11

46 3 9
                                    

Um kurz vor fünf verlasse ich das Haus.

Ich setze mich in Bewegung und es dauert keine zehn Minuten und ich bin am Marktplatz angekommen. Vor dem Rathaus ist eine Bühne aufgebaut, auf der schon mehrere Stühle aufgereiht sind. Instrumente, wie Trompeten, Klarinetten und ein Schlagzeug haben dort ebenfalls ihren Platz gefunden. Meine Praxis ist direkt auf der anderen Seite und von einem Essensstand verdeckt, der Bratwürstchen, Leberkäsbrötchen und Pommes verkauft. Ein weiterer Stand verkauft Spießbraten. Vor dem Bäcker steht ein Getränkestand. Die Tische, die am Tag zuvor aufgestellt wurden, sind bisher bis auf den letzten Platz belegt. Offenbar sind auch Besucher der anderen Ortschaften nach Niederelgbach gekommen. Kurz lasse ich den Blick schweifen und entdecke vor der Bühne Patrizia, die aufgestanden ist und mir zuwinkt.

Ich nicke, lächle und gehe auf sie zu. Sie ist nicht zu übersehen, so überschwänglich wie sie winkt.

»Schön, dass du gekommen bist. Ich dachte schon du versetzt mich«, begrüßt sie mich, drückt mich dabei und verpasst mir links und rechts auf meine Wange einen Kuss. Ein Busserl, wie sie es nennt. Eine so herzliche Begrüßung überrascht mich, denn ich kenne Patrizia erst seit einer Woche, aber es macht mir nichts aus.

»Wieso, ich bin doch noch gar nicht zu spät, oder?«

»Nein, nein, alles gut komm setz dich, wir haben dir einen Platz frei gehalten«, fordert sie mich auf und sie selbst nimmt ebenfalls wieder Platz.

Ich hebe den Rock meines Kleides etwas an, damit ich über die Bank steigen kann und setze mich.

An dem Tisch sitzen zwei weitere Pärchen und sie begrüßen mich freundlich.

»Sophie, das sind Frieda und Ludwig Hofbauer«, stellt sie mir das erste Pärchen vor.

Eine junge Frau reicht mir die Hand, die so blass ist, dass ich zunächst an eine Blutarmut denke. Diesen Gedanken verjage ich schnell wieder, denn mit ihrem schwarzen Haar, dem blassen Teint und ihren rehbraunen Augen, erinnert sie mich fast ein bisschen an Schneewittchen. Wie Patrizia trägt sie ein Dirndl, in Grau mit weinroten Tönen. Ihr Blick ist freundlich und gütig und sie mustert mich neugierig.

»Sie sind die neue Landärztin, gell?«

Ich nicke mit einem Lächeln auf meinen Lippen.

»Ist das schön, endlich mal jemand jüngeren als Arzt zu haben.«

»Ich glaube das sehen nicht alle so«, platzt es mir raus und ich ernte einen fragenden Blick.

»Warum das?« Die Neugierde steht ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.

»Ach nichts, schon gut.« Ganz sicher werde ich ihr nicht von der Begegnung mit Herr und Frau Gmeinder berichten. Ich weiß, dass in diesem Dorf jeder jeden kennt, und beschließe, Vorsicht walten zu lassen. Vorsicht ist besser als Nachsicht und was in der Praxis passiert, bleibt in der Praxis. Ich bin gerade erst dabei hier Fuß zu fassen, also sollte ich es mir nicht selbst verderben, indem sie mich für eine Lästerschwester halten.

Der Mann von Frieda ist recht groß und schlank, hat dunkelblondes Haar und trägt eine Lederhose und ein rotweiß kariertes Hemd. Er wirkt ebenso freundlich wie Frieda und ich schätze ihn ebenso wie Frieda auf Anfang dreißig.

»Ich bin der Ludwig«, stellt er sich vor und ich greife die Hand, die er mir entgegenstreckt.

»Sophie, freut mich.« Stelle ich mich noch einmal vor, obwohl Patrizia mich bereits vorgestellt hat.

»Und das sind Laura und Max .« Beendet dann Patrizia ihre Vorstellrunde, sehr zu meiner Erleichterung. Auch ihnen schüttel ich die Hand und stelle mich kurz vor.

Stadt Land LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt