Kapitel 18

3.5K 183 34
                                    

Da die Sonne schien, fand die Beerdigung draußen statt. Alle standen im Halbkreis vor dem Grab. Der Redner hielt eine Rede und fragte dann ob noch jemand was zu sagen hat dazu. Keiner meldete sich und alle weinten, außer ich. Ich konnte nicht weinen. Ich weiß nicht warum. Ich hob meine Hand, denn ich wollte was dazu sagen. Irgendwie fühlte ich mich hier unwillkommen, es stimmte ich kannte keinen außer seine Mutter. Viele blickten skeptisch zu mir rüber, denn ich weinte nicht. Schon traurig, aber ich kann es auch nicht verstehen. Ist es etwa ein Gesetz oder so das man auf Beerdigungen weinen soll? Nein, bestimmt nicht. Aber ich hätte gerne geweint, naja wenigstens hab ich mich getraut eine Rede zu halten.

Der Redner bat mich nach vorn. Dort stand ich nun, vor den ganzen Versammelten ich räusperte mich und begann: „Nun, wir sind hier… Ach Entschuldigung, ich kann das so nicht. Ich meine warum weinen denn alle? Joey hätte das bestimmt nicht gewollt. Joey will das wir glücklich sind! Er will uns doch nicht traurig sehen! Wir sollen Spaß haben und das Leben genießen, wir sollen es für ihn mit leben! Er hätte es so gewollt. Das weiß ich. Ich hab ihn geliebt, obwohl ich ihn erst vor kurzem kennengelernt hab. Es war Liebe im ersten Augenblick. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie es ist wenn man einen liebgewonnenen Menschen gerade erst kennengelernt hat der ihm dann schon wieder nach kurzer Zeit weggenommen wird… Es ist schrecklich! Ihr kennt ihn wahrscheinlich alle schon euer Leben lang, ich weiß dass ihr ihn wahrscheinlich besser kennt als ich, ich kann auch eure Trauer verstehen. Doch Joey hätte das nicht gewollt, glaubt mir. Wir sind zwar hier um uns von Joey zu verabschieden, aber wenn wir ehrlich sind haben wir uns schon verabschiedet. Natürlich gibt es einige die anders darüber denken, doch das ist die Wahrheit. Wir haben uns schon von ihm verabschiedet als er von uns gegangen ist. Im Herzen haben wir ihm Tschüss und Lebewohl gesagt, wir haben ihm eine Gute weiterreise gewünscht und hofften das es überhaupt eine weiterreise gibt. Nun spüren wir alle diesen Schmerz in unseren Herzen, doch wenn ihr weint wird das auch nicht besser. Dieser Schmerz wird ewig bleiben, er wird nie verschwinden. Dieser Schmerz gehört zu uns und erinnert uns daran dass es Joey überhaupt jemals gegeben hat und dass wir ihn nicht vergessen sollen. Mit der Zeit gewöhnen wir uns daran doch verschwinden tut er nie. Dass die Zeit alle Wunden heilt stimmt nicht.

Ich möchte euch auch nicht die ganze Zeit volllabern, macht euer ding. Doch ich hoffe ich konnte euch ein bisschen davon überzeugen dass es nichts bringt hier zu weinen. Joey will nur das wir glücklich sind! Danke, das ihr mir eure Aufmerksamkeit geschenkt habt…“

Alle starrten mich entsetzt an, war es wirklich so schrecklich? Nervös tappte ich von einem Fuß auf den anderen. Ich bin halt einfach nicht gut im Improvisieren. Okay, das Ende war nicht so perfekt, aber naja… Es war halt die Wahrheit. Wahrscheinlich war ich ein bisschen zu Hart zu ihnen. Sogar der Redner guckte verdutzt. Dann kam er zu mir klopfte mir auf die Schulter und sagte: „Wahrscheinlich hast du Recht, Mädchen. So habe ich das noch nie gesehen…Gut gemacht, so eine Rede hätte ich nicht besser halten können.“ Dann nickte er und ich konnte wieder zurück an meinen Platz im Halbkreis treten. Alle waren etwas in Gedanken versunken und nur noch die Hälfte der Versammelten Leute weinte. Ich hab es wirklich geschafft diese Menschen zu überzeugen. Ich bin ja so stolz auf mich. Nun gut, unterlassen wir das – dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für Eigenlob. Kein weiterer der Anwesenden traute sich meiner Rede noch etwas hinzuzufügen und nun kam der Zeitpunkt wo Joey wirklich diese Erde verlassen würde. Der Sarg wurde in die Erde hineingelassen. Es war ein tiefes schwarzes Loch und als der Sarg unten angekommen war erklang ein leiser knall und man konnte das dunkle Holz des Sarges kaum noch erkennen. Jeder der wollte durfte noch etwas Erde hinterher schmeißen und noch ein paar letzte Worte zu Joey sagen. Meine Worte waren: ‚Joey, Ich liebe dich, und ich werde dich niemals vergessen. ‘

Dann verließ uns der Redner und wir durften uns in Ruhe noch verabschieden und Trauern, viele gingen auch einfach und hauten dabei solche Sprüche raus wie: ‚Auf zum Restaurant, ich hab richtig Hunger! ‘ oder ‚Jetzt fette Party‘. Also sowas finde ich einfach respektlos. Man geht doch nicht zu einer Beerdigung um danach schön Essen zu gehen. Ich und Joeys Mum waren die letzten. Sie kam zu mir und sagte sie müsste jetzt gehen sonst würde sie zu spät zum Essen kommen da sie Reserviert hatten, außerdem warten die anderen ja schon. Ich sagte dass es okay sei und ich nicht mitkommen möchte. Beim Gehen umarmte sie mich und drückte mir einen Zettel in die Hand. Ich schaute ihr hinterher und guckte danach den Zettel an. In schöner Schrift stand auf dem zusammengefaltetem Zettel: Für Vic. Ich Besah es genauer und erkannte Joeys Schrift. Sofort wurde ich nervös und bekam irgendwie Angst. Mit zitternden Händen faltete ich den Zettel auseinander und fand einen langen säuberlich geschrieben Text vor.

Wenn Liebe tödlich ist - zwischen Liebe und  HassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt