7. Gefangen (Teil 1)

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Gefangen (Teil 1) von Laaariiiii



Die Menschen, Kinder und ihre Eltern, drückten sich die hässlichen Nasen an der Glasscheibe platt. Sie schauten in das Gehege, auf der Suche nach dem Tier, was laut Schild darin leben sollte.

Sie sahen ihn nicht. Doch er sah sie.

Er lag in einer Felshöhle, in dem Käfig, dem Gefängnis, wie er es empfand und starrte hinaus, betrachtete diese unschönen Tiere, ohne Fell, nur mit einem Büschel solches auf dem seltsamen Kopf. Er beobachtete die Tierart, die ihm das angetan hatte.

Seine eigentlich wunderschönen bernsteinfarbenen Augen waren trüb und erfüllt von unendlicher Trauer.

Das einst so glänzende Fell, stumpf und dreckig, die dunkle Mähne verfilzt. Seine eigentlich goldenen Flügel, hatte er an geklappt, sie waren schmutzig und hingen kraftlos auf den kalten Steinboden. Ja, er war ein geflügelter Löwe.

Ja es gab sie, die ganzen Fabelwesen, von denen sich die Menschen so gerne Geschichten erzählten: Greife, Einhörner, Pegasi, geflügelte Löwen, Drachen, mehrköpfige Schlangen und Hunde, alle sie existierten. Mal ehrlich, irgendwoher mussten die Menschen diese Gedanken doch nehmen und bequem, wie sie waren, dachten sie sich nichts aus, nein, sie hatten einfach begonnen über wundervolle Wesen zu reden, die ihre Art, einst vor langer Zeit gesehen hatte.

Denn früher, früher lebten die Fabelwesen und alle anderen Tiere, darunter auch die Menschen in Eintracht.

Sie wussten voneinander, respektierten sich und lebten glücklich.

Doch dann begannen die Menschen anders zu werden, sie fingen an, Jagd auf die Fabelwesen zu machen: Fingen die Einhörner, um an ihr schönes Horn zu gelangen und damit zu prahlen, diese selbstsüchtigen Wesen, schlachteten die Löwen, damit sie die wunderschönen Federn der Flügel ihr Eigen nennen konnten, töteten die Drachen, da sie der Meinung waren, Drachen könnten gefährlich werden und sie irgendwann selbst umbringen, dabei hatten die geschuppten Wesen nie die Absicht zu töten, dieses grausame Vergehen, war allein dem Menschen überlassen.

Die Fabelwesen wandten sich von ihnen ab, zogen sich zurück, dorthin, wo sie sicher waren. Viele Tiere wussten von ihnen, nur die Menschen, hatten keine Ahnung, wo sie sich befanden.

Dort lebten sie einigermaßen zufrieden, wenn auch die Enttäuschung über Menschen immer noch tief in ihnen festsaß und vermutlich nie wieder verschwand.Doch er war einen Augenblick unachtsam gewesen. Er war noch relativ jung und wollte einfach mehr kennenlernen, hatte es satt immer nur das gleiche zu sehen und Menschen nur aus Geschichten zu kennen, er wollte diese Tiere selbst betrachten.

Doch sie hatten ihn entdeckt, mit einem Lähmungspfeil vom Himmel geschossen und in den Zoo verfrachtet.

Gefangen zu sein, war schlimmer, als tot zu sein, er verkroch sich in der Höhle und kam nicht mehr heraus, er fraß nicht, magerte ab, putzte sich nicht, sodass sein Fell verkümmerte und bewegte sich nicht, sodass seine Muskeln erschlafften.

Fabelwesen konnten weitaus länger ohne Futter und Wasser auskommen, als Tiere, weshalb er immer noch, soweit man das sagen konnte, lebte, den ein Leben, war das nicht.

Es wurde dunkel, sehen konnte er das nicht, da er eine Betondecke über sich hatte, damit er nicht die Schwingen ausbreitete und floh, doch er erkannte es an den Leuten, die vor dem Fenster immer weniger wurden, das hässliche Gesicht mit den glotzenden Augen sichtbar enttäuscht, da sie ihn nicht gesehen hatten.Er legte den Kopf auf die Tatzen und schloss die Augen, versuchte zu schlafen. Wäre er ein Mensch, würden silberne Tränen sein erschöpftes Gesicht hinabfließen, doch die Fähigkeit zu weinen, stand Fabelwesen nicht zu.

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