Aber allein, dass er wieder Kontakt zu Taddl aufgenommen hatte, gab ihm schon ein viel besseres Gefühl und er schaffte es sogar noch, an diesem Tag duschen zu gehen.
Als er am nächsten Morgen aufwachte und die fünfte Nacht in Folge kaum geschlafen hatte, erwartete ihn beim Blick aus dem Fenster ein verhangener Himmel, typisch für einen Tag im frühen November. Aufstehen wollte er noch nicht,er fühlte sich total gerädert und musste dringend mal wieder richtig schlafen. Aber es ging nicht, es ging einfach nicht. Die ganze Zeit sah er nur Taddl vor sich.
So holte er sich erst Mal sein Handy mit ins Bett, kuschelte sich wieder in die Decke und checkte dann erst mal alle sozialen Medien nach Neuigkeiten ab. Vielleicht hatten die Lochis ja doch Recht und er war wirklich durchgehend online.
Seit Tagen versuchte er ein neues Bild von Taddl zu erhaschen oder herauszufinden, was er so machte. Doch nichts. Absolut nichts Neues. Nichts auf Twitter, Instagram oder Facebook. Das einzige waren wirklich neue Videos, von den Ardy jedoch wusste, dass sie vorproduziert waren. Na wenigstens lief Taddls Kanal weiter, im Gegensatz zu seinem.
Als er auf Twitter ging und herausfinden wollte, was die Leute wieder so über ihn schrieben und wie sehr sie sich aufregten, weil so lange kein neues Video online gekommen war, bekam er ganz viele seltsame Nachrichten angezeigt. Sie alle wünschten ihm gute Besserung, fragten, wie es ihm gehen würde und sagten, dass sie natürlich vollstes Verständnis dafür hatten, dass keine Videos online kamen, wenn es ihm nicht gut ging.
Stirnrunzelnd scrollte er sich durch die Kommentare und fragte sich, woher die Leute denn die Information hatten, dass es ihm angeblich nicht gut ging, bzw. dass er krank war.
Doch lange musste er nicht suchen, auch wenn er die Antwort dort fand, wo er sie definitiv als letztes erwartet hatte: auf seinem eigenen Youtube-Kanal.
Gestern Abend war ein neues Videos hochgeladen worden, das Thumbnail war nicht besonders aufwändig und einfach nur geziert von einem Bild von Taddl und ihm, wie sie sich am Roadtrip in den Armen hielten und hinter ihnen ein unglaublicher Ausblick auf die unter ihnen liegende Stadt. Zugegeben, es war eines seiner Lieblingsbilder vom ganzen Roadtrip. Es war nie öffentlich gemacht worden, von niemandem. Und das machte es so besonders. Das und die Tatsache, dass Taddl und er sich in den Armen lagen, unter ihnen eine fremde Stadt. Irgendwie hatte das Foto so einen verdammten Symbolcharakter. Sie beide gegen den Rest der Welt.
Doch länger konnte er darüber jetzt nun wirklich nicht nachdenken. Zu groß war seine Neugierde, wer denn bitte einfach ein Video auf seinem Kanal hochgeladen hatte und wieso. Er setzte sich ein wenig auf, ehe er den Play-Button drückte.
Als Taddls Gesicht auf seinem Handybildschirm auftauchte, drückte er instinktiv sofort wieder auf Pause. Natürlich, Taddl. Wer sonst? Sonst hatte niemand die Zugangsdaten zu seinem Konto. Aber Taddl und er hatte sie irgendwann mal ausgetauscht, für Notfälle. Und scheinbar hielt Taddl das für einen Notfall.
Okay, spätestens jetzt war er nervös und setzte sich ganz auf, eher ehe wieder auf Play drückte.
„Jooo Bruuuuudis. Jetzt denkt ihr euch sicherlich: Oh neee, was macht denn diese hässliche Fresse hier auf dem Kanal vom süßen Ardyboy? Aaaaber, ich bin hier sozusagen der Nachrichtenüberbringer. Ihr fragt euch bestimmt schon die ganze Zeit