Kapitel 20

176 14 2
                                    

Bei jeder noch so kleinen Bewegung spürte ich einen höllischen Schmerz in meinem Körper. Wir hatten gestern so mit dem Training übertrieben, dass mir jeder einzelne Muskel weh tat. Und geduscht hatte ich auch nicht. Ich drehte mich etwas im Bett und zuckte vor Schmerz zusammen. Meine Stimmung heiterte sich etwas auf, als ich bemerkte wo ich lag. Julian hatte mich wirklich zur Wand gelegt. Ich hatte nicht geglaubt, dass er sich daran erinnern würde. Er schlief noch tief und fest neben mir. Jede meiner Bewegungen tat weh, dennoch gab ich ihm einen Kuss auf die Stirn. Dann quälte ich mich aus dem Bett. Nur eine richtig heiße Dusche konnte mir Erleichterung verschaffen. Genau deshalb ging ich ins Bad und drehte die Dusche so heiß wie ich es haben konnte. Ich entspannte mich und verlor komplett mein Zeitgefühl.

Irgendwann klopfte es an der Tür und Julian rief"Kommst du langsam mal wieder aus dem Bad? Ich würde mich auch gerne fertig machen." Widerwillig stellte ich das Wasser aus und machte mich fertig. Julian stand ihm Türrahmen gelehnt und erschreckte mich als er sich genau in dem Moment aufrichtete während ich die Tür öffnete. Er lachte kurz und strich mir sanft über die Schulter. Dann verschwand er auch schon durch die Tür und schloss sie hinter sich ab.

Meine Muskulatur hatte sich etwas entspannt und ich ging ohne große Schmerzen in die Küche. Niemand war zu sehen. Was sehr seltsam war, weil die Küche immer der erste Ort war der aufgesucht wurde. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass die anderen alle noch am schlafen waren. Da noch keiner Essen gemacht hatte, musste ich es mir selbst machen. In den letzten Tagen war ich echt bequem geworden. Schon nachdem der leckere Duft der Pfannkuchen durch die ganze Küche gezogen war hörte ich jemanden die Treppe hinunter poltern. Kurz darauf stand Ryan in der Küche und sah gespannt zu mir. Ich warf den Pfannkuchen in die Luft und fing ihn geschickt mit der Pfanne wieder auf. Danach fragte ich Ryan"Soll ich dir auch welche machen?" Er deckte den Tisch für uns und antwortete fröhlich"Auf jeden Fall." Ich grinste vor mich hin und widmete mich weiter dem Essen. Allein bei dem süßen Duft bekam ich noch größeren Hunger. Um so mehr freute ich mich als ich endlich fertig war. Ich setzte mich gegenüber von Ryan, der sich eine Haarsträhne zwischen zwei Finger hielt und sie bis zu seinen Augen zog. Auf die Frage was er da macht sagte er"Wenn die Feiertage vorbei sind, muss ich unbedingt wieder zum Frisör. Julian kann mitkommen." Ich lächelte und meinte"Das muss er schon selbst entscheiden. Aber ich kann ihn ja mal fragen." Manchmal benahm er sich komisch und ich konnte ihn nicht richtig einschätzen. Er war zwar immer nett aber ich wusste nicht, ob ich ihm vertrauen konnte. Die einzige die ihn wirklich kannte war Cara und ich konnte sie schlecht über ihn ausquetschen. Sie würde nur wütend werden und mir gar nichts mehr erzählen. Das Problem war auch nicht, dass ich ihm nicht vertraute. Es war eher so, dass er mir weder einen Grund gab ihm zu vertrauen noch einen es nicht zu tun.

Wir fingen an zu essen und kurz darauf kamen auch die anderen beiden herunter. Julian setzte sich neben mich bevor es Cara konnte und sie setzte sich schulterzuckend neben Ryan. Manchmal konnte Julian wirklich seltsam sein. Aber daran war ich gewohnt und es machte mir nichts aus. Sie aßen die Reste und wir machten uns fertig. Ich massierte mir kurz den Arm der noch am meisten weh tat und fragte dann"Seid ihr so weit?" Sie nickten und wir verließen kurz darauf das Haus.

Der Schnee lag heute nicht mehr so hoch wie die letzten Tage und es wurde auch Tag für Tag ein klein wenig früher hell und später dunkel. Mich freute das hier im Wald wo man in der Dunkelheit am angreifbarsten war. Es war aber schon hell und fast wolkenfrei. Die Sonne brachte die dünne Schneeschicht zum glitzern und fühlte sich angenehm auf der Haut an. Auf dem breiten Weg der ins Dorf führte war der Schnee schon zertreten und machte kaum Geräusche, wenn man über ihn stapfte. Aber als wir den Wald betraten knirschte es ganz leise unter unseren Füßen. Wir verwandelten uns, bis auf Cara die mit ihrem 'Speer' weiter über den Schnee stapfen musste. Unsere Pfoten trugen uns fast geräuschlos über den Weg nur Cara musste hinter uns her rennen. Ihre Füße machten laute Geräusche während sie versuchte mit uns Schritt zu halten. Sie tat mir schon leid und ich wusste, dass vor ihr noch anstrengende Kämpfe lagen. Obwohl ich mir nicht einmal sicher war, ob sie überhaupt mitkämpfen durfte. Ihr Atem ging schon nach kurzer Zeit ziemlich schwer und sie fiel stark zurück. Als ich das bemerkte wurde ich langsamer und gönnte ihr ein paar Meter Pause. Sie schloss wieder zu mir auf und sagte keuchend"Du brauchst keine Pause für mich zu machen. Wirklich nicht." Ich sah sie an und lachte innerlich. Mir war nur zu klar wie stur sie sein konnte, deshalb rannte ich wieder los. Die ersten Meter gab sie sich noch fiel Mühe aber sie hielt es nicht lange aus. Unauffällig wurde ich so langsam, sodass sie gut mithalten konnte. Julian warf mir verständliche Blicke zu und ließ sich auch unbemerkt etwas zurück fallen.
Es dauerte zwar etwas länger aber wir kamen auf der Lichtung an. Fast alle waren da und begannen mit Probekämpfen. Akela kam zu mir und fragte"Ich habe die ersten Kämpfe schon eingeteilt, ist das okay?" Es war für mich ein Rätsel wieso er mich das fragte. Immerhin war er der Anführer des Rudels und nicht ich. Zudem kannte er sein Rudel besser. Für mich gab es auch nichts einzuwenden"Ja, ich kann sie eh nur schlecht einschätzen." Akela nickte und sagte in einem leicht befehlenden Ton"Du kämpfst nicht. Wir leiten das ganze." Er verwirrte mich total. Was hatte er nur vor? Ich konnte es mir nicht erklären aber es nützte mir auch nichts mich ihm zu widersetzen. Wir setzten uns an einen Platz von dem aus uns das Rudel gut sehen konnte. An Akelas Seite fühlte ich mich nicht besonders wohl. Er wirkte so einschüchternd. Liam beobachtete mich die ganze Zeit und setzte sich ziemlich nah zu mir als Akela alle zusammen rief. Es war nicht schwer zu erraten, dass er misstrauisch war. Dabei musste er sich wirklich keine Sorgen um mich machen. 

WolfslebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt