~Kapitel 6~

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~Nie mehr dieselbe~

Morgen sollte ich von meiner Mutter aus der Klinik geholt werden. Ich sollte dort nur als Erstaufnahmestelle für ein paar Tage bleiben, um falls meine Situation sich verschlechterte woanders hinzukommen. Doch Felipe hat mich viel zu früh herausgeholt.

„Ich muss zurück in die Klinik."

„Warum das denn, du bist doch dort gerade erst hinausgekommen."

„Morgen sollte mich meine Mutter entlassen und danach muss ich wieder in die Schule. Ich bin doch für alle ein normaler Teenager, du gehst doch auch jeden Tag dorthin."

„Ja schon. Jedoch will ich dort nicht hin, ich will bei dir bleiben. Mit dir in eine Schule gehen, ich muss dich doch beschützen."

„Nick, ich kann auf mich selbst aufpassen, das habe ich bis jetzt auch ganz gut hinbekommen."

„Meinst du mit ganz gut fast vergewaltigt, geschlagen und gemobbt zu werden. Denn wann ja hast du recht, dann kannst du wirklich auf dich selbst aufpassen", schnaubte er mich zornig an.

„Was geht dich eigentlich mein Leben an? Woher weißt du das alles? Du kommst einfach her und behauptest, ich sei zu blöd, um mich selbst zu verstehen."

„Woher ich das weiß? Schon vergessen, dass ich Kräfte habe? Ich kann mich in deine Gedanken hineinversetzen Dummerchen."

„Du lügst, das hast du sicher nicht von meinen Gedanken und Erinnerungen!"

„Nein, so war das nicht gemeint. Ich habe auch andere Fähigkeiten."

„Und die wären?"

„Na ja, neben den Anderen, kann ich mich auch noch unsichtbar machen."

„Und was willst du mir jetzt damit sagen?"

Er sieht mich einfach nur an, wahrscheinlich weil wir beide wissen, was er antworten würde. Das kann doch nicht sein? Das kann doch nicht wirklich die Wahrheit sein! Ich möchte nicht glauben, dass es wahr ist.

„Doch, es ist wahr", sagt er, ehe er sich von mir wendet.

„Du warst dabei? Du hast zugesehen? Macht dich das etwa an oder was?", schreie ich mit Tränen in den Augen.

„Nein natürlich nicht, aber ich wusste nicht, was ich tun soll. Ich war wie erstarrt und dann ist ein Lehrer gekommen und ich dachte, er hilft dir. Du kanntest mich doch nicht und ich hatte die Aufgabe dich zu beschützen."

„Na das hast du ja toll hinbekommen. Super kleiner Nick willst du dafür 'ne Belohnung?"

„Jetzt mach dich nicht über mich lustig, du bist doch Miss Ich-Brauch-Niemanden. Da sieht man mal wie sehr du niemanden brauchst, ohne mich hätte dich der Tod schon lange eingeholt."

„Vielleicht wäre das ja besser", sage ich, während ich meine geschwollenen Lider schließe. Er ist ganz anders als sonst, habe ich mich in ihm getäuscht? Vielleicht verhält er sich so, weil er sich selbst für alles die Schuld gibt. Aber er ist ja auch schuld. Er sagt, er hätte die Aufgabe mich zu beschützen, aber wenn die Zeit gekommen ist, schafft er es nicht. Er ist nicht anders als ich, er hat ja recht. Ich kann nicht auf mich selbst aufpassen, ich kann nicht einmal meine beste Freundin davon überzeugen, dass ihr Freund nicht gut für sie ist. Ich bin ein Niemand und das weiß er.

„Bring mich nach Hause", ist das Einzige was ich sagen kann, ohne erneut zu weinen. Er hat das alles gerade gehört, da bin ich mir sicher. In diesem Moment liest er meine Gedanken, aber das ist mir egal. Nick, du kannst das ruhig wissen. Ich dachte, du wärst anders.

Er nimmt meine Hand und bringt mich nach Hause, wo Felipe mich gleich in die Arme schließt. Er hätte mich den ganzen Tag gesucht und sich sehr viele Sorgen gemacht, meinte er.

„Ich muss zurück in die Klinik", sage ich ohne zu zögern.

„Was ist mit dir passiert? Nick, warum weint sie, wo wart ihr den ganzen Tag? Lay, du hast sogar noch deinen Schlafanzug an, habt ihr heute überhaupt was gegessen?"

Erst jetzt bemerke ich, dass es bereits Abend geworden war. Wir waren den ganzen Tag dort und mir kamen es vor wie 2 Stunden.

„Es ist nichts, ich muss in die Klinik", sage ich nochmal.

„Christian hat recht, schließt sie wieder weg!", folgt von Nick.

Danke, du hättest das ruhig netter sagen können. Es ist ja nicht so, dass ich gerade vor dir weine und du mich mit dem kältesten Blick der Welt bestrafst. Ich bin mir sicher, dass gerade alle in diesem Raum meine Gedanken lesen.

„Deine Mutter wird dich morgen abholen, du solltest wirklich die eine Nacht dort verbringen", kommt von Felipe. Er hat ebenfalls Tränen in den Augen.

Er hat sicher gerade gehört, was ich gedacht habe. Ich packe meine Sachen und Felipe führt mich zur Klinik. Nick kommt mit, ich weiß nicht warum. Heute werde ich nicht mehr mit ihm reden.

„So, wir sind hier. Liebes, versprich mir, dass du auf dich acht gibst", äußert Felipe, während er mich umarmt.

„Das kann ich nicht versprechen. Aber ich kann versprechen, dass es jemanden gibt, der auf mich aufpasst", ich schaue zu Nick hinüber und dieser schenkt mir ein kurzes Lächeln. Dann geht er auf mich zu und umarmt mich, sehr lange, sehr intensiv. Ich kann seinen Herzschlag hören, ich würde ihn am liebsten niemals loslassen. Doch ich muss, ich habe noch einiges hier zu erledigen und nur mehr ein paar Stunden Zeit. Ich bin echt noch verletzt, doch etwas an seiner Anwesenheit lässt es mir besser gehen.

„Es tut mir leid", flüstert er mir ins Ohr. Danach gibt er mir einen Kuss auf die Stirn und steigt mit Felipe ins Auto.


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