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„Tessa, ich komme doch schon morgen."

„Ich weiß, aber das dauert noch so lange", jammerte Tessa, Jasmines jüngere Schwester.

Jasmine seufzte. „Tessie, ich muss jetzt auflegen. Ich werde gleich festgenommen, wenn ich noch länger mit dem Handy am Ohr fahre."

Jasmine war schon ein bisschen traurig, das Telefonat jetzt beenden zu müssen, doch sie war schon langsam genervt.

„Okay... Aber komm so schnell wie möglich nach hause, ich vermisse dich!"

„Ja, ja. Sag allen ich habe angerufen. Bis morgen", sagte sie und legte auf, bevor ihre Schwester etwas antworten konnte.

Jasmine fuhr weiter, bis sie langsam müde wurde. Sie hielt ihre Augen offen, hielt Ausschau nach einer Pension oder ähnlichem. Als sie gerade bereit war, mithilfe ihres Handys nach Unterkünften zu suchen, entdeckte sie ein kleines Schild in mehreren Metern mit der Aufschrift „MOTEL" in leuchtenden Buchstaben. Das „E" leuchtete jedoch nicht, welches Jasmine nicht unbedingt zu einem guten Eindruck verhalf. Trotzdem setzte sie den Blinker und fuhr auf den leeren Parkplatz des Motels. Der Kies knirschte unter den Rädern ihres Mietwagens und sie hielt an. Der Parkplatz war dunkel, es gab nur zwei Laternen, die sich jeweils an den beiden Seiten des Eingangs befanden.

Vorsichtig öffnete sie die Fahrertür und stieg aus. Augenblicklich spürte sie den Regen sanft auf sie prasseln. Mehrere Raben flogen über ihrem Kopf hinweg und steuerten auf die vermutliche Eingangstür zu, flogen dann wieder in die Höhe. Jasmine biss sich auf die Unterlippe und schluckte schwer. Ist das wirklich eine gute Idee?

Auch wenn sie die Frage, die in ihrem Kopf schwebte, nicht beantworten konnte, ging sie auf die Tür zu. Einen Fuß vor den anderen tretend wurde sie immer nervöser. Ihre Hände zitterten, als sie ihre rechte Hand über dem Türknopf schweben ließ. Sie wusste nicht, was in sie gefahren war, das sie so aus der Bahn warf, doch sie spürte es. Sie wusste, das dort etwas war. Und sie musste bald herausfinden, was es war.

Mit einem Ruck öffnete sie die Tür und spähte hinein. Sie sah nichts ungewöhnliches und trat herein.

Es war mehr oder weniger dunkel drinnen. Ein sehr spärliches Licht kam aus dem alten Kronleuchter, der sich an der Decke, knapp über ihr, befand. Er war, wie sicherlich alles andere in dieser Bruchbude, nicht mehr lange zu gebrauchen.

Jasmine ging zu der vermeidlichen Rezeption, hinter der sich niemand befand. Sie sah sich um, rechts, links - gar nichts. Außer der Totenstille und ihr.

Mit dem plötzlichen Bedürfnis, dieses Gebäude so schnell wie möglich zu verlassen, steuerte sie zur Tür. Doch als sie sich umdrehte, erschrak sie.

Ein braunhaariger, großer und zudem junger Mann stand vor der Tür und blockierte sie. Jasmine legte eine Hand auf ihren Brustkorb und atmete heftig ein und aus. Der Mann kam einen Schritt näher auf sie zu.

„Guten Tag, junge Dame." Seine Stimme war rau und selbstsicher. Jasmine lief es kalt den Rücken herunter.

„Gu-Guten T-Tag", stammelte sie und betrachtete ihn genauer. Er hatte grüne Augen, die so kalt und leblos wirkten, wie sie noch nie welche gesehen hatte. Seine braunen Haare gingen ihm knapp bis zu den Schultern und er hatte einen leichten Bart. Jasmine fand, er hatte etwas von einem Obdachlosen. Aber da er offensichtlich in diesem Motel arbeitete oder es ihm sogar gehörte, schob sie den Gedanken schnell bei Seite.

„Sie wollten doch nicht schon wieder gehen?" Sie wollte ihm sagen, dass er sie duzen sollte, doch irgendetwas hinderte sie. Der Mann kam ihr einfach zu unheimlich vor.

Motel | stylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt