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>>Bin wieder da.<< gab ich Bescheid nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.

Keine Antwort.

Auch gut. Dann war ich wohl allein.

Ich schlurfte in die Küche und nahm mir etwas zu trinken. Leise summte ich die Melodie von 'Amnesia'.

>>Calum?<< ich schnellte herum. Mum.

>>W-was machst du denn hier?<< fragte ich überrascht.

>>Hier wohnen?<< sie grinste mich an und lehnte sich an den Türrahmen an.

>>Oh, jaja, natürlich.<< ich sah peinlich berührt zu Boden.

>>Cal-Schätzchen, was bedrückte dich?<< die weiche und vertrauensvolle Stimme meiner Mum brachte mich aus dem Konzept.

>>Nichts.<< nuschelte ich und nippte an meinem Wasser ohne sie dabei anzusehen.

>>Eine Mutter bemerkt sofort wenn es ihrem Kind nicht gut geht, also, was ist passiert?<< sie kam einige Schritte auf mich zu und strich mir über den Arm. >>Du kannst mir alles erzählen.<< fügte sie noch hinzu.

>>Mum, ich...<< ich brach ab.

>>Ist es wegen Luke?<<

Und da war er wieder, dieser schmerzende Stich ins Herz. Innerlich zuckte ich zusammen und sah nur noch verschwommen.

Sagen konnte ich nichts. Rein gar nichts.

>>Calum, möchtest du mir vielleicht etwas erzählen?<< ihr durchdringender Blick behagte mir nicht.

>>Vielleicht...<< flüsterte ich.

>>Du magst Luke mehr als ein Freund es tut, oder?<< fragte sie mich. Ihr durchdringender Blick hatte sich in einen undefinierbaren verwandelt.

>>Hasst du mich?<< stellte ich ihr die Gegenfrage und schon wieder merkte ich, wie Tränen in meine Augen brannten. Ich weinte definitiv zu viel.

>>Schätzchen, nein, natürlich nicht! Ich stehe voll und ganz hinter dir, glaub mir, und egal was du tust, ich werde dich unterstützen. Ganz egal wie du dich entscheidest.<< sie nahm mich in den Arm und wie so oft war ich einfach froh, dass ich eine so tolle Mutter hatte.

>>E-er hat mich vergessen.<< schluchzte ich gegen ihre Schulter. Sie strich mir beruhigend über den Rücken. >>Es ist, als hätte ich nie existiert. Das tut so weh, Mum.<< meine Stimme brach und dann weinte ich nur noch.

Jetzt wusste Mum Bescheid. Sie und Mali waren die einzigsten und das war meiner Meinung nach gut so.

Ich hatte nur Angst, dass mein Vater davon erfuhr und mich dann vielleicht abartig und ekelig fand. Ich will nicht sagen, dass er homophob war, nein, auf keinen Fall, ich war halt sein einzigster Sohn und hatte Angst, dass ich ihn enttäuschen würde.

Ich dachte, ich hätte noch Zeit mich mental darauf vorzubereiten aber nein, an diesem Abend noch kam er in mein Zimmer. Wortlos stand er in der Tür und sah mich an.

Wortlos saß ich auf meinem Bett und schrieb an einen neuen Song.

Wortlos kam er zu mir und zog mich in eine wortlose Umarmung.

>>Ich bin so stolz auf dich, Kleiner, du bist so verdammt mutig.<< flüsterte er mir ins Ohr, zog mich noch enger und hielt mich ganz fest.

Ich hatte mit allem gerechnet, damit, dass er mich anschreien würde, mich auslachen würde, mich nicht ernst nehmen würde, mich rausschmeißen würde oder mich sogar schlagen würde, aber stattdessen war er stolz auf mich. Er war stolz auf jemanden wie mich und ich musste mir eingestehen, dass jeder in unserer Familie eine Macke hatte. Sonst wäre er niemals stolz auf einen Niemand wie mich.

Total überrumpelt von seiner Reaktion erwiderte ich die Umarmung erst nach einiger Zeit und dann auch nur leicht.

>>Du bist so mutig, so mutig.<< murmelte er immer und immer wieder.

Ich schluckte. >>Alles ok?<< fragte ich vorsichtig.

Er löste sich und sah mich fürsorglich an.

Eww, es wird leicht kitschig.

>>Ja.<< sagte er ohne dabei aufzuhören mich so komisch anzugucken.

Plötzlich hörte ich Gelächter hinter mir. Ich drehte mich um und sah Mali die lachte und sich an der Wand abstützen musste.

>>Was ist denn mit Dad los? Cal, hast du ihn unter Drogen gesetzt?<< prustete sie und brachte mich zum Grinsen.

>>Nein, ich glaube, er hat gerade eine sentimentale Phase.<< diagnostizierte ich mit gespieltem Ernst und Therapeutenstimme.

>>Und er ist stolz auf mich.<< fügte ich noch grinsend hinzu.

>>Aww, ich bin auch stolz auf meinen schwulen Bruder.<< kicherte sie und umarmte mich.

>>Mali, ich bin nicht schwul!<< sagte ich entrüstet.

Sie verdrehte die Augen und grinste mich dann an. >>Du weißt wie ich das meine.<<

Ich hatte keine Ahnung ob meine Familie mich jetzt mit anderen Augen sah, aber wenigstens stießen sie mich nicht von sich oder fanden mich ekelerregend. Das war doch schon mal was.


Amnesia - or the boy who forget himself ||CakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt