Sonnenlicht in meinem Gesicht weckte mich am Morgen sanft auf. Ich öffnete langsam die Augen und sah aus dem offenen Fenster. Kühle Luft kam herein und ich hatte einen freien Blick auf den Garten des Schlosses. Halt! Schloss? Wo war ich? Als wollten sie mich erschlagen prasselten alle Ereignisse von gestern auf mich herein. Es waren so viele, dass ich gar keinen klaren Gedanken fassen konnte. Doch einer stach ganz stark heraus'Dein Vater ist tot und du musst seinen Platz einnehmen'. Total fertig vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und konnte die Tränen nicht unterdrücken. Ich wollte das alles nicht. Ein Arm legte sich um meinen Rücken und Julian fragte müde"Was ist los? Ich muss gestern irgendetwas verpasst haben..." Wie verdammt recht er damit hatte. Ich wischte mir die Tränen von den Wangen und erzählte ihm was er nicht mitbekommen hatte"Mein Vater hat es nicht geschafft. Wir waren zu spät und jetzt rechnet jeder damit, dass ich seinen Platz einnehme." Er stockte in seiner streichenden Bewegung und sah mich ernst an"Der König ist tot? Das kann nicht sein. Bei mir hat das Gegengift doch auch gewirkt." Er klang fast noch besorgter als ich es war. Leider musste ich ihn enttäuschen"Ja, aber er wurde vor dir gebissen und bekam das Gegengift nicht mehr rechtzeitig. Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich ihn nicht vermisse?" Julian zog mich enger an sich und sah fest in meine dunkelbraunen Augen"Denkst du das wirklich? Du kanntest ihn doch kaum und er war dir gegenüber nicht gerade freundlich. Das ist nur normal." Nicht sehr überzeugt nickte ich und lehnte mich an seine Schulter. Er begann wieder über meinen Rücken zu streichen und fragte vorsichtig"Und wirst du es machen?" Die Antwort war doch wohl eindeutig"Ich habe gar keine andere Wahl. Soll ich etwa zulassen das Kerry alles in Chaos stürzt? Eher weniger. Also muss ich mich dem stellen zum Wohle aller anderer." Seufzend meinte er"Außer unserem." Verwirrt hob ich meinen Kopf und fragte ihn"Was meinst du damit?" Er lächelte traurig und sagte"Du wirst zur Königin das wird nicht gerade einfach." Da hatte er wahrscheinlich recht. Tief einatmend legte ich meinen Kopf wieder zurück auf seine Schulter und fragte"Was machen wir denn jetzt?" Er schlug mit einem schiefen Grinsen vor"Wie wäre es, wenn wir etwas Essen bevor wir weiter darüber nachdenken?" So kannte ich ihn. Er stand auf und zog mich mit sich hoch"Du musst bestimmt nur mit dem Finger schnippen und schon bekommen wir ein Festmahl." Schon möglich. Betrübt folgte ich ihm und wir gingen aus dem Zimmer. Sofort wurden wir von mehreren Bediensteten bemerkt und eine Frau kam zu uns"Was kann ich für Euch tun?" Sie sah nur mich an aber Julian antwortete"Wir haben Hunger und würden gerne etwas Essen." Sie nickte und führte uns in den Speisesaal. Wir setzten uns nebeneinander und schon wurden vor uns mehrere Tablets abgestellt. Bevor alle wieder verschwunden waren wandte ich mich an einen von ihnen"Falls Cara und Ryan schon wach sind, können sie gerne mit uns essen." Danach begann ich auch zu essen. Es fiel mir schwer überhaupt einen Bissen herunter zu bekommen. Julian dagegen schien die große Auswahl richtig zu freuen und er bediente sich großzügig. Nachdem ich es geschafft hatte eine kleine Scheibe Brot in mich hineinzubekommen gab ich es auf. Kurz darauf betraten auch Cara und Ryan den Speisesaal. Sie wirkten betrübt mich so zu sehen. Weil ich sie nicht mit mir herunter ziehen wollte, versuchte ich meine Gefühle hinter einem Lächeln zu verstecken. Cara setzte sich auf meine andere Seite und staunte"So viel habe ich ja noch nie zum Frühstück vorgesetzt bekommen." Ich nickte ihr zu dabei war ich eigentlich in meinen eigenen trüben Gedanken gefangen. Wie sollte ich mich auch damit abfinden eine Königin zu sein? Das war ich einfach nicht. Eigentlich war ich ein niemand. Ich war die wohl schlechteste Wahl für diese Position. Wie konnte man so etwas auch nur durch eine Blutlinie entscheiden? Selbst dieser der junge Mann von gestern schien besser dafür geeignet zu sein. So gut wie jeder andere war mehr dafür geeignet als ich. Mit viel Verantwortung war ich noch nie klar gekommen. Was war, wenn ich etwas falsch machte? Hatte ich überhaupt etwas zu entscheiden oder repräsentierte ich nur? Konnte ich endlich etwas gegen Kerry ausrichten? Das wäre wahrscheinlich das einzige was positiv sein könnte. Aber nur dafür wollte ich keine Königin werden. Am liebsten wäre ich einfach nach Hause gegangen und hätte alles hier vergessen. Mein Leben ganz normal weiter gelebt und mich nicht um all das gesorgt. Ich hatte nichts gegen mein langweiliges Leben. Es gehörte zu mir und ich mochte es.
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Wolfsleben
WerewolfEs geht um Lucy. Sie ist 15 und lebt fast allein seit ihre Mutter sie verlassen hat. Ihren Vater hat sie nie gekannt und sie muss entdecken das sie ein Wolf ist. Aber sie ist nicht die einzige. ©thunder2006