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Die Sonne schien durch die großen Fenster des Klassenraums, während die letzte Stunde vor der Mittagspause begann. Es war Literaturunterricht, und die Klasse arbeitete an einer Gruppenaufgabe. Alex saß mit Lisa, Ben und ihrer Freundin Samantha an einem Tisch. Sie war sichtlich gut drauf, zumindest nach außen hin, und schaffte es, Evelyn erfolgreich zu ignorieren – zumindest meistens. Evelyn stand vorne an ihrem Pult, die Arme verschränkt, ihr Blick hin und wieder unverhohlen auf Alex gerichtet, aber ihre Miene blieb kalt wie immer.

„Okay, Leute, wir sollen eine Analyse zu Der große Gatsby machen,“ begann Lisa, die das Gespräch an ihrem Tisch leitete. „Ich finde, wir können das Thema Liebe und Verrat nehmen. Passt doch, oder?“

Alex hob eine Augenbraue und grinste leicht. „Klingt nach dir, Lisa. Verrat ist ja irgendwie dein Spezialgebiet.“ Ihre Stimme war scherzhaft, aber auch ein wenig spitz.

Lisa warf Alex einen gespielten, beleidigten Blick zu. „Hey, nur weil ich dich damals beim Kuss überrascht habe, musst du nicht ewig nachtragend sein!“

Die Gruppe lachte, und selbst Alex konnte sich ein leises Schmunzeln nicht verkneifen.

Evelyn, die sich scheinbar auf etwas anderes konzentrierte, ließ ihre kalte Stimme plötzlich ertönen. „Miss Carter, würden Sie vielleicht aufhören, zu flirten, und sich stattdessen auf die Aufgabe konzentrieren? Oder ist das zu viel verlangt?“

Der Raum wurde still. Alex starrte Evelyn an, ihre Augen funkelten vor unausgesprochener Wut. „Ich wusste nicht, dass es verboten ist, mit seinen Gruppenmitgliedern zu sprechen,“ erwiderte Alex ruhig, aber mit einem deutlichen Hauch von Herausforderung.

Evelyn hob eine Augenbraue und trat ein paar Schritte näher. „Es ist nicht das Reden an sich, sondern der Inhalt. Du weißt genau, wovon ich spreche.“

Lisa, die die Spannung spürte, versuchte zu beschwichtigen. „Ähm, also wir haben schon angefangen. Liebe und Verrat, wissen Sie, Frau Parker.“

Evelyn ignorierte Lisa und hielt ihren Blick fest auf Alex gerichtet. „Ich erwarte, dass du diese Gruppe nicht mit deinen... Spielchen ablenkst, Alex.“

Alex lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Keine Sorge, ich hab alles unter Kontrolle.“ Ihr Ton war respektlos, aber sie hielt sich bewusst zurück, um nicht zu viel preiszugeben.

Ben, der die Spannung spürte, flüsterte zu Samantha: „Oha, da fliegen aber Funken. Was ist da zwischen den beiden los?“ Samantha zuckte nur mit den Schultern, offensichtlich ebenso neugierig wie er.

Evelyn drehte sich schließlich um und ging zurück zu ihrem Pult. „Ich erwarte Ergebnisse. Keine weiteren Diskussionen.“

Alex’ Gruppe arbeitete schweigend weiter, aber sie spürte Evelyns Blicke, wie glühende Nadeln in ihrem Rücken.


Die Glocke ertönte, und die Schüler machten sich auf den Weg zur Mittagspause. Alex war die Erste, die den Raum verließ, ihre Tasche über der Schulter. Lisa und Samantha folgten ihr. „Was war das denn, Alex?“ fragte Lisa neugierig.

„Ach, nichts,“ murmelte Alex, doch ihr Tonfall verriet, dass es alles andere als „nichts“ war.

„Sie scheint es echt auf dich abgesehen zu haben,“ meinte Samantha. „Vielleicht solltest du mal mit ihr reden oder so.“

„Mit ihr reden?“ Alex lachte bitter. „Glaub mir, das würde alles nur noch schlimmer machen.“

Evelyn trat genau in diesem Moment aus dem Raum und richtete ihren Blick auf Alex. Die Spannung zwischen ihnen war fast greifbar, und Alex spürte, wie die anderen Mädchen sich etwas zurückzogen.

Gegen jede Regel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt