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Die kommenden zwei Wochen gehen genau so arbeitsreich weiter. Gereizte Magenschleimhaut, Reflux, Erkältungen, Bindehautentzündungen und vieles mehr diagnostiziere ich in der Zeit bei meinen Patienten. Wenn ich mich dann im Dorf beim Bäcker blicken lasse, grüßt mich jeder, bleibt für einen Plausch stehen und wünscht mir einen schönen Tag.

Mittlerweile kenne ich manche Familien sogar beim Namen. Ich fühle mich willkommen und vor allem pudelwohl.

Und dann rückte Moritz' Geburtstag unweigerlich näher, bis der Morgen meiner Abfahrt gekommen ist. Ich fahre nur über das Wochenende nachhause und so hält sich mein Gepäck, dass den Weg in den Kofferraum meines Dienstwagens gefunden hat, in Grenzen.

Bisher war die ganze Zeit mein Plan gewesen, dass ich mit dem Zug fahre, aber nachdem ich herausgefunden habe, dass ich den Dienstwagen auch für private Zwecke nutzen darf, habe ich beschlossen, diesen auch zu nutzen. Das Geschenk für Mo ist bereits vergangene Woche angekommen und ich freue mich schon jetzt auf sein Gesicht, wenn er es auspackt und zum ersten Mal sehen wird.

Nach Praxisschluss mache ich mich auf den Weg und rufe über die Freisprecheinrichtung bei meinem Vater an.

»Hi Paps, ich wollte nur sagen, dass ich jetzt los fahre.«

»Hey Kleines, fahr vorsichtig und mach Pausen wenn...«

»Du merkst, dass ich müde werde, ja mach ich, versprochen. Laut Navi bin ich gegen spätestens 20 Uhr bei euch«, unterbreche ich ihn und seine ständige Sorge um mich rührt mich.

»Wir freuen uns auf dich, bis später«, sagt er noch und dann beenden wir auch schon das Telefonat.

Viel Verkehr begegnet mir auf der Strecke nicht, aber ich merke, zwischendurch wie meine Konzentration nachlässt, denn die Strecke ist an Eintönigkeit kaum zu überbieten. Der Wettergott meint es aber gut mit mir und es regnet nicht einmal während dieser Fahrt, obwohl die grauen Wolken den Himmel bedecken.

Ich halte während der gesamten Fahrzeit drei Mal an, um mir einen sündhaft teuren Kaffee zu gönnen, aber was tut man nicht alles, um sicher bei seiner Familie anzukommen.

Die Abenddämmerung ist schon weit vorangeschritten, als ich vor dem Haus meines Vaters parke.

Ich kann Mo schon durch die geschlossene Haustüre hören, wie er begeistert immer wieder »Phie, Phie«, ruft und dann schwingt auch schon die Haustüre auf und es gibt kein Halten mehr für meinen kleinen großen Bruder.

Mit schnellen Schritten kommt er auf mich zu gelaufen und ich finde mich im nächsten Moment in einer festen Umarmung wieder.

»Du bist endlich da«, murmelt er an meine Brust, denn er reicht mir gerade einmal bis zum Kinn. Er war schon immer recht Popper gewesen und hat seither nie wirklich an Gewicht verloren. Nur als Kleinkind, als er an seinem Herzen operiert werden musste, aufgrund eines Herzklappendefektes, hat er an Gewicht verloren. Du nun steht er mit seinem rundlichen Bauch vor mir und drückt mich, was das Zeug hält.

»Oh nicht so doll du zerquetscht mich ja«, sage ich mehr aus Spaß und tue so, als würde ich kaum noch Luft bekommen.

Mo lacht amüsiert auf und sein Lachen hallt an den Hauswänden unserer Straße wider.

»Aber ich habe dich auch vermisst, na weißt du wie doll?«

»Bis zum Mond und wieder zurück?!« Er klingt wie immer recht kindlich und als ich nicke, klatscht er einmal in seine Hand und drückt mich erneut.

»Bis zum Mond und wieder zurück«, bestätige ich leise und nun lege auch ich meine Arme um ihn und drücke ihn so fest ich kann an mich.

»Hey Phie«, haucht nun auch mein Vater, der in der Tür erscheint, und ich löse mich von Mo, der mir hinterherläuft, als ich auf meinen Vater zugehe. Ich umarme ihn und ich spüre die Geborgenheit, die ich in Niederelgbach so schmerzlich vermisse und nun weiß ich, dass sich genau so zuhause anfühlt.

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