Letzter Tag in Santa Monica

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"OMG. Die Suppe schmeckt ja so geil."-stöhnte praktisch Hannah. Cameron flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie rot wurde. Wahrscheinlich war es ein anzügliches Kommentar zu dem Fast-Stöhnen. Seit wir hier das erste Mal gegessen haben, sind wir die ersten in der Cantine. Es gab einen Kritikpunkt an dem wirklich leckeren Essen. Er wird in desserttellergroße Portionen heraus gegeben; was bedeutet, dass man sich 3 Teller holen musste um satt zu werden.


Jannis trat durch die große Flügeltür und blieb vorne stehen. Der gesamte Raum wurde still, nur noch das Atmen der Personen war zu hören, und jeder sah den Direktor an. "Heute ist der letzte Tag an dem uns die Malibu Schüler beehren mit ihrer Anwesenheit. Deshalb habe ich euch besondere Gäste mitgebracht. Sie sind extra hergereist."-verkündete Jannis und machte eine kunstvolle Pause. Nein, er meinte jetzt nicht das Team. Nein, er meinte nicht die Typen. Die Flügeltür ging erneut auf, nur schwungvoller. Meine Hoffnungen zerplatzten, als ich das Team erkannte, die Typen erkannte. Es war niemand anderes als das Footballteam Denver Broncos. Die Mädchen sahen verwirrt zu den Männern, während die Jungs sie ehrfürchtig und schmachtend ansahen. "Wer ist das?"- fragte ein Mädchen. Böse Blicke der Jungs lagen nun auf ihr.


"Das sind die Denver Broncos und der Typ da rechts ist Peyton Manning. Er ist die lebende Quarterback-Legende des Footballs. Vier mal wurde er zum wertvollsten Spieler gewählt und ist damit Rekordhalter."-zählte Carter die wichtigsten Fakten auf. Die ersten standen auf und liefen zu den Männern hin um sich Autogramme oder Fotos zu holen. Ich, jedoch, blieb entspannt auf meinem Stuhl sitzen und sah skeptisch zu der Masse. Anscheinend machten es mir meine Freunde nach, denn sie blieben auch auf ihren Stühlen sitzen. Obwohl ich bei manchen erkennen konnte, das er lieber bei den Footballern sein wollte. "Sollten wir nicht auch dort hingehen. Sie sind mit den anderen fast fertig und werden wahrscheinlich danach wieder gehen."-bettelte schon fast Carter und sah mit einem sehnsüchtigen Blick zu den Stars. "Geduld."-meinte ich nur.



Die Schüler würden immer weniger und bald standen keine mehr um die Promis. Matthew hielt sich nun aus Spaß eine Mischung aus Gabel und Löffeln vor den Mund und fing an, wie ein Reporter zu reden. "Nun, meine Damen und Herren. Willkommen bei AlwaysMatthew. Wir sind im Sportinternat in Santa Monica, genauer gesagt in der Cantine. Am Eingang steht niemand anderes als der Direktor mit den Denver Broncos. Sie unterhalten sich. Sie sehen sich um. Sie gucken genau in unsere Richtung."-kurz unterbricht Matthew seine Reportage um schmachtend die Stars anzusehen. Da ich mit dem Rücken zu ihnen sitze und mich nicht zu den Footballern umdrehen wollte, wartete ich auf die Fortsetzung von Matt's Reportage. Der nächste Satz ging eher in ein Quietschen unter. "Und sie kommen hier her." Genau, wie ich es geahnt hatte.


Wir saßen als einzige an einem langen Tisch. Rechts von mir Carter und gegenüber von mir Matthew.Die anderen saßen rechts daneben. Links war alles frei. Genug Platz für das Team. "Na kleine."-begrüßte mich jemand von hinten und setzte sich auf den linken Platz. Meine Freunde sahen mich mit großen Augen an.
"Hey Pey"-kam es von mir.
"Du mit deinen Spitznamen."-kopfschüttelnd sah er mich an. "Tja. Pey, darf ich dir vorstellen: Meine Freunde."-sagte ich mit einer schwungvollen Handgeste zu den genannten. "Ich glaube ihr kennt mich."-zwinkerte Peyton. Das Gespräch begann holpernd doch nach und nach tauten meine Freunde auf und begannen mit den Spielern zu reden und diskutieren.


