Kapitel 23

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Als wir zu unserem Tipi kamen, schlüpfte zu meiner Überraschung Fifi daraus hervor. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihr lockiges Haar wirkte etwas durcheinander.

„Fifi, was machst du denn hier?"

„Oh, hey ... Fox hat mir nur die Pfeilspitzen gezeigt, die er selbst gefertigt hat. Hohe Kunst ..."

Ich hob die Augenbrauen. „Ist er da drin?"

Fifi nickte, während sie ihre Bluse glatt strich. „Also dann, wir sehen uns."

„Warte." Ich hielt ihr das Handy entgegen und Fifi nahm es an sich, grinste mir noch einmal zu und verschwand dann rasch in Richtung ihres Trailers.

Ohitika und ich wechselten einen erstaunten Blick. Im Zelt war Thokala-gleschka tatsächlich mit den Pfeilen beschäftigt, an denen er seit seiner Ankunft hier gearbeitet hatte. Er sah aus, als hätte er gerade eine Schlacht gewonnen, obwohl ich nicht genau sagen konnte, was mich daran denken ließ. Vielleicht war es das Strahlen seiner Augen, das ich so bei ihm noch nie gesehen hatte. Ich war ganz sicher kein Fan von Thokala, aber sein Gesicht wirkte ganz anders, wenn seine Miene nicht mehr so verkniffen war, wie ich sie kannte. Fifi schien ihm gut zu tun.

Ich ging nicht weiter darauf ein, denn wir hatten Wichtigeres zu besprechen. Wir setzten uns im Kreis um die kalte Feuerstelle in der Mitte und ich fühlte mich endlich in den Kreis der Krieger aufgenommen. Sie hatten akzeptiert, dass ich in dieser Zeit diejenige war, die sich auskannte, und deren Urteil sie in gewisser Weise folgen mussten.

Ich sah erst Ohitika, dann Thokala in die Augen und versuchte ihnen zu erklären, was ich in Erfahrung gebracht hatte. Da ich all die wissenschaftlichen Begriffe, die Dr. Mandowski benutzt hatte, nicht auf Lakota übertragen konnte, redete ich in der blumigen Sprache, die ihnen geläufiger war.

Ohitika spielte mit einem kleinen Kiesel und hörte abwesend zu. Thokala-gleschka hatte den Blick starr auf die leere Feuerstelle gerichtet. Keiner der beiden unterbrach mich.

„Wisst ihr, was das bedeutet?", fragte ich schließlich und sah beide der Reihe nach an. „Das bedeutet, wir könnten an den Zeitpunkt zurückkehren, bevor unser Dorf zerstört wurde, und versuchen, dieses Ereignis zu verhindern. Die Frage ist, sind wir bereit, das Risiko einzugehen und die möglichen Konsequenzen zu tragen?"

„Welche Konsequenzen?", fragte Ohitika.

„Wir können nicht mit Gewissheit sagen, was danach mit uns geschieht. Ob wir vielleicht sogar aufhören würden zu existieren, weil wir die Zeitlinie verändert haben."

„Wenn die Chance auf eine bessere Zukunft für unser Dorf besteht, in dem Häuptling Mazzukata und die anderen noch leben, ist es das Risiko wert", rief Thokala sofort.

Ohitika blickte noch immer auf die kalte Feuerstelle hinunter und ließ sich Zeit mit seiner Antwort. „Selbst wenn uns das gelingt", sagte er langsam, „was wird danach aus ihnen – aus uns allen – werden? Wir haben in die Zukunft gesehen. Können wir diesen Blick je wieder ablegen? Können wir verhindern, dass all unsere Freunde, unsere Familie, in nur zehn oder zwanzig weiteren Wintern in diese Reservate gesperrt werden?"

„Hau, wir haben dieses Wissen", sagte Thokala mit funkensprühenden Augen, als Ohitika geendet hatte. „Und wir können es einsetzen, um unserem Stamm zu helfen. Das Wissen über die Schlachten, wir nehmen es mit zu unseren Ältesten und ..." Er stockte.

„Und dann?", fragte Ohitika und sah ihn geradeheraus an. „Wir haben zu wenige Krieger. Unsere Kenntnisse mögen den Verlauf einiger Kämpfe beeinflussen, aber es werden immer neue Waschitschu kommen und je mehr wir sie bekämpfen, desto schwerer werden es unsere Nachfahren einmal haben."

Plötzlich Indianer - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt