(Erster Epilog)

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"Carter, Oakley muss noch gebadet werden."-rief ich die Treppe hoch. "Ich weiß. Kümmerst du dich währenddessen um Owen?"-kam es dagegen von oben. Augenverdrehend sah ich zum Treppenansatz hoch, an dem Carter mit Owen an der Hand stand. Er konnte noch nicht mal auf zwei Kinder gleichzeitig aufpassen. Wie sollte es dann mit 3 funktionieren?  Carter brachte Owen nach unten zu mir, küsste mich kurz, ehe er wieder nach oben verschwand um Oakley zu baden. Owen war vier Jahre alt und Oakley ein Jahr. Und Sunnyboy Nummer drei war bereits unterwegs.

"Komm Owen, wir gucken mal, was die Gans macht."-sagte ich und machte mich auf den Weg zur Küche. Mein Sohn folgte mir auf Schritt und Tritt in die Küche. Dort  angekommen stellte sich Owen direkt vor den Herd. "Mama, ich seh nichts."-sagte er und drückte sein Gesicht so nah an die Scheibe wie möglich. Lachend schnappte ich mir zwei Topflappen und schob ihn leicht beiseite. "Du kannst auch nichts sehen. Sie ist in einem Topf drin." Ich öffnete die Tür,  holte den Topf raus und stellte ihn auf den Herd. Danach nahm ich den Deckel ab, worauf eine Wolke aus Dampf aufstieg. Die Topflappen zog ich aus und setze Owen auf meine Hüfte, damit er etwas sehen konnte. "Die muss noch ein bisschen in den Ofen, findest du nicht auch?"-fragte ich ihn. Er lehnte sich etwas weiter nach vorne und nickte. Ich würzte die Gans noch ein bisschen, stellte sie wieder in den Topf und schob sie wieder in den Backofen.

"Wollen wir schon den Tisch decken?"-fragte ich Owen. Dieser nickte erneut, wodurch ihm seine braunen Haare ins Gesicht fielen. Er hatte dazu die braunen Augen von Carter. Oakley dagegen hatte blonde Haare und blaue Augen, wie ich. Zu zweit gingen wir ins Esszimmer und ich steuerte auf einen Schrank zu. Nachdem ich die Teller aus dem Schrank geholt hatte, schloss ich ihn und holte aus dem Schrank daneben Gläser und Besteck. Owen stellte einzelnd die Teller hin, während ich das eine Tischende verlängerte. Wir würden im engen Familienkreis feiern. Dies bedeutet, dass  wir vier, Carters Mutter, Casper, Kai und seine Verlobte gemeinsam feiern würde.

Als der Tisch fertig gedeckt war und nur noch das Essen fehlte ging ich mit Owen nach oben zu Carter und Oakley. Ich öffnete das Bad einen Spalt, doch erkennen konnte ich durch den ganzen Dampf nichts. "Lebt ihr noch?"-fragte ich zaghaft. "Ja."-ertönte es, wortwörtlich, gedämpft von meinem Mann. Nun öffnete ich die Tür ganz. Als Owen den gesamten Dampf sah, stellte er sich schützend hinter mich. Sobald der Dampf nicht mehr ganz so dicht  war, erkannte ich einen nassen Mann und ein trockenes Baby. "Oakley sollte gewaschen werden, dass ist dir bewusst?"-schmunzelte ich und hob meine Augenbrauen. Mein jüngster Sohn gab ein fröhliches Glucksen von sich. "Nimmst du ihn bitte? Ich will ihn nicht wieder nass machen."-meinte Carter und ließ meine Frage unbeantwortet. Ich hatte auch keine Antwort von ihm erwartet. "Ja. Während ich die beiden umziehe, kannst du dich fertig machen."-schlug ich ihm vor. Er überreichte mir Oakley und wollte mich küssen, doch ich entzog mich ihm lachend. "Wenn du trocken bist."-zwinkerte ich und machte mich auf zum Kinderzimmer.

 Momentan teilten es sich beide Brüder, da Owens Zimmer renoviert wird. Oakley legte ich in sein Kinderbett und Owen stellte sich neben das Bett um Oakley und mich gleichzeitig beobachten zu können. Für den Ältesten holte ich eine schwarze Hose und ein weißes Hemd heraus und Oakley bekam einen Pullover mit Weihnahtsmotiv und eine dunkle Hose. Beiden zog ich die rausgesuchten Anziehsachen an. Um mich selber fertig zu machen begab ich mich ins Schlafzimmer, in dem sich Carter gerade sein Hemd anzog. Oakley setzte ich auf den Boden und Owen sprang auf's Bett. 

Während Carter unsere Kinder beschäftigte,  zog ich mir ein rotes Kleid an, welches etwas weiter war, damit man nicht sofort den kleinen Babybauch sah. Dazu trug ich Schwarze Ballerinas, eine goldene, feine Kette und kleine Ohrringe, die wie Zuckerstangen aussahen. Meine Haare lockte ich mir, sodass sie in sanften Wellen über meinen Rücken fielen. Carter mochte meine längeren Haare lieber, daher ließ ich meine Haare wieder wachsen.