"Woher kennst du Peyton Manning? "-fragend sah Carter mich an. Mittlerweile waren wir wieder im Bus und fuhren nach Malibu. Und ja, ich saß wieder auf seinem Schoß. Genauso wie Hannah bei Cameron. "Er ist mein Patenonkel"-nuschelte ich in sein T-Shirt. "Ich hab dich nicht verstanden. Er ist was?"-fragte Carter neugierig nach. "Er ist mein Patenonkel."-seufzte ich lauter. Seine Augen wurden groß. Als würden sie jedes Wort, jeden Buchstaben in sich einziehen und die Bedeutung sickerte langsam durch die Nervenbahnen ins Gehirn. "Wie?"-war seine Reaktion.


"Meinem Dad gehörte eine Autowerkstatt. Peyton kam mit seinem Auto halt zu meinem Dad. Während den Reparaturen freundeten sie sich an. So gut, das sie fast beste Freunde wurden. Aber ich will jetzt nicht über ihn reden. Lass mich einfach schlafen."-antworte ich ihm und kuschelte mich demonstrativ in sein T-Shirt. "Du Lilo? Gestern war es schön. Ich würde es gerne wiederholen wollen. Was hälst du davon? "-drang seine Stimme leise und verlegen zu mir. Meine Antwort war ein, durch sein T-Shirt gedämpftes, Ja, sehr gerne. Dann war ich weg.


Eingesunken in meiner Traumwelt. In meinen Wünschen und Ängsten. Gefangen. Wehrlos. Manche Träume sollen etwas bedeuten. Und wenn sie etwas bedeuten, bringen sie dann Glück? Pech? Weitere Enttäuschungen? Man träumt von einem Durchbruch als Schauspieler und endet als Hausmeister. War das Leben fair? Nein. War das Träumen fair? Nein. Ein Traum kann alles verändern. Man muss bloß dran glauben. Glaube ist alles. Glaubst du nicht dran, dann bist du nicht 100% dabei. Du musst dran glauben. An was? An alles was glaubenswert ist. Der Glaube an den Sieg. Der Glaube an einem Durchbruch. Der Glaube an Frieden, an Liebe. Jeder hat mal klein angefangen. Nicht jeder hatte berühmte Eltern, die einem ins Business eingebunden haben. Ist es das was wir wollen? In Hotels aufwachsen. Freunde für ein paar Wochen haben. Freunde, die nur mit dir befreundet sind, weil du Geld hast. Weil du einen Status in der Gesellschaft hast. Was ist unsere Gesellschaft heute? Ein großer Trubel, Grüppchen, aus arm und reich.


Wir sind alle Menschen. Ob Inder, Chines, Afrikaner, Deutscher, Jude, Christ. Nur weil manche an andere Sachen glauben, bedeutet es nicht das sie jemand ganz anderes sind. Jeder von uns hat 2 Ohren, 2 Augen, eine Nase, einen Mund, Augenbrauen, Leberflecken, Haare, einen Kopf, Beine, Füße, Zehen. Man könnte noch mehr aufzählen, doch so denkt schon lange keiner mehr. Wer Geld hat ist arrogant. Wer arm ist, ist ein Dieb. Wer schön aussieht, ist dumm. Das alles sind Vorurteile, die die Sichtweise auf einen Menschen beeinträchtigen. Schon wenn man ihn sieht, denkt man "Der ist bestimmt cool", "iih. Ist die eklig." oder "Achtung. Walross in Sicht." Und dann denkt man, man ist im Recht.Man selber hat vielleicht das Recht so zu denken, doch ist das fair? Nein. Aber einen Gedanken an die Menschen, die diese Kommentare zu schaffen machen, zu verschwenden ist nicht dabei.


Keiner denkt an die Geschichten hinter den Menschen. An das, was einen Menschen neben seinem Charakter ausmacht? Keiner denkt daran, das das 'fette' Mädchen vielleicht eine Krankheit hat. Nein. Wir denken nur "Boar ist die Fett." Seit wann ist unsere Gesellschaft so niveaulos geworden? Diese Gedanken erscheinen einem erst im Traum. Im Traum, im dem die Angst vor dem Blamieren, vor dem Ausgelacht werden, vor dem verurteilt werden, zur angeblichen Realität werden. Wo du nicht so einfach entkommen kannst.


Mit diesem bitteren Gedanken driftete ich in meine eigene Traumwelt voll mit Ängsten, die nur ich weiß und die nur mich zu schaffen machen. Mich verarschen. Doch auch ist dort ein Lichtfunke. Etwas, für was es sich lohnt zu träumen. Mein Funke ist ein Typ. Von außen hart wie Stein, von innen weich wie Apfelmuß. Doch auch Malibu war ein Traum. Einer meiner schönsten. Melbourne dagegen war meine Realität. Eine, für mich immer noch, harte Realität mit Problemen. Es fehlt nicht viel und es wäre mein realer Albtraum mit kleinen Funken, die mich auslachten.


Undercover in CaliforniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt