"Mary!"
"Ja?"
"Mary, Mary, Mary, Mary!", keuchte der atemlose Seth, der gerade angerannt kam.
"Du...", er holte tief Luft.
"Willst du mit uns Schlittenfahren? Wir machen eine Nacht-Schlittenfahrt, hat Papa versprochen!", fragte er mit vor Aufregung glühenden Wangen.
Ich zögerte einen winzigen Moment.
Denn Joe würde mit Sicherheit dabei sein.
Seth sah mich mit hoffnungsvoll blitzenden Augen an.
"Klar", sagte ich schließlich lächelnd.
Er strahlte.
"Dann komm!", sagte er und zog an meiner Hand.
"Warte noch kurz. Ich geh mich erst mal oben noch umziehen", sagte ich lachend.
Er wirkte sehr ungeduldig, doch er nickte schließlich.Keine 10 Minuten später stand ich dick eingemummelt vor dem Hotel.
Seth kam strahlend angerannt, einen der Holzschlitten, die man beim Hotel ausleihen konnte, hinter sich herziehend.
"Die anderen sind dahinten!", rief er, nahm meine Hand und zerrte mich hinter sich her, in Richtung des Holzschuppens, an dem immer der brummige alte Herr stand und für 1$ am Tag die Schlitten verlieh.
Es war sehr günstig, aber da viele Familie mit Kindern hier abstiegen, machten sie hier trotzdem guten Umsatz.
Seths Eltern und Clara standen da in begrüßten mich freudestrahlend.
Kein Joe weit und breit.
Und ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte oder nicht.
"Hallo", lächelte ich den alten Mann freundlich an.
Er grummelte etwas Unverständliches.
"Einen bitte", sagte ich und legte den Dollar auf die Theke.
Er nickte, drehte sich um, holte einen der mit dem Slogan des Hotels versehenen Schlitten hervor.
Er reichte ihn mir über die Holztheke hinüber, samt Abgabeschein.
Dann trug er routinemäßig meinen Namen und die Uhrzeit ein, nachdem er mich nach meiner Zimmernummer gefragt hatte.
Ich bedankte mich und ging zu Julia und Rob hinüber.
"Kommt Joe noch?", fragte ich so beiläufig wie möglich.
"Oh, er ist noch mit Henry unterwegs, aber er dürfte bald kommen. Deine Eltern haben wohl etwas zu erledigen, aber Jeff und Caulder haben gesagt, dass sie vielleicht später vorbeischauen.", erklärte Julia fröhlich.
"Na denn kommt mal mit", meinte Rob unternehmungslustig.Gemeinsam stapften wir durch den tiefen Schnee.
Während Seth glücklich herumhüpfte und alle paar Meter stehen blieb, um einen Schneeball zu formen, berichtete mir Julia leise tuschelnd und unter dem Siegel der Verschwiegenheit, wie Rob im Sommer aus einer von Joes Badehosen geplatzt war, weil er zu faul gewesen war sich selbst eine neue zu kaufen.
Clara, die alles mitgehört hatte, brach in schallendes Gelächter aus, bei der Erinnerung an die verdatterten Gesichter der beiden (es war Joes Lieblingsbadehose gewesen) und erzählte mir kichernd wie Joe am Strand beim Sonnen eingeschlafen war und von einem Hund als Baum missbraucht worden war.
Es waren zwar gerade mal 10 Minuten zu laufen, aber ich hatte mich selten so amüsiert und mit jedem Schritt wurde mir ein wenig leichter ums Herz.
Wenn kümmerte schon Joe?
Oder Chris?
Oder generell Jungs?
Es war Weihnachten (naja fast)!
Fest der Freude und Liebe und was weiß ich.
Lachend über Roberts Geschimpfe, wie sie es wagen könnten mir solche erlogenen Geschichten aufzutischen, kamen wir oben am Hang an.
Dieser war vielleicht 30 Meter breit, relativ steil und an beiden Seiten von riesigen Nadelbäumen gesäumt.
Unten war ein kleines 'Tal', mit einer verlockend unberührten Schneefläche.
Es war relativ dunkel, nur eine einsame Laterne rechts zwischen den Bäumen und der Mond, vor den sich jedoch immer wieder Wolken schoben, erhellten die Umgebung ein wenig.
Es schneite immer noch, aber es hatte bereits etwas nachgelassen.
Seth ließ seinen Schlitten links liegen und setzte sich auf meinen.
Ich klemmte mich hinter ihn und gemeinsam wagten wir die erste Abfahrt.
Der Schnee um uns herum stob auf und wir nahmen immer mehr an Geschwindigkeit zu.
Eisiger Wind blies uns ins Gesicht, es war herrlich.
Viel zu schnell war es vorbei.
Seth der vor Freude die ganze Zeit geschrien und gejubelt hatte, sprang auf.
Seine Wangen leuchtenden rot und seine Augen strahlten, als er rief: "Nochmal! Nochmal!"
"Sofort. Aber lass uns erstmal Platz für die anderen machen.", grinste ich, stand auf und zog den Schlitten weiter an die Seite.
Als nächstes kam Clara, die sich mit dem Bauch auf den Schlitten gelegt hatte.
Während wir den Berg am Rand schon wieder hochstapften, folgten Rob und Julia.
Das Ganze wiederholten wir, nur das diesmal Seth mit seinem Dad, Clara mit ihrer Mutter und ich alleine fuhren.
Ich setzte mich gerade erneut auf meinen Schlitten, als sich plötzlich jemand hinter mich schob und bevor ich widersprechen konnte, schob uns dieser Jemand kräftig mit den Füßen voran, bis der Schlitten wie immer nach vorne kippte und den Berg herunter raste.
Und fast genauso schnell legten sich eine behandschuhte Hand und eine vergipste um meine Taille.
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All I want for Christmas is you
RomanceZu Weihnachten geht es traditionell wie jedes Jahr zum Skifahren ins Gebirge. Und wie fast jedes Jahr trifft Mary dort auf Joe. Den sie eigentlich nicht ausstehen kann. Doch uneigentlich fängt er auf einmal damit an ihre Gefühle ganz schön durcheina...