#69 Majoli Petit

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Mein Gott, war das schwer.
Da lag ich also, in genau dem Bett, in dem ich gerade noch mit Matylda gelegen hatte. Und jetzt? Leere.
Ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen, aber tief drinnen tat es weh. Traurig und irgendwie kränkend, dass Matylda jetzt nicht neben mir war.

Ich wusste ja, sie will bald alles mit Ihm beenden, aber meine Gedanken drehten sich trotzdem nur um sie.
Und um Piotr. Natürlich.

Ich entschied mich, eine Kippe anzuzünden, stand auf und ging ans Fenster.
Es war viel zu still um Liora geworden, diese Stille machte es auch nicht besser. Naja.
Ich dachte wieder an Matylda.
Was, wenn er sie jetzt, nachdem er sie mit Geschenken überschüttet, versucht, ins Bett zu kriegen?

Dieser Gedanke, dass Piotr Matylda anfasst... Ugh. Wie er sie umarmt, sich an sie schmiegt, ich wurde richtig unruhig. „Arschloch“, murmelte ich leise.

Diese Frau hätte niemals so einen Möchtegern-Polnischen-Pablo-Escobar verdient. Und schon gar nicht in der Immobilienbranche.

Immer wieder stellte ich mir vor, wie seine Lippen ihre berühren, wie seine Finger über ihren Körper gleiten.
Fuck, das machte mich richtig wütend. Nicht mal die Zigarette half mir, diese Gedanken zu verscheuchen.

Ich sah auf mein Handy, um zu checken, wann Matylda zuletzt online war. Nicht, dass sie gerade… na, du weißt schon. Aber er sollte auch bloß nicht neben ihr liegen.

Plötzlich sah ich eine Nachricht von einer unbekannten Nummer.

Peace, Majoli,
meine Mutter bat mich, dir von meinem Handy aus zu schreiben. Sie wollte dir sagen, dass alles in Ordnung ist und du dir keine Sorgen machen sollst. Sie wird sich heute vielleicht nicht melden, und du sollst keinen Blödsinn anstellen, meinte sie.
Peace out, Zofia.

Meine kluge Frau, Matylda…
Sie kannte mich einfach zu gut.
Sie wusste genau, wie ich mich innerlich fühlte, und war besorgt. Meine Matylda...

Ich legte mich wieder ins Bett und malte mir aus, wie es wohl wäre, sie zu heiraten.
War das zu früh? Würde sie das überhaupt jemals wollen? Ach, egal. Allein die Vorstellung machte mich überglücklich.

„Ja, hallo, Majoli Novak hier. Nein, MEINE FRAU Matylda Novak ist gerade nicht zuhause.“ So würde ich rangehen, wenn jemand anruft. Mit diesem Gedanken schlief ich endlich ein.

...

Vor dem Haupteingang rauchte ich meine Kippe zu Ende, aber Matylda war noch nicht da. Komisch. Ich schaute auf mein Handy:

Majoli, ich werde heute etwas später kommen. Entschuldige bitte. Rafael weiß Bescheid.
Bis dann.

Ich seufzte und schlurfte in die Umkleide. Was war nur los, dass Schwester Überpünktlich Matylda heute verspätet war?

In der Umkleide traf ich auf Lotte, die mich fröhlich begrüßte und mich anstrahlte, als hätte sie im Lotto gewonnen.
Ihr Schlüsselbund, an dem jetzt auch die Pride-Flagge baumelte, hing aus ihrer Kasacktasche. Neben der Flagge, hatte sie ihren Bienen Anhänger, den sie am kasak trägt.
„Lotte, ich habe Angst, dass du bald als Einhorn zur Arbeit kommst. Du steigerst dich ja schrittweise in Sachen Pride-Accessoires“, neckte ich sie.

Lotte strahlte: „Ist das nicht toll, Majoli? Es gibt so viele tolle Sachen!“

Lotte war wirklich süß.

Im Aufzug zog sie dann ihre Hose etwas hoch und zeigte mir ihre bunten Socken mit einem Einhorn-Gesicht an der Seite. Ich brach in Lachen aus. „Wow, Lotte, du überraschst mich immer wieder!“

„Das muss ich gleich Matylda zeigen“, sagte sie stolz.

„Wo steckt sie überhaupt?“ fragte Lotte neugierig.

„Sie kommt heute später“, informierte ich sie.

„Das liegt aber nicht an eurer wilden Nacht, oder? Dein Rücken...“ Lotte musste nicht weiterreden. Ich grinste nur.

Als wir weiterliefen, fügte sie hinzu:
„Ich hätte ja nicht gedacht, dass Matylda so wild ist. Aber wenn ich mir deine Schulterblätter in der Umkleide anschaue, ist sie wohl doch leidenschaftlicher, als ich dachte.“ Sie zwinkerte mir zu.

Ach, Lotte… Wenn du wüsstest, was Matylda alles draufhat, dachte ich mir. Nicht mal ihr Mann hatte eine Ahnung.

Aber ich konnte nicht widerstehen und musste Lotte ein wenig aufziehen.
„Ach Lotte, das ist noch gar nichts. Matylda steht total drauf, wenn ich mich wie eine Krake bewege.“

„Wie meinst du das? So was hab ich ja noch nie gehört!“

„Da musst du Matylda mal fragen“, grinste ich frech. „Sie hat da so eine spezielle Vorliebe.“

Lotte, die neugierigste Person der Welt, wird Matylda sicher später ausquetschen.
Das wird lustig! Trotzdem kreisten meine Gedanken immer wieder um Matylda...

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