte, dass dies die Angst lindern konnte. Vor allem, wenn man sich allein im Dunkeln befand. Er selber hatte dies auch mehrfach ausprobiert und siehe da, es wirkt. Sehr gut sogar. Denn Paul scheint kaum Anzeichen von Angst zu zeigen, zumindest konnte Christoph davon nichts erkennen. Gerade laufen die beiden auch über eine mehr oder weniger freie Fläche, der Schein der Taschenlampe reicht nicht weit genug, um das Ende der Fläche zu sehen. Das Einzige, was er sah, waren wunderschöne Blumen, die etwas Beruhigendes ausstrahlten. Langsam kniet er sich runter, streckt die Hand aus und pflückt eine der Blumen. Die, die er in den Händen hielt, war dunkelblau. Sogar seine Lieblingsfarbe. Erfreut steckt Christoph die Blume an den Rucksack an und fängt an, mit Paul weiterzusingen. Dabei schweift sein Blick wieder nach oben in den Himmel.

Ein komisches Gefühl breitet sich dabei in seiner Brust aus. Christoph kann spüren, dass etwas nicht stimmt. Nur konnte er nicht genau sagen, weshalb er dies nun verspürte. Das Einzige, was ihm bis jetzt aufgefallen war, war die Änderung des Windes. Immer wieder geschah das, aber sehr spontan, als würde die Natur mit einem spielen wollen. Auch die Wolken scheinen noch dunkler und tiefer zu sein, als so schon. Gruselig. Statt sich weiter darüber Gedanken zu machen, sang Christoph einfach weiter. Laut und kräftig, als wolle er seine Sorgen einfach weg singen. Das Ganze scheint auch gut zu klappen, denn schon bald schlich sich das typische grinsen zurück auf seine Lippen.

"Christoph, sieh nur!", rief Paul, welcher ein gutes Stück vor ihm her ging. "Hm?" "Hier sind wieder mehr Bäume, wir sind von der Fläche weg", berichtet ihm der kleinere strahlend, als hätte er gerade ein Plüschtier beim Dosenwerfen gewonnen. Christoph konnte verstehen, weshalb Richard ihn so unendlich gern hatte. Ein echter Sonnenschein, selbst in einem starken Gewitter. Es tut wirklich gut. Christoph nahm Paul wieder an seine Hand, wollte nicht, dass dieser noch umfiel oder Schlimmeres passierte. Die beiden durften sie kaum einen Fehler erlauben, denn sie mussten nur schon Ausschau nach Richard halten. Dieser könnte irgendwo verletzt liegen. "Ist es denn noch weit, Christoph?" "Wir sind bald über dem Berg, also sollte es relativ zügig gehen, bis wir über den Berg hinweg sind. Dann geht es hauptsächlich Bergab." Paul nickte, scheint sich anscheinend zu freuen, das konnte Christoph in seinem Ausdruck ablesen. Wäre er nicht mit Oliver zusammen, oder Richard in Paul verschossen, so hätte er den älteren bestimmt auf ein Date eingeladen. Aber er war mehr als zufrieden mit Oliver, also wird dieser Fall niemals eintreten. Besser so.

Die beiden schritten weiter, kaum später schon über den Berg hinweg. Zuvor sangen die beiden noch Rocksongs, nun sind es aber Kinderlieder, die sie so laut wie nur möglich sangen. Andere hätten das jedoch als unangenehm und kindisch empfunden, doch Christoph, auch Paul, hatten den Spaß ihres Lebens. In dem Moment könnte es fast nicht schöner sein. Vielleicht, wenn das Wetter besser wäre und Richard nicht verschollen wäre, wäre es perfekt. Einfach die Wanderung zu genießen, ohne dass die Socken durchnässt oder die Jacke bald nicht mehr wasserdicht ist. Gerade, als die beiden das nächste Lied anstimmen wollten, klingelte Christophs Handy, worauf er direkt auf das Display sah. Es war Oliver, der ihn anrief. War Richard schon bei ihnen? Dann war er wohl ganz schön schnell.

Telefonat: Christoph=C Oliver=O

C: Hey spatzi

O: Hey süsser...ehm...habt ihr schon etwas von Richard gehört?

C: Wie bitte? Er ist noch nicht bei eucht...?

O: Nein, das ist er nicht. Aber ihr bekommt vielleicht ein sehr großes Problem in ein paar Stunden oder so...

C: Oliver, was ist los?

O: Das Gewitter entwickelt sich zu etwas Krasserem. Es zeigt mir hin und wieder Hagel auf der App an, aber ich kann wirklich nicht sagen, ob das stimmt. Aber falls doch, dann müsst ihr schleunigst Unterschlupf suchen oder zu uns kommen. Und zwar sehr schnell.

C: Was...? Also...verdammt man...das ist nicht gut...gar nicht gut. Okay...ehm...wir gucken, was wir machen, okay? Bis später.

O: Bis später, liebster, hab dich lieb.

C: Hab dich auch lieb, Schatz, bis dann.

Mit diesen abschließenden Worten endete er das Gespräch, während ihn Paul verwirrt, aber auch irgendwo glücklich ansah. "Du willst wahrscheinlich, dass ich dir sage, wer das war, oder?", frage ich leicht belustigt und Paul nickte aufgeregt. "Naja, das war Oliver...mein fester Freund." "Also unser Oliver, oder?" "Jap, unser, respektive mein, Riese" Erfreut quiekte Paul auf, umarmte mich dann direkt. "Ihr seid soooo unglaublich süß zusammen. Ich hatte es aber auch schon vermutet, so sehr wie ihr aneinander gehangen habt." "Joa, aber das Schlechte ist, dass es nach Hagel aussieht, sie es aber nicht genau sagen können." Bei seinen Worten konnte man erkennen, wie das Gesicht des Kleineren immer bleicher wurde und er Angst bekam. "Hör zu, wir machen jetzt einfach schneller und dann wird alles gut, versprochen." Christoph bewirkt damit, dass er nun ein wenig erleichterter aussah, jedoch scheint die Angst ihn schon eingenommen zu haben. Er konnte einem fast schon leid tun, so wie er da stand. Zitternde, nass und ängstlich, genauso sah er in diesem Moment aus. Würde Christoph ehrlich sein, so hätte er auch zugegeben, dass er Angst hätte, aber er musste jedoch stark für sie beiden sein. Es ging nicht anders. Hagel war nämlich etwas ganz Neues für ihn, etwas, was er noch nie bei einer Wanderung erleben musste. Die Vorstellung war aber auch sehr beängstigend, deswegen verdrängte er einfach all seine Gedanken.

Sicht: Oliver

Das Telefonat wurde von seiner besseren Hälfte beendet, die sich irgendwo auf dem Weg hierher befand. Angst hatte er. Er wollte nicht, dass Christoph etwas passierte, denn er könnte es nicht ertragen, ihn verletzt zu sehen. Mindestens seit fünf Minuten aktualisierte er den Wetterbericht immer und immer wieder, hoffte inständig, dass die Hagelwarnung nie wieder auftauchte. Hin und wieder war sie weg, tauchte aber kurz daraufhin wieder auf. Es war nervenaufreibend, so kehrte er sich auf seinen Rücken und versuchte auf andere Gedanken zu kommen...

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Joa, nen weiteres Kapitel...taddaaaaa.

1216 Wörter

Allen noch einen schönen Abend/ Tag noch, Tschüssi :D

Und die Vögel singen nicht mehr...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt