Frühstück

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Müde starrte ich in den Spiegel. Es dauerte bis die Zahnbürste voll Zahnpasta war und ich sie mir in den Mund steckte. Ein Wecker, wo der her kam wusste ich nicht, weckte mich heute um 7 Uhr am. Naja, wecken konnte man nicht sagen, da ich schon die ganze Nacht wach war. Meine Gedanken fanden einfach keine Ruh. Immer wieder tauchte eine Frage auf.

Was wird das Mangement machen, wenn sie herausfinden, das sie wissen wer ich bin? Werden sie mich raus schmeißen? Was wird dann aus mir?

Ich hatte keine Zweifel daran, das sie das heraus fanden.
War ich am Anfang zu naiv gewesen? Wahrscheinlich.

Ich zieh in eine neue Stadt, finde neue Freunde, hab Spaß. Doch an die Folgen hatte ich nicht gedacht. Kein bisschen an die Zukunft gedacht. Sondern im hier und jetzt gelebt.
War das falsch? Vielleicht.
Bereue ich es? Nein.
Was brachte mir eine gutlaufende Karriere, bei der ich nicht glücklich war? Nichts.

Surfen war mein Sport.
Meine Leidenschaft.
Mein Leben.
Mein Zufluchtsort.

Und wenn ich beim surfen nicht glücklich war, dann war's das. Durch die Wettkämpfe kam Druck, vor dem ich jedes Mal flüchte. Denn aushalten konnte keiner diesen Druck. Warst du sehr gut, war das Mangement zufrieden. Alles darunter riskierte deine Karriere. Es war ein hohes Niveau, welches seinen Preis hatte. Entweder du zahlst den Preis oder nicht. Egal, wie hoch er war.

Das Ziepen an meinem Kopf brachte mich zurück. Vorsichtiger kämmte ich mir meine Haare durch. Sie waren durch den Flug, den Wettbewerb und die Nacht total zerzaust. Ich band meine Haare mit einem Zopfgummi zu einem Pferdeschwanz und verließ das Bad. Jetzt hieß es frühstücken.

Hoffentlich lenkte mich das Essen ab.
Doch leider stellte ich fest, dass
Essen vieles konnte, aber nicht ablenken.

Sobald ich den Raum betrat, entdeckte ich Shawn. Mit stummen Zeichen gab ich ihn zum verstehen, dass er gleich zu mir kommen soll. Dann wandte ich mich von ihm ab und schenkte meine Aufmerksamkeit lieber dem Buffet. Ich hatte seit fast einem Tag nichts mehr gegessen. Das Abendbrot hatte ich ausfallen lassen, da der Jetleg sich deutlich bemerkbar gemacht hat. Durch den großen Hunger schaufelte ich mir den kompletten Teller voll und nahm mir eine Flasche Cola mit. Ohne Koffein würde ich den bevorstehenden Tag nicht überleben.

Ich suchte mir einen Tisch, setzte mich hin und trank erst mal einen Schluck von meiner Cola. Ich wusste jetzt schon, das ich mir garantiert eine zweite Flasche holen werde. Ich aß gerade meinen ersten Bissen, als der Stuhl gegenüber von mir besetzt wurde.
Shawn sah mich neugierig an.

Als ich hinunter geschluckt hatte, meinte ich:"Du hast Fragen und ich beantworte sie."
"Okay. Meine erste Frage wäre, wer bist du?"- fragte er nach kurzem Überlegen.
"Ich bin immer noch ich. Aber mein richtiger Name lautet Lilo Summers. Clasfort ist ausgedacht."-ich.
"Warum? Wozu brauchst du einen Zweiten Namen?"-er.
"Das Management wollte das ich die Schule beende. Ich hab sie damals abgebrochen, wegen meiner Karriere. Dazu wollte das Management, dass ich an einem Ort bin, an dem ich nicht als DIE Lilo Summers bezeichnet werde. Und da Nash in Malibu wohnt, bin ich da hin."-erklärte ich. Wissend nickte er, obwohl ich kaum glaubte, das er es verstand.
"Langsam kapier ich es. Aber wozu macht man sich solche Mühe es vor uns zu verstecken?"-meinte er und sah mich grübelnd an.
"Das Managemet schmeißt mich raus und wenn du einmal raus bist, dann kannst du deine Karriere vergessen. Denn so schnell findet man kein Management, welches gut genug für einen ist."-sagte ich verbittert. Das Management bei dem ich bin, ist mein drittes. Es war alles andere als leicht, sie von mir zu überzeugen. Jedes Mal musste ich neuen Mut finden. Jedes Mal stand ich kurz vorm aus. Und nun sollte es wieder so sein?

"Hast du aber mal an uns gedacht? Wenn du wieder zurück gehst, dann zerbricht du Herzen. Nash und Carter wird es auf den Boden ziehen. Du bist, zumindest bei Carter, sein Anker. Der kein Mitleid mit ihm hat, der mit ihm lacht. Und was machst du? Du denkst nur an dich."-wütend sah er mich an. Darauf hatte ich die ganze Zeit gewartet. Auf den Ausbruch aus Angst, Wut und Trauer. Und das einzige was ich tat, war mich schuldig zu fühlen.

"Ich weiß das das verdammte scheiße ist. Ich will es, aber ich kann mich nicht widersetzen. Ich will Carter nicht zurück lassen. Ich will Nash nicht zurück lassen. Die Jacks. Matthew. Aaron. Dich. Ich will es nicht. Doch ich bin nur eine Marionette in einem riesigen Kasperletheater. Du weißt, was es bedeutet mit Leidenschaft Sport zu machen. Du bist glücklich. Du fühlst dich frei. Ich kann das nicht aufgeben. Ich hatte nie jemanden für den ich es aufgeben konnte und jetzt soll ich es einfach wegschmeißen. So tun als hätte ich noch nie gesurft? Surfen ist das einzige was ich wirklich kann. Doch Malibu hat mich verändert. Carter hat mich verändert. Ich bin nicht mehr die Lilo, die ich in Australien war. Ich mache mir jeden Tag und jede Nacht Gedanken. Was meinst du, warum ich so beschissen aussehe? Ich riskiere jeden weiteren Tag in eurer Nähe meine Zukunft. Und jetzt ist es passiert. Das Geheimnis war eingesperrt, doch die Gummizelle ist geplatzt. Und alles hängt von dir ab. Sobald die Presse weis, das ich in Malibu bin, bin ich futsch. Zermatscht wie eine Pflaume, die schlecht geworden ist. Nur noch Abfall. Außerdem, meinst du nicht, die Presse will wissen, mit wem ich in Malibu meine Zeit verbracht habe? Sie werden euch belagern. Keinen Schritt könntet ihr mehr machen, ohne Angst zu haben, das es in die Nachrichten geht. Wer will so ein Leben haben? Ich wünsche es euch nicht"- fragend sah ich ihn an.

Mein Appetit war vergangen.

Ich stand auf, brachte meinen Teller, auf dem noch dreiviertel drauf war, weg und verließ den Saal. Ich hatte alles gesagt, was ich sagen musste. Jetzt lag es an ihm. Soll er entscheiden, was für ihn richtig ist. Was für sie wichtig ist. Seufzend wartete ich auf den Fahrstuhl. Mein Zimmer lag im 7. Stockwerk, wodurch ich keine Lust hatte die Treppen hoch zu laufen. Die Sieger waren eine Etage weiter unten untergebracht. Als der Fahrstuhl sich öffnete, stieg ich ein und drückte auf die 7.

Der Fahrstuhl schloss sich langsam, bis sich eine Hand zwischen die Türen schob und eine männliche Stimme rief, "Warte, Lilo!"
Shawn.
Er betrat ebenfalls den Fahrstuhl und drückte auf die 6.
"Ich werde es ihnen nicht sagen."-erleichtert seufzte ich. Ein Problem wäre dann schon gelöst. "Sondern du." Mein Atem stockte. Ich? Wie sollte ich das machen.
Schließlich konnte ich ja nicht zu ihnen hingehen und sagen
'Hey. Eigentlich bin ich eine berühmte Profisurferin und deswegen hau ich nach der Klassenfahrt wieder ab. Sorry.'
"Entweder du sagst es ihnen oder ich tus. Ich geb dir bis zum 1. Tag der Klassenfahrt Zeit."-meinte er ernst und stieg aus, da der Fahrstuhl gerade in der 6. Etage angehalten hat.
Stumm blickte ich ihn hinterher. Er hatte Recht. Ich musste es ihnen sagen.

Bloß, wann? Wann war der Zeitpunkt für so ein Geständnis? Darüber konnte ich mir später Gedanken machen. Jetzt musste ich erstmal zur Autogrammstunde.


Undercover in CaliforniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt