Es ist nicht einmal zehn Uhr, als es an der Tür zu meiner Wohnung klopft und es dauert eine ganze Weile, bis ich begreife, wo ich bin und richte mich auf.
Wie erwartet hat sich über Nacht ein Muskelkater in meinen Körper breitgemacht, der einen ziehenden Schmerz mit sich bring. Jeder Schritt schmerzt, aber da muss ich wohl nun durch.
Ich öffne, nachdem es ein weiteres Mal klopft die Tür und Rosel steht mit einer Tüte Brötchen davor. Wie aufmerksam. Ich freue mich sehr über das spontane Frühstück, dass sie mir überreicht, und die Brötchen waren noch nicht alles.
»Guten Morgen, Liebes. Ich war mal so frei und habe euch vom einkaufen ein paar Semmeln und Aufschnitt mitgebracht. Die Marmelade in dem Glas habe ich selbst eingekocht, es ist Erdbeere.«
Ich betrachte die Auswahl, die sie im Korb trägt und lächle freudig.
»Vielen Dank, Rosel.«
Ich nehme den Korb entgegen und auch die Brötchen. Ja, Rosel macht es mir hier wirklich leicht, mich wohl zu fühlen. Und das war der perfekte Start in einen Samstagmorgen, wie ich finde.
»Solltet ihr noch was brauchen, lasst es mich wissen. Ich bin unten. Ach ja und den soll ich dir geben.« Sie hält mir einen Autoschlüssel entgegen, auf dem das Logo von Mitsubishi abgebildet ist. Das würde also mein Dienstfahrzeug sein.Ich nehme den Schlüssel entgegen und betrachte diesen noch einmal genauer, ehe Rosel wieder das Wort an mich richtet.
»Du musst den Wagen aber am Rathaus abholen, der ist dort noch geparkt.«»Das wird kein Problem sein, ich werde das Rathaus sicherlich finden.« Bleibe ich positiv gestimmt und nehme mir vor, sobald mein Vater wieder abgefahren ist, den Ort, meine neue Heimat, zu erkunden.
Doch zunächst einmal frühstücken wir, nachdem sich Rosel wieder verabschiedet hat.
»Scheint ja wirklich nett zu sein«, merkt mein Vater an und betrachtet die kleine Auswahl an Aufschnitt in dem Korb. Wir entscheiden uns, auf dem Balkon zu frühstücken, denn sie Sonne strahlte an diesem Morgen bereits vom Himmel und man hat vom Balkon, der an das Wohnzimmer angrenzt einen herrlichen Blick auf das Panorama der Berge. Außerdem muss man den Spätsommer mit seinen Möglichkeiten nutzen. Ich genieße diese Aussicht und beiße andächtig von meinem Brötchen ab, dass ich mit Rosels Marmelade bestrichen habe. Sie schmeckt sensationell. Nicht zu süß, nicht zu sauer. Genau richtig und nach meinem Geschmack. Dann fällt mir ein, dass ich Rebecca und Vanessa noch gar nicht angerufen habe, und beschließe, ihnen zunächst zu schreiben.
Wir haben eine Gruppe bei WhatsApp eingerichtet, das macht es leichter Nachrichten an die beiden zu versenden und man muss es nicht doppelt schreiben.
Hey Mädels,Tut mir leid, dass ich mich gestern nicht mehr gemeldet habe, aber wir waren noch mit dem Abladen und aufbauen der Möbel beschäftigt. Ich bin gut in Niederelgbach angekommen und bisher ist es recht angenehm. Meine Vermieterin ist wirklich sehr freundlich und hat uns heute Morgen schon Frühstück gebracht. Nachher werde ich damit beginnen meine Kisten auszuräumen. Ich melde mich wieder, bei euch. Hab euch lieb. XOXO
Ich drücke auf senden und lege mein Handy erst einmal beiseite und frühstücke weiter. Mit Sicherheit ist Rebecca ohnehin in der Praxis beschäftigt, denn vor ihrem Start am Montag will ihr Vater sie mit den Systemen der Computer und Diagnostikgeräte vertraut machen. Ich bin mir sicher, lange wird Becca nicht brauchen, bis sie das verinnerlicht hat, denn sie ist klug und lernbereit. Nessi hingegen wird sicherlich schon am Packen sein, bevor es nach Australien geht. Die Glückliche nimmt sich eine Auszeit, bevor sie ihre Stelle als Assistenzärztin der Chirurgie in der Uniklinik Köln beginnt. Einen Monat lang wird sie auf einer Tour durch Australien und Neuseeland sein.
Sie ist wirklich zu beneiden, denke ich und beiße ein weiteres Mal von meinem Brötchen ab. Da die Kaffeemaschine das erste war, das ich am Abend zuvor aufgebaut habe, haben mein Vater und ich sogar zwei Tassen dampfenden Kaffee vor uns stehen, der bei dieser Aussicht noch besser schmeckt.
Im Anschluss räumen mein Vater und ich den Tisch ab und ich verschwinde im Bad, um mich anzuziehen. In einem weißen Top und einer langen dunkelblauen Jeans komme ich wieder aus dem Bad und beobachte meinen Vater dabei, wie er die wenigen Sachen die er mit hat, wieder in seiner kleinen Reisetasche verstaut.
Der Abschied rückt näher und innerlich wehre ich mich dagegen. Ich hasse Abschiede und weiß, dass meine Stimmung für den Rest des Tages im Eimer sein wird, wenn ich mich nicht ausreichend ablenke.

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Stadt Land Liebe
RomansaUm ihr Medizinstudium zu finanzieren, hat sich Sophie als Landärztin verpflichtet. Als es an der Zeit, ihren Teil des Vertrages zu erfüllen, verschlägt es sie von Köln in das kleine verschlafene Städtchen Niederelgbach im Allgäu. Inmitten dieser tra...