Der Anfang vom Beginn

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"Aufwachen, Ann!", rief eine tiefe Stimme. Nur mit Mühe zwang ich meine Augen auf und schon hatte ich einen Kübel gefüllt mit eiskaltem Wasser im Gesicht. "Huuu", erschrak ich und holte tief nach Luft. Mir war noch total schwindelig und alles begann sich vor meinen Augen zu drehen. "Wer bist du?", fragte ich hilflos und sah in seine braunen Augen. Ich saß gefesselt auf dem Boden und konnte mich keinen Meter bewegen. "Das wirst du schon noch herausfinden", sagte er und grinste doof. "Du bist doch nicht dumm oder?" "Nein das bist du nicht", antwortete er selbst auf seine Frage. Ich hatte zwar einige Fragen an ihn, aber ich brachte keinen Ton heraus. Erstens war ich zu müde um zu reden und zweitens wollte ich nicht wieder seine Faust in meinem Gesicht spüren. Mein Nase schmerzte noch immer und ich spürte das getrocknete Blut sobald ich nur meinen Mund bewegte. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen und fragte ihn dann was er von mir wollte, in einem leisen und angenehmen Ton. Er kam zu mir und kniete sich in meine Höhe. "Ich werde auf dich eine Weile lang aufpassen", sagte er und musterte meinen Körper. Wie alt war er? 20? Er sah auf jeden Fall noch ziemlich jung aus und schön war er eigentlich auch. Ja, schon ein komisches Gefühl wenn man seinen Entführer als hübsch bezeichnet, aber es war wirklich so. Ziemlich muskulös, also mit dem würde sich wahrscheinlich noch nicht einmal ein Boxer anlegen wollen. Er schnappte den Eimer und verließ dann den Raum. "Hey! Warte!", schrie ich und probierte mich los zu binden. "Du kannst mich hier nicht alleine lassen!", brüllte ich und stand auf. Ich wäre ihm am liebsten nach gelaufen, wäre ich nicht gefesselt gewesen. "Arschloch", murmelte ich leise, sodass er es nicht hören konnte und setzte mich wieder auf den Boden.
Wo war ich eigentlich?, fragte ich mich und sah mich um. Es sah ziemlich krass hier aus, die Wände waren mehr grau als weiß und in den Ecken versteckte sich Schimmel. Mir grauste es bei dem Anblick. Vielleicht ein altes Bad? Denn auf der anderen Seite war ein Waschbecken und darüber ein verdreckter Spiegel. Oder ein Keller? Weil das Fenster hinter mir war in der Höhe der Wiese. Worüber dachte ich eigentlich nach? Ist das nicht unwichtig? Sollte ich nicht eher schauen, dass ich hier rauskomme? Aber wie mit gefesselten Händen? Je mehr ich sie bewegte, desto mehr drückte der Draht gegen meine Haut, was echt schmerzte. Wie viele hier wohl schon waren?, dachte ich und konnte mir gut vorstellen wie sie um ihr Leben kämpften. "Womit hab' ich das verdient?", schrie ich und begann schrecklich laut zu weinen. Meine Nerven lagen ja jetzt schon am Ende, wie sollte ich es dann bis zum Ende durchhalten. Warte!, dachte ich und sah neben, hinter und vor mir nach. "Wo ist Kyle!", schrie ich und suchte wie verrückt nach ihm. "Ich weiß, dass du mich hören kannst!", brüllte ich und war mit Wut überfüllt.
Ich lehnte meinen Rücken gegen die Wand und weinte solange, bis er kam. Mir war es so egal wie scheiße ich aussah und wie verwischt meine Wimperntusche war. Ich wollte ja auch nicht für ihn mich bemühen hübsch zu bleiben. "Sei leise!", rief er während er die Türe hinter sich versperrte. Ich war still und hatte sogar Angst zu atmen, vielleicht war ihm das ja auch zu laut. "Hier", sagte er und schob mir ein Tablett mit einem Wurstbrot und einem Orangensaft rüber. Ich warf einen kurzen, angeekelten Blick darauf und stieß es dann mit meinen Füßen um. "Na gut", sagte er und ich kannte ihm an, dass er mir am liebsten eine gescheuert hätte. Er entfernte mir den Draht und drückte mir dann einen Wischlappen in die Hand. Er nahm mich an meinen Haaren und zog mich zu ihm hoch. "Du wischst das jetzt weg Schlampe", rief er. "Ja!", rief ich und wollte, dass er mein Haar wieder ausließ, was er auch tat. Das tat vielleicht weh., dachte ich, aber nicht so weh, als hätte er mich geschlagen. Ich nahm den Putzfetzen und legte ihn auf den ausgelaufenen Saft. Danach befeuchtete ich ihn noch mit Wasser und wischte nochmals über die Stelle. "Wohin damit?", fragte ich genervt. Er riss ihn mir aus der Hand und schmiss ihn ins Waschbecken. "Wenn du ruhig sitzen bleibst, dann fessle ich dich nicht mehr. Ist das klar?" Ich nickte und rutschte danach zurück in die Ecke.

"Vertrau ihm nicht"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt