Teil 20 Flucht

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"Nein!", hörte ich eine Stimme rufen. Sie klang böse und zum ersten Mal war ich froh Brians Gesicht zu sehen. Er überfiel sie von hinten und schlug ihr das Messer aus der Hand. Er packte sie am Nacken und drückte sie dann zu Boden. "Runter mit dir!", brüllte er und drängte sie noch ein Geschoss tiefer. Sie sah ihn zitternd an, als sie sich auf allen vieren wieder richtete. Kurz schlich ihr Blick zu mir und ich sah dieses: "Hilf mir" in ihren Augen. "Bring' sie hier weg!", brüllte ich und saß wie ein Kleinkind schaukelnd in der Ecke. Er schloss die Türe nach dem auch ihre Finger den Beton los ließen und verringelte sie.
Dann blieb er stehen und fixierte mich. Sein Gesicht glänzte und Schweiß tropfte von seiner kleinen Stirn. "Geht's dir gut?, fragte er ohne nur einmal zu blinzeln. Ich nickte hastig und stand noch immer unter Schock. "Meine beste Freundin hat mich angegriffen...", murmelte ich und starrte auf den Boden. Plötzlich spürte ich ein Stechen in meiner Schulter. Irgendwas lief warm davon nach unten. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und fand das obere Viertel des Shirts blutverschmiert vor. Der Geruch nach Metall stieg in meine Nase und wollte nicht mehr weg gehen. "Was zum...", rief ich und zog den Ärmel vorsichtig von meiner Schulter. "Hssss", machte ich und zeigte leidend meine Zähne. Da war ein langer Schlitz, aus dem das Blut floss. Er reichte zirka von der Mitte der Schulter bis zum Anfang vom Oberarm. Warum hab ich das nicht mitbekommen? Hatte ich etwa so viel angst, dass ich es eigentlich gar nicht spürte? Verrückt! "Warte", sagte Brian und zog sein Leiberl aus. Er ließ kaltes Wasser drüber laufen und drückte es anschließend aus. Danach tupfte er sanft und mit Gefühl das trockene Blut von meiner Haut. "So! Jetzt bist du wieder schön", sagte er lächelnd und wickelte es einmal um meine Schulte bevor er einen Knoten machte. "Das sollte nun eigentlich den Blutverlust stoppen", meinte er und richtete es noch zurecht. "Danke", antwortete ich und lächelte ihn liebevoll an. Plötzlich sah ich ihn mit einer ganz anderen Persönlichkeit. Brian hatte doch ein Herz, dass nicht eiskalt war. Seine zärtlichkeit, anstatt seiner grobheit. Ein angenehmer Blick, anstatt diesem widerwärtigen Grinsen. Diese ruhige Stimme, anstatt diesem Geschreie. "Gerne", antwortete er und verließ ohne ein weiteres Wort zu verlieren den Raum. Hab ich was falsches gesagt oder warum ergriff er so schnell die Flucht? Ich seufzte und setzte meine Blicke sofort wieder auf die Tür, hinter der Grace lauerte. Was ist wenn sie es irgendwie schafft, hier rauf zu kommen? Ich saß stundenlang am selben Fleck und wagte es mich nicht zu bewegen, meine Augen beobachteten stets den einen Platz. Ich zuckte kein einziges Mal mit der Wimper und mir kam es vor als hätte ich dabei mit offenen Augen geschlafen, da die Zeit viel zu schnell vergangen war. Schließlich war es abends und langsam wurde es dunkel draußen. Der Mond spiegelte sich im See. Der Himmel war eine Mischung von rot und schwarz. Vereinzelt tauchten schon kleine, blinkende Sterne auf. Je eher die Nacht anbrach desto mehr dachte ich nach und desto mehr Probleme erschuf ich. Ich legte mich in mein Bett und deckte mich bis zum Hals zu. Ich hatte meine Beine eingezogen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen bloß nichg einzuschlafen, aber je öfter ich blinzeln musste umso länger hielt ich dann auch meine Augen geschlossen.

Mitten in der Nacht weckte mich ein lautes Gelächter. Ich riss meine Augen auf und blickte starr um mich. Es war ganz ruhig, bis ich sie die Treppen hinunter gehen hörte. Brian war nicht alleine. "Kommt. Ich muss euch meinen wichtigsten Schatz zeigen" Er klang betrunken, sturz betrunken. Er drehte den Schlüssel zweimal im Loch, bevor er zu mir torkelte und mich zu Boden warf. Es waren zwei Jungs seines Alters mit ihm, die mehr oder weniger als Zuschauer dienten. "Ist sie nicht wunderschön?", rief er und quetschte mit seinen zwei Fingern mein Gesicht zusammen. Sie lachten und nickten zugleich. Nur der trübe Mondschein erhellte den Raum ein kleines bisschen, aber die Gesichter waren trotzdem nicht zu erkennen. Er setzte sich auf mich drauf und ich begann zu schreien. "Brian! Hör auf!", aber er hörte nicht darauf. Er stellte die halb leere Flasche beiseite und küsste mich dann obwohl beißen eher statt küssen passte. "Nein, bitte nicht!", flehte ich, als er aufstand und sich wieder die Hosen öffnete. Was war aus ihm geworden? Am Nachmittag war er noch ganz lieb gewesen und jetzt? Das größte Arschloch... wieder mal. Ohne nur eine weitere Sekunde zu zögern, nutzte ich seinen Zustand aus und schubste ohn gegen die Mauer, dass ich auch seine Freunde aufhielt. Ich lief durch die offen stehende Tür, ins Wohnzimmer Ich dachte gar nicht daran zur Haustüre zu rennen, die wäre sowieso verschlossen gewesen. Erst nun hörte ich Brians verrücktes Gebrülle, dass ich es bereuen würde. Ich nahm einen dieser hölzernen Stühle und schlug damit die Glasscheibe ein. Ein letztes Mal drehte ich mich nochmal um und ich sah sie wie sie Brian die Treppen hinauf eilen halfen. Sofort rannte ich los, über die Terrasse in den dunklen Wald. "Los! Lauf! Lauf! Du schaffst das", flüsterte eine Stimme in meinem Kopf. Ohne richtig zu wissen wohin ich lief, lief ich einfach gerade aus, hauptsache weg von hier. Meine nackten Füße gleiteten schon wort wörtlich über das Gras. Ich hörte dieses leise zerbrechen von den feinen Ästen, dass ich wiederrum als sehr laut empfand. Keinen Moment dachte ich daran stehen zu bleiben, erst wenn ich mir sicher war, dass sie nicht mehr hinter mir her waren. Mein Herz klopfte gegen meine Brust, dass ich glaubte, es würde mir bald raus fallen. Plötzlich hörte ich Brian ganz laut schreien und aus Reflex drehte ich mich um und eher ich mich versah lag ich Boden. Ich war über eine Wurzel gestolpert und mein Kopf krachte gegen einen Baumstamm. Meine Finger krallten sich in die Erde. Gegen meinen Willen schlossen sich meine Augen und wollten sich nicht mehr öffnen lassen.

"Vertrau ihm nicht"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt