Kapitel 7

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Am Abend des folgenden Tages erreichten wir die im Wald versteckte Blockhütte des Jägers und Fallenstellers Tom. Ich erinnerte mich noch gut an seinen Besuch in unserem Dorf vor einem Jahr, als er den Kindern selbstgeschnitztes Spielzeug und Süßigkeiten mitgebracht hatte. Er hatte mir sogar angeboten, mich zu einem Fort zu bringen. Ich war froh, dass ich abgelehnt hatte.

Die groben Holzstämme, aus denen die Hütte gezimmert war, waren bereits grau und verwittert, das Dach von Moos bedeckt und aus dem Schornstein stieg eine dünne Rauchfahne. Vor dem Haus standen alle möglichen Utensilien, die vermutlich zum Fangen von Tieren und Weiterverarbeiten ihrer Häute dienten. Einige Kaninchenfelle und ein Luchspelz hingen zum Trocknen über einem Holzgestell.

Bevor wir in die Nähe der Tür kamen, setzte das lautstarke Bellen eines Hundes von drinnen ein. Einen Moment später wurde die Holztür aufgerissen und Tom stand im Rahmen, das Gewehr in der Hand. Sein Bart wucherte noch immer so wild wie eh und je. Er hielt mit der anderen Hand das Halsband seines wie wild bellenden und schwanzwedelnden Jagdhundes fest und musterte uns aus zusammengekniffenen Augen.

Ohitika überreichte mir die Zügel des Mustangs und trat einen Schritt auf ihn zu. Thokala-gleschka blieb hinter uns stehen. Er hatte uns seit dem Vorfall am vergangenen Abend angeschwiegen und sich mir gegenüber noch abweisender verhalten als sonst. Aber wenigstens machte er mir so nicht mehr das Leben schwer.

Toms Miene erhellte sich, als er uns erkannte. „Ah! Meine indianischen Brüder", rief er auf Englisch und fügte dann einen Gruß auf Lakota hinzu. „Hau, kola! Willkommen, Freunde! Stört euch nicht an Jackson hier. Er ist Fremden gegenüber misstrauisch. Muss er aber auch sein. Schließlich wohne ich allein hier und kann meine Ohren nicht überall haben. Er warnt mich immer, wenn draußen irgendetwas vor sich geht. Jackson, aus!" Er hob seinen Zeigefinger und sah den Hund streng an, bis dieser verstummte und sich friedlich auf der Türschwelle zu Boden sinken ließ, den Kopf auf die Pfoten gelegt.

Ohitika, Thokala und ich standen noch immer abwartend vor dem Haus.

„Ihr könnt euren Mustang vor dem Stall anbinden, ich versorge ihn gleich."

Der Stall war eine windschiefe Bretterhütte mit Strohdach. Durch eine kleine Fensteröffnung neben der Tür konnte ich im Inneren ein Maultier und ein Pferd erkennen. Er hatte die Tiere wohl bereits für die Nacht hereingeholt. Ohitika wickelte mit raschen Handgriffen das Ende der Zügel um ein Holzgeländer und klopfte dem Mustang den Hals. Dann band er das in Felle gepackte Gewehr los, das ich erbeutet hatte.

Tom kam herbei und machte sich mit einem Eimer an einer Wasserpumpe hinter dem Stall zu schaffen. „Tretet ruhig ein", rief er uns dabei über seine Schulter hinweg zu. „Ihr seid meine Gäste."

Ich wechselte einen Blick mit Ohitika und folgte ihm zur Tür der Blockhütte. Wir mussten über Jackson steigen, der noch immer auf der Schwelle lag und nicht einmal den Kopf hob, als wir sein Reich betraten. Tom hatte ihn wirklich gut erzogen!

Das Innere wirkte winzig, weil all seine Möbel in diesen einen Raum gequetscht waren. Am Fenster stand ein schwerer Holztisch mit mehreren Schemeln, in der hinteren Ecke ein schmales Bett mit Strohmatratze. Die andere Wand beherbergte die Küchenecke mit einem Ofen und einem Vorratsschrank. Es erinnerte mich sehr an die Hütte von Major Lewis und seiner Frau Cecilia, bei denen ich letzten Winter so viele Wochen verbracht hatte. Nur wirkte hier alles noch etwas einfacher und rustikaler - es fehlte der weibliche Touch. Elch- und Hirschgeweihe zierten die Wände und deuteten darauf hin, dass Tom nicht nur zum Lebensunterhalt jagte, sondern auch stolz seine Trophäen zur Schau stellte.


„Warst du schon mal hier?", fragte ich Ohitika, der kurz hinter der Schwelle stehen geblieben war und sich umschaute.

Er schüttelte den Kopf und lehnte das Gewehr an die Wand neben dem Tisch. Ich bemerkte, wie interessiert sein Blick an dem kupfernen Kochtopf hängen blieb, der auf dem Ofen stand. Der Deckel darauf wackelte ein wenig und erzeugte ein metallisches Klappern. Dampfwölkchen stiegen an den Seiten auf. Das Wackeln wurde stärker und drohte, den Deckel abzusprengen. Ich eilte kurzentschlossen zu dem Topf hin, griff mit einem Leinentuch nach dem Deckel und nahm ihn ab.

Plötzlich Indianer - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt