Kapitel 24

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Auf dem Rückweg zur Hütte des Reservats spürte ich das Gewicht des Buches in meiner Tasche. Ich wusste, dass ich es nicht sofort öffnen konnte – nicht vor Rosier. Doch der Gedanke an das, was in diesem Buch stand, nagte an mir. Es war, als hätte ich einen Teil meiner alten Welt zurückgeholt.

Aber war das wirklich das, was ich wollte?


Am nächsten Tag spürte ich die ständige Präsenz des Buches, das ich heimlich in meinem Zimmer im Reservat versteckt hatte. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie meine Gedanken zu dem unscheinbaren Band über Dämonenfeuer schweiften. Es war, als ob eine unsichtbare Hand danach griff, mich zu locken, die Geheimnisse darin zu entdecken. Doch zugleich spürte ich auch die dunkle Erinnerung an Tom, die immer dann aufkeimte, wenn ich zu sehr in Gedanken versank.

An diesem Abend saßen wir in Rosiers Wohnzimmer, das als Vorraum seines eigentlichen Schlafzimmers diente. Das Feuer knisterte leise im Kamin und die Atmosphäre war eigentlich ruhig und friedlich. Wir hatten zuvor gemeinsam gegessen und nun schwiegen wir, während die Flammen vor uns tanzten. Ich spürte, wie Rosiers Nähe mir eine seltsame Wärme gab, die ich nicht leugnen konnte, aber auch eine Unruhe in mir weckte.

„Es ist seltsam, nicht wahr?" sagte ich leise, fast in einem Versuch, die Stille zu durchbrechen. „Hier zu sein, so weit weg von... allem." Ich hatte den Satz fast mit „von Tom" beenden wollen, doch ich hielt inne. Der Gedanke an ihn verfolgte mich immer wieder, obwohl ich es nicht wollte.

Rosier antwortete nicht sofort. Sein Blick war auf die Flammen gerichtet und ich sah, wie sich seine Kiefermuskeln anspannten. Dann, ganz plötzlich, stand er auf, als hätte meine Bemerkung ihn aufgestört. „Ja, es ist... anders," murmelte er, ohne mich anzusehen.

„Rosier?" fragte ich leise und stand ebenfalls auf, unsicher, was in ihm vorging. „Was ist los?"

Er drehte sich langsam zu mir um, und für einen Moment schien es, als wollte er etwas sagen, doch dann hielt er inne, als würde ihn etwas zurückhalten. Seine Augen waren voller widersprüchlicher Gefühle, die ich nicht deuten konnte.

„Es ist nichts," sagte er schließlich, seine Stimme fast zu ruhig, als wäre sie ein Schutzschild. „Ich sollte... ich sollte morgen früh noch einmal nach Rookhaven fahren. Es gibt ein paar Dinge, die ich besorgen muss."

Ich runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht. Er war in den letzten Tagen immer wieder merkwürdig distanziert geworden, aber dieser plötzliche Rückzug war noch extremer als zuvor. „Warum sagst du mir nicht, was wirklich los ist?" wagte ich zu fragen.

Rosier sah mich an und ich spürte, wie die Spannung zwischen uns wuchs. Er war sonst so kontrolliert, so beherrscht, doch in diesem Moment sah ich, wie etwas in ihm zerbrach – oder zumindest fast. Dann, fast so schnell, wie die Spannung gekommen war, wich sie wieder und er wandte sich von mir ab.

„Es gibt Dinge, die du nicht verstehen würdest, Kate," sagte er kühl. „Dinge, die besser ungesagt bleiben."

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag, doch noch mehr verwirrte mich die Distanz in seiner Stimme. Ich wollte nachfragen, ihn dazu bringen, zu erklären, doch ich wusste, dass es keinen Sinn hatte. Er würde sich mir nicht öffnen. Stattdessen blieb ich stumm und ließ ihn in die Dunkelheit seiner Gedanken zurückkehren.


Am nächsten Morgen machte Rosier sich tatsächlich auf den Weg nach Rookhaven. Meine Gedanken kreisten, während ich auf meinem Stück Brot herum knabberte, immer noch um das Buch, das ich am liebsten sofort durchforsten wollte, doch Rosiers Verhalten hatte mich abgelenkt.

Was war nur mit ihm los? Und warum war ich so besessen davon, die Wahrheit herauszufinden? Warum war da dieser Gedanke, dass sein Verhalten in irgendeiner Art und Weise mit Tom zu tun hatte, den ich einfach nicht abschütteln konnte?

Sobald er das Haus verlassen hatte, verräumte ich meinen Teller und zog mich schnell in den 2. Stock, in mein Zimmer zurück. Augenblicklich holte ich das Buch aus seinem Versteck, zwischen Bettgestell und Matratze hervor und setzte mich an den kleinen Tisch, der gegenüber meines Bettes stand. Die vergilbten Seiten knisterten unter meinen Fingern und ein seltsames Kribbeln lief mir über den Rücken, als ich die erste Seite aufschlug. Die Beschreibungen des Dämonenfeuers waren detailliert und erschreckend präzise. Die Magie war gefährlicher, als ich es jemals vermutet hatte – eine Kraft, die nicht nur zerstören konnte, sondern auch denjenigen, der sie kontrollierte, in den Wahnsinn treiben konnte, wenn sie falsch angewendet wurde.

'Ein Dämonsfeuer ist ein schwierig kontrollierbares, durch einen schwarz-magischen Fluch erzeugtes Feuer, dessen Flammen die Formen einer großen Vielfalt von Gestalten annehmen. Was sie erfassen und verbrennen, kann magisch nicht mehr repariert werden. Deshalb gehört das Dämonenfeuer zu den wenigen mächtigen Dingen mit der Kraft, Horkruxe zu zerstören. Allerdings ist es höchst gefährlich, ein solches verheerendes Feuer zu entfachen, denn es kann weder mit Wasser noch mit üblichen feuerlöschenden Zaubersprüchen gelöscht werden.'


Ich blätterte weiter, vertiefte mich in die alten Beschreibungen und Formeln.


'Wenn das Dämonsfeuer mithilfe der Formel: "Pestis Incendium" beschworen wird, entsteht aus dem Zauberstab ein röhrendes, wogendes, zunehmend größer werdendes Feuer. Es ist von äußerster Wichtigkeit, den Zauberstab, während die Zauberformel gesprochen und ausgeführt wird, ruhig zu halten. Die Feuerkreaturen verwandeln sich ständig in andere gefährliche Monster, scheinbar im Bestreben, alles Brennbare zu zerstören und Lebewesen anzugreifen. Allein durch bloße Berührung werden Gegenstände angezündet.'


Ehe ich mich versah, waren Stunden des Lesens und Einprägens der wichtigsten Informationen des Dämonenfeuers vergangen. Das Licht draußen war bereits schwächer geworden und ich wusste, dass Rosier bald zurückkommen würde. Schnell versteckte ich das Buch wieder, doch die Informationen, die ich gelesen hatte, brannten sich in mein Gedächtnis ein.

Das Wissen fühlte sich wie ein zweischneidiges Schwert an. Einerseits hatte ich nun die Antworten, die ich so lange gesucht hatte, andererseits wusste ich, dass diese Macht nicht ohne Konsequenzen kam.

Falling for the dark - Tom Riddle FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt