Kapitel 32

99 5 2
                                    


- Katherine -


Das letzte, was ich sah, war die riesige Feuer-Schlange, die über den Kelch schoss und ihn vollständig in ihrem Zorn verschlang.

Und dann wurde alles schwarz.




Ich fühlte mich wie gefangen zwischen Realität und Traum, eingesperrt in einem Dunkel, das mich erdrückte. Der Schmerz war allgegenwärtig, ein brennendes Feuer, das jede Faser meines Seins zu verzehren schien, als ob ich selbst lichterloh in Flammen stände. Doch während das Feuer durch meinen Körper tobte, schien es in meinem Geist ein anderes Spiel zu spielen.

Inmitten des brennenden Schmerzes tauchten Erinnerungen auf, wie Lichtstrahlen, die für einen Augenblick die Dunkelheit durchbrachen. Ich sah Tom. Zuerst verschwommen, dann klarer, so als würde ich ihn wirklich vor mir sehen. Da waren die Momente, als er mich zum Lachen brachte, als ich in seinen Armen - während unseres damaligen Kusses - Ruhe fand und das Gefühl hatte, für einen kurzen Augenblick sicher zu sein. Seine Augen hatten damals etwas anderes in sich – nicht die Härte und Kälte, die ich zuletzt gesehen hatte, sondern einen Glanz, der wie ein Versprechen schien.

Doch diese süßen Erinnerungen verzerrten sich schnell. Die Momente, die ich so oft in meinem Herzen bewahrt hatte, verwandelten sich in Albträume. Immer endeten sie damit, dass ich ihm gegenüberstand, gezwungen, mich gegen ihn zu verteidigen. Ich sah, wie er sich vor mir aufbaute, wie seine Augen rot glühten und jedes Mal griff ich nach meinem Zauberstab, meine Waffe gegen ihn. Ich sah, wie er zu Boden fiel, ein Ausdruck puren Schmerzes auf seinem Gesicht. Ich wollte zu ihm. Ihm den Schmerz nehmen, aber ihn gleichwohl vernichten.

Mit jedem Mal schwand das Licht in seinen Augen, bis nur noch das Dunkle und das Kalte übrig blieb. Der Schmerz des Dämonenfeuers fühlte sich plötzlich harmlos an im Vergleich zu dem scharfen Stich in meiner Brust – das Wissen, dass ich ihn verloren hatte, und doch, dass ich ihn immer wieder vernichten musste.




Dunkelheit und Schmerz.


Diese Gefühle nahmen mein gesamtes Bewusstsein ein. Ich gab mich diesen Gefühlen hin. War ihnen völlig ausgeliefert.




Und plötzlich ein helles Licht, das Heilung versprach. Ich rannte darauf zu. Rannte und rannte, bis ich schließlich zaghaft meine Augen öffnete und vor Schmerz stöhnen musste.

Ehe ich mich versah, war Tom an meiner Seite. Distanziert, kalt und dennoch voller Sorge. Er spürte Erleichterung und Freude, überlagert von Wut und Enttäuschung.
Ich hatte beinahe vergessen, wie es sich anfühlte, Toms Gefühle so deutlich spüren zu können. Ich war beinahe erleichtert, dass unser Band durch mein Handeln nicht zerstört wurde.

„Du bist wach“, sagte er schließlich. Seine Stimme zu einem scharfen Speer geformt. Fast unmerklich zuckte ich zusammen.

„Tom…“ flüsterte ich heiser, ohne zu wissen, was ich ihm sagen könnte. Ich hatte einfach nur dem Bedürfnis, seinen Namen auf meinen Lippen zu spüren, nachgegeben.

„Du hast versucht, den Horkrux zu zerstören“, sagte er kühl und trat näher, bis er über mir gebeugt stand. Für einen Moment suchte ich seinen Blick, der mir versichern sollte, dass er mir nichts antun würde.

„Ich… musste es tun", flüsterte ich betrübt und wendete meine Augen von seinem unerträglich einladenden Anblick wieder ab.

„Musste es tun? Du hattest keine Wahl? Katherine, du hast keine Ahnung, was du da angerichtet hast. Keine Ahnung, wie weit du die Grenze des Erträglichen überschritten hast.“ Ich konnte sein gefährliches Zischen auf meiner Haut spüren.

Ich hob das Kinn mit einer Entschlossenheit, die ich mir in meinem Zustand fast nicht zugetraut hätte. „Vielleicht… vielleicht gibt es Grenzen, die nie hätten überschritten werden dürfen." Das Zittern meiner Hände verriet mich und auch der Schmerz, der wie eine Welle durch meinen Körper rollte, war nur schwer zu unterdrücken.
Er war so nahe, dass ich seine Kälte spüren konnte, diese unbarmherzige Strenge, die in seiner Haltung lag.