"Du siehst wunderschön aus."-flüsterte Carter und umarmte mich von hinten. Seine Hände legte er auf meinen Bauch. "Und du bist immer noch so attraktiv wie damals."-schmunzelte ich und sah ihn durch den Spiegel, der vor mir stand an. Unser kleiner Moment der Zweisamkeit wurde durch einen Babyschrei unterbrochen. Owen hatte versucht Oakley mit auf's Bett zu holen. Carter nahm Oakley hoch und sah Owen an. "Sag nächstes mal bescheid und wir helfen dir."-seufzte er und wuschelte durch die Haare seines ältesten Sohnes. Schmollend nickte Owen und rannte aus den Raum.

"Du guckst nach dem Essen und ich kümmere mich um die Jungs." Im Stillen dankte ich Carter tausendmal. Ich hatte besonders heute keine Lust auf Strapazen. Schließlich war es Weihnachten,  Fest der Liebe. Wir trennten uns nach einem Kuss. Carter versuchte Owen wieder freundlich zu stimmen und ich kümmerte mich ums Essen.

Kurz nach 7pm klopfte es an der Haustür. Ich öffnete die Haustür, worauf mir ein kalter Luftzug entgegen kam. Die Person beeilte sich ins Haus zukommen, bevor ich die Tür zuschlug. "Ich verstehe immer noch nicht, warum ihr Weihnachten hier feiern müsst. In Kalifornien ist es wesentlich wärmer als in Kanada. "-kam es von Carters Mum. Sie zog sich Jacke, Schal, Mütze, Handschuhe und Schuhe aus. "Ich freue mich auch dich zu sehen. Du siehst besser aus."-sagte ich und umarmte sie.

Carters Mum zog nun schon seit über 5 Jahren eine Therapie gegen Alkohol durch. Zwischen durch wurde sie zwei mal rückfällig  und ich hoffte es würde kein drittes Mal werden.  Um auf ihre Worte zurück zu kommen, wurde es bei Carter und mir Tradition, jedes Jahr Weihnachten in einem Ferienhaus in Kanada zu feiern. Nur durch den Schnee und die Kälte spürte ich das echte Weihnachtsgefühl. Und die Entspannung. Nach dem Carter und ich wieder zusammen kamen, war ich ein Jahr mit auf Tour, ehe ich studierte und nun seit mehr als 3 Jahren Lehrerin an meiner eigenen Schule war. Und  der Beruf Lehrer war kein einfacher, wie ich schon nach den ersten Wochen feststellen musste.

Carter und die Kinder empfangen Carters Mutter überschwänglich. Jeder wurde in eine Umarmung gezogen und es wurde laut und fröhlich erzählt. Nach einem Blick auf die Uhr an Carters Handgelenk runzelte ich die Stirn. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus und mein Herz war kurz davor sich zu verkrampfen. Mein Mann merkte, dass etwas nicht stimmte und sah mich fragend an. "Kai ist noch nicht da. Er kommt immer pünktlich."-flüsterte ich.

"Er brauch wahrscheinlich nur länger, weil er wegen den glatten Straßen langsamer fahren muss."-versuchte Carter mich zu beruhigen, doch es funktionierte nicht.

Kai war bisher immer der erste, der bei Festen auftauchte. Er kam noch nie zu spät oder war der letzte.  Es passte einfach nicht zu ihm. Um 8pm war Kai immer noch nicht da und die anderen haben angefangen zu essen. Ich starrte nur auf meinen Teller. Solange ich nicht wusste, wieso Kai sich verspätete,  war mir der Appetit vergangen.

Was ist, wenn er es vergessen hatte?

Was, wenn er einen Unfall hatte?

Was, wenn er gerade in diesem Moment starb? 

Meine Gedanken wurden durch das Telefon unterbrochen. So schnell wie möglich stand ich auf und lief zum Telefon. "Lilo Reynolds. Hallo?"-sprach ich in den Hörer. Zuerst kam keine Antwort. Nur ein Schluchzen auf der anderen Seite war zu hören. "Hallo?"-fragte ich erneut. Mein Herz verkrampfte sich bei jedem Schluchzer mehr. "Lilo, hier ist Rosie."- kam es unter erneuten Schluchzen. Oh nein. Das verhieß nichts gutes. Rosie war Kais Verlobte. Die Beziehung mit Egzona hielt nicht lange. Schade, aber Liebe blieb nun doch unbestimmbar. Ein Jahr nach der Trennung lernte er Rosie kennen. Mit ihr hatte er anscheinend mehr Glück.

 "Warum weinst du?"-fragte ich, sobald ich sicher war, dass ich Nachricht  aushalten konnte. "Kai. Er-er hatte einen Unfall. Ein LKW ist auf der eisigen Straße ausgerutscht und hat ihn voll erwischt. Sie wissen nicht ob er überlebt." NEIN. Nein. Das durfte nicht wahr sein. Es sollte nicht wahr sein. Nein,  nicht an Weihnachten.



Undercover in CaliforniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt