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Es regnet noch drei Stunden weiter und in dieser Zeit genieße ich die Gespräche mit Lissi, bis Benedikt wieder die Küche betritt.

»Ich denke wir sollten einen Versuch wagen«, sagt er direkt und ohne Umschweife.

»Jetzt lass die Frau Doktor doch wenigstens noch ihren Tee trinken«, entschleunigt seine Oma zugleich und ich muss über ihre direkte Art schmunzeln.

»Das klingt ja fast wie ein Rausschmiss und wir schmeißen hier niemanden raus«, fügt sie hinzu und nippt, mit abgespreiztem kleinen Finger, an ihrem dampfend heißen Tee.

»Ich möchte wirklich keine Umstände bereiten, ich habe mich schon selbst zum essen eingeladen, unbeabsichtigter Weise, langsam ist es an der Zeit in die eigenen vier Wände zurückzukehren«, entgegne ich und möchte nicht, das Benedikt weiter von seiner Oma gerügt wird. Man merkt sofort, dass sie für ihn eine Autoritätsperson ist, denn die Worte von Lissi scheinen Benedikt etwas auszubremsen.

»Na fein, aber du besuchst uns schnell wieder. auch wenn man es Benedikt nicht anmerkt, aber wir bekommen hier gerne Besuch, vor allem er von einer so netten Dame.«

»Oma!«

»Was denn, das ist doch so«, murrt sie nur leise und entlockt mir das nächste Schmunzeln. In der Kürze der Zeit habe ich diese Dame jetzt schon lieb gewonnen. Es gibt selten Menschen, die so ehrlich sind wie sie und das beneide ich. Sie trägt das Herz auf der Zunge und das gefällt mir. Es zeugt von Rückgrat und das hat nun einmal nicht jeder.

»Ich versprehe dir, ich komme dich bald wieder besuchen«, verspreche ich und entlocke so der alten Dame ein lächeln. Sie tätschelt meine Hand und ich erhebe mich von der rustikalen Eckbank, schultere meine Tasche und folge Benedikt in den Hof. Es nieselt nur noch leicht und es ist ein großer Unterschied zu den dicken Regentropfen zuvor.

»Hier das gehört dir«, sagt er noch, dreht sich zu mir und überreicht mir ein Plastikbeutel.

»Was ist das?«

»Deine Wäsche, frisch gewaschen und getrocknet. Ich dachte die Zeit kann man sinnvoll nutzen, also habe ich das getan«, erklärt er und überrascht mich damit. Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass er in der Zeit, die ich mit seiner Oma verbracht habe, meine Wäsche wäscht.

Es wäre auch gar nicht nötig gewesen, aber ich freue mich dennoch.

Ich lächle in seine Richtung und greife nach dem Beutel.

»Vielen Dank, natürlich bekommt deine Schwester auch ihre Kleidung frisch gewaschen zurück« versichere ich ihm und ernte lediglich ein Nicken. Es ist wirklich nicht leicht, auch ihm ein Lächeln zu entlocken, und ich gebe es für diesen Tag auf.

Schweigend folge ich ihm, zu seinem Traktor und greife seine Hand, als er sie mir entgegen streckt. Benedikt sitzt bereits auf dem Fahrersitz und zieht mich gekonnt zu sich hoch. Dort setze ich mich, wie schon einige Wochen zuvor, auf den seitlichen Sitz in der Fahrerkabine und halte mich an einem der Griffe an den Seiten fest. So schaukeln wir über die unebenen Wege meinem eigenen Wagen entgegen, der noch immer im Schlamm feststeckt und darauf wartet befreit zu werden.

Als wir angekommen sind, stelle ich fest, dass der Regen einen Großteil des Matsches, der an der Karosserie klebte, bereits weggespült hat. Somit sieht der Wagen nur halb so schlimm aus wie erwartet und ich bin positiv überrascht.

Der Traktor kommt zum Stehen und Benedikt schwingt sich von diesem und kommt mit einem schmatzenden Geräusch unter seinen Gummistiefeln auf Boden zum Stehen.

»Warte ruhig im Traktor«, weist er mich an und ich muss gestehen, dass ich es nicht beabsichtigt hatte auszusteigen. Das verrate ich ihm nicht, sondern nicke nur gehorsam und warte.

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