Ich wusste, was ich getan hatte, und ich bereute es nicht. Für einen Moment blitzte etwas in seinen Augen auf, ein kurzes Aufflackern, das sofort wieder erlosch. Vielleicht glaubte er wirklich, dass ich Angst haben sollte. Aber ich war längst zu weit gegangen, um zurückzuschrecken.

Er schloss die Augen, atmete tief ein und als er sie wieder öffnete, lag etwas Unergründliches in seinem Blick, etwas, das mich erschaudern ließ.

„Weißt du eigentlich, wie leicht es mir fallen könnte, dich jetzt zu vernichten, Katherine?“ Seine Stimme war leise, beinahe sanft, aber in ihr lag ein Versprechen, bei dem ich mir nicht sicher war, ob er es wirklich in die Tat umsetzen konnte. „Du hast eines der Dinge, die mir am meisten bedeuten, zerstören wollen und hast dies auch getan.“

Die Schwere seiner Worte hing über uns wie eine Gewitterwolke. Ich wusste, dass ich nichts zu meiner Verteidigung sagen konnte, dass alles, was ich entgegnen würde, ihn nur noch mehr aufbringen würde. Doch in diesem Augenblick, als er mich so ansah, als wäre ich ein Gegner, den er überwältigen musste, konnte ich nicht anders, als den Schmerz und die Enttäuschung hervorzubringen, die ich so lange in mir getragen hatte.

„Ich habe nie darum gebeten, in deine Welt hineingezogen zu werden“, sagte ich leise und kämpfte gegen das Zittern in meiner Stimme an. „Du hast mich hineingezogen, Tom. Du hast mich in deinen Bann gezogen. Und dann habe ich zugesehen, wie du all das, was ich an dir bewundert habe, in Dunkelheit und Grausamkeit hast versinken lassen.“

Sein Kiefer mahlte, und für einen Moment glaubte ich, er würde seine Beherrschung verlieren. Doch er schwieg, starrte mich nur an, als ob er in mir nach etwas suchen würde, nach einer Antwort, die ich ihm nicht geben konnte.

„Du hast es nicht verstanden,“ sagte er schließlich, und in seiner Stimme lag eine Bitterkeit, die mich fast überraschte. „Du bist schwach, Katherine. Du verstehst nicht, was wahre Macht bedeutet, was sie erfordert. Du willst Freiheit, ja, aber ohne den Preis dafür zu zahlen.“

Ich fühlte, wie Wut in mir aufstieg. Seine Arroganz, seine Überzeugung, dass er allein wüsste, was richtig und notwendig sei, schnürten mir die Kehle zu. „Vielleicht will ich das auch gar nicht verstehen", entgegnete ich, die Worte herausspuckend. „Vielleicht reicht es mir, zu wissen, dass ich mich selbst nicht verliere. Dass ich nicht zu einem Monster werde, nur um eine düstere Vision zu verwirklichen, die alles, was gut und menschlich ist, zerstört.“

Er wich zurück, nur einen winzigen Schritt, doch es war genug, um mir zu zeigen, dass meine Worte ihn getroffen hatten. Aber anstatt sich zu verteidigen, lächelte er. Ein kaltes, bitteres Lächeln, das keine Freude enthielt, sondern nur Verachtung.

„Das ist also das Bild, das du von mir hast?“ Seine Stimme war jetzt leise, gefährlich. „Ein Monster? Ich hätte dir die Welt zu Füßen gelegt, Katherine. Aber du hast dich entschieden, mir den Rücken zu kehren. Dich gegen mich zu wenden.“

Ich spürte, wie etwas in mir brach, ein Schmerz, der tief in meinem Inneren saß. „Du hast mich längst verloren, Tom,“ flüsterte ich, und die Worte brannten in meinem Hals. „Vielleicht nicht in dem Moment, in dem ich ging, aber in dem Moment, in dem du beschlossen hast, dass dir Macht wichtiger ist als alles andere. Als du aufgehört hast, mich als Menschen mit Gefühlen und einem eigenen Willen zu betrachten, sondern mich nur noch als Gefäß für einen Teil deiner Seele gesehen hast. Das war der Zeitpunkt, an dem du mich verloren hast. Hättest du anders auf mich reagiert oder anders gehandelt, wäre das alles vielleicht ganz anders verlaufen...“

Für einen Moment sah er aus, als wolle er etwas sagen, als könnte er es kaum fassen, dass ich diese Worte - meine Wahrheit - tatsächlich ausgesprochen hatte. Doch dann verschwand er aus dem Raum, ließ mich mit dem schwindenden Echo seiner Schritte zurück.

Ich fühlte mich leer, erschöpft und allein.

Falling for the dark - Tom Riddle FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt