3. Dezember

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Fast schon erleichtert ging ich durch die Sicherheitskontrolle.
Nichts piepste, also holte ich rasch meine Handtasche und den Rucksack aus der grauen Box.
Ich hängte einen Riemen des Rucksacks um meine Schulter und drehte mich abwartend zu meinen Eltern um, die noch vor meinen Brüdern an der Reihe waren.
Während mein älterer Bruder sich noch von seiner Freundin verabschiedete beziehungsweise mit ihr noch eine letzte Knutschnummer durchzog, wurde ich schmerzlich an den gestrigen Abend erinnert.
Der alles andere als positiv verlaufen war.
Als Chris mich besucht hatte, hatte alles ganz normal angefangen, wir hatten geredet, dabei ein bisschen Musik gehört und nebenbei an ein paar Lebkuchen geknabbert.
Und als wir dann so nebeneinander auf dem Boden saßen, beugte er sich auf einmal zu mir rüber und wollte mich küssen.
Ich drehte mich reflexartig weg und so erwischte er nur meine Wange.
Das Gespräch, welches darauf folgte, war alles andere als schön.
Er warf mir vor, ich würde ihn nicht wirklich lieben, weil ich ihn immer auf Abstand halten würde.
Er meinte vermutlich sei ich sogar nur mit ihm zusammen, weil das meinem Image guttun würde.
Darauf hin wurde ich sehr wütend und anstatt meine Gründe zu nennen, wieso ich so distanziert war, erklärte ich, ich bräuchte ihn gar nicht um meine Beliebtheit hochzupushen, ich sei schließlich nicht so ein eingebildeter Idiot, der denkt er wäre perfekt und nachdem sich jeder zu richten hat. Es drehte sich schließlich nicht alles um ihn.
Es folgte ein ziemlich heftiger Wortwechsel, der damit endete das ich ihn anschrie, er solle sich doch zu irgendeiner Schlampe verziehen, die würde sich wahrscheinlich heute noch von ihm ins Bett kriegen lassen. Wenn es ihm nur ums körperliche ging, bräuchte er ja keine Freundin.
Und dann knallte ich ihm die Tür vor der Nase zu.
Seit gestern Nacht hatte er mich gefühlte 100 Mal angerufen, doch ich ging nicht ans Telefon und auch in der Schule wich ich ihm konsequent aus.
Ich wünschte Rosie noch schnell 'Frohe Weihnachten' und hetzte dann nach Hause, um ihm keine Chance zu geben noch einmal mit mir zu sprechen.

Und jetzt, 3 Stunden später, stand ich hier am Flughafen, ohne Freund.
Glaubte ich zumindest.
Mein Handy hatte ich schon ausgeschaltet, weil Chris und Rosie mich total auf What's App zuspamten. Keine Überraschung, wenn man bedenkt, dass ich Rosie nicht gesagt hatte was gestern passiert ist und ich Chris quasi gesagt habe, dass es mir egal sei, mit wem er rummacht.
Meine Mutter räusperte sich und ich zuckte zusammen.
"Hier ist jemand für dich am Telefon", meinte sie und hielt mir ihr Smartphone hin.
Vollkommen ahnungslos nahm ich es entgegen und hielt es an mein Ohr.
"Hallo?", sagte ich fragend.
"Mary! Endlich erwische ich dich mal!
Was da gestern passiert ist tut mir wirkl..."
Doch ich unterbrach Chris scharf und ging einige Schritte von meinen Eltern weg, damit sie nichts mitbekamen.
"Was fällt dir ein meine Mutter da mit reinzuziehen?", zischte ich.
"Ich... Nein... Ich hab nicht... Verflucht, Mary, ich hab doch nur bei ihr angerufen, weil du nie ans Telefon gegangen bist.", rechtfertigte er sich wütend.
"Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Es tut mir Leid, ich war..."
"Aha. Schön, es tut mir auch Leid, mit jemandem wie die zusammen zu sein.", fauchte ich.
"Lass mich doch mal ausreden!"
"Ich höre?", meinte ich höhnisch.
"Ich war nur so verwirrt, keins der Mädchen mit denen ich jemals zusammen war, hat mich niemals nicht küssen wollen. Du bist so anders in der Hinsicht und ich hab das irgendwie persönlich genommen. Und dann war ich verletzt und hab Sachen gesagt, ich die ich gar nicht so meinte.
Mary, es tut mir Leid. Kannst du nicht verstehen, wie neu das für mich ist?
Du bist anders als jedes andere Mädchen das ich kenne. Aber deswegen habe ich mich in dich verliebt. Du bist witzig und klug und hast deine ganz eigene Sichtweise, wie die Dinge zu sein haben. Und ich will dich nicht verlieren. Ich will dich kennen, dich verstehen. Kannst du mir nochmal verzeihen?", beendete er seinen Monolog leise.
Ich blinzelte die Tränen fort, die mir beim letzten Teil seiner Worte in die Augen gestiegen waren.
"Ja", hauchte ich.
"Und es tut mir auch Leid. Ich hätte dich nicht eingebildet und egoistisch und was weiß ich noch alles nennen sollen.", murmelte ich beschämt.
"Das ist schon okay. Ich war ja auch nicht sonderlich nett. Aber wir arbeiten daran, versprochen? Und sag mir dann einfach wenn du soweit bist mich zu küssen.", sagte er liebevoll.
"Ja. Versprochen.", antwortete ich leise.
Mein Vater tippte mir auf die Schulter und deutete auf seine Armbanduhr.
"Du ich muss aufhören, unser Flieger geht gleich."
"Okay, dann bis bald."
"Ja bis dann."
"Ach und Mary?"
"Hm?"
"Ich liebe dich."

All I want for Christmas is youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt