~Kapitel 2~

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~Wo bist du hin?~

Eigentlich fühle ich mich viel zu müde und träge um mich zu erheben. „Steh endlich auf und suche sie", warum spreche ich immer nur alles laut aus? Wenn hier wirklich jemand wäre, irgendetwas, dass mich hören könnte, würde es doch rein aus Prinzip nicht antworten oder nicht? Wenn ich ein Geist, Dämon oder etwas anderes übernatürliches wäre, würde ich Menschen nur versuchen Angst zu machen und nicht mich mit ihnen unterhalten, schon gar nicht mit einem kaputten Mädchen wie mir.

„Ich sollte wirklich aufstehen, aber kennt ihr dieses Gefühl, wenn man nicht aufstehen, sondern den ganzen Tag im Bett verbringen möchte? Noch dazu lassen mich diese höllischen Kopfschmerzen keinen klaren Gedanken fassen."

Langsam richte ich mich auf, es ist schwerer, als ich dachte. Dieses Zimmer wirkt so einsam und verlassen. Susi hat noch nicht einmal Bilder von ihrer Familie an der Wand. Vielleicht darf man das nicht mal?! Also ich werde meine Seite schön einrichten, viele Bilder von Familie und Freunden, ein paar Bilder von Menschen, von denen ich ein Fan bin und vor allem Liedtexte meiner Lieblingslieder. Jedoch sie hat nur diese Puppen und es sind nicht mal schöne Puppen. Sie sind verdreckt und eine hat gar keine Augen mehr, die anderen nur eines. Diese Puppen werden immer beängstigender umso länger ich sie ansehe. Jetzt geht es wie von alleine, ich laufe schon fast aus dem Zimmer.

Dieser Gang ist noch schlimmer als bei dem Spiel Outlast, ganz ehrlich. Hier sind überall weiße Türen hinter denen sich weinende Menschen befinden. Ich würde auch am liebsten beginnen zu weinen, so beängstigend und traurig wie es hier ist. Wenn Menschen vor meinen Augen weinen, muss ich auch immer beginnen. Obwohl ich sie verabscheue, liebe ich sie doch über alles. Menschen und ich haben so eine gewisse Hass-Liebe. Ich hasse es sie zu lieben.

Ein lautes „PSSCCHHHT" weckt mich aus meinen Gedanken. Verstört drehe ich mich im Kreis. Als ich wieder geradeaus sehe, ist er dort wieder? Dieser Junge von vorher, verfolgt er mich? Scheiß Stalker, obwohl er doch ziemlich süß ist. Der Typ verpasst mir jedes mal einen halben Herzinfarkt. Warum sieht er mich schon wieder so toll an? Er lächelt mir zu, ich lächle natürlich zurück, aber warum sehen seine Augen jetzt so leer aus? Ich gehe den Gang weiter entlang, er wird immer dunkler, oder bilde ich mir das nur ein?

„Huch, das tut mir aber leid", sage ich, während ich gegen eine Ärztin laufe.

„Kein Problem, kann ich dir irgendwie behilflich sein, du siehst so verloren aus."

Das bin ich auch, wenn sie nur wüsste.

„Ich bin auf der Suche nach dem Mädchen, welches mit mir im Zimmer wohnt."

„Wie heißt sie denn?", fragt sie mich verwundert.

„Susi, ich habe sie das letzte mal mit meiner Vertrauensperson Christian gesehen."

„Wir hatten seit über zehn Jahren kein Mädchen mehr mit dem Namen Susi und der einzige  Kollege mit dem Namen Christian ist vor einem halben Jahr an Sepsis verstorben."

„Was ist Sepsis?", frage ich sie verwundert und gereizt zu gleich, als ob ich jede Krankheit kennen würde.

„Eine Blutvergiftung, aber genug davon, du solltest zurück in dein Zimmer gehen, du hast bestimmt nur geträumt. Überhaupt gibt es bei uns nur Einzelzimmer, wie ich bemerkt habe hast du deines in dieser kurzen Zeit sehr schön eingerichtet. Lay richtig?"

Mein Zimmer eingerichtet, nur geträumt? Was redet sie, bin ich die Einzige, die sie jetzt schon hasst?

„Nur meine Freunde dürfen mich Lay nennen", sage ich gereizt.

„Ok Lay, du solltest nun wirklich wieder gehen", lächelt sie mir zu.

„Ich habe nicht mitbekommen, dass wir beide Freunde sind, aber von mir aus", mir ist noch nie jemand so unsympathisch gewesen.

Mit ihren langen blonden Haaren und dem falschen Lächeln, dieses falsche, aufgesetzte Lächeln macht mich echt nur noch aggressiv. Ich sollte besser gehen, bevor ich sie noch anschreie.

Eiskalt drehe ich mich um und gehe zurück zu meinem Zimmer, doch als ich die Türe öffne, sieht alles ganz anders aus. Was zu Hölle ist hier los? Die Wandfarbe ist Grün geblieben, jedoch sind schon Bilder auf den ganzen Wänden verteilt, Blumen stehen im Zimmer und es sieht alles viel angenehmer aus. Richtig zum Wohlfühlen, das kann nicht dasselbe wie vorher sein. Ich gehe zur Tür und schaue auf die Zimmernummer. Nummer acht, das ist meines. Langsam wird mir das alles zu viel. Ich sollte mich hinlegen, anscheinend ist es schon kurz nach halb eins, ich weiß nicht mal was ich den ganzen Tag getan habe. Ich habe heute noch nicht einmal was gegessen oder getrunken, noch dazu war ich die ganze Zeit ungeschminkt und im Pyjama und die Zähne geputzt hab ich auch noch nicht.


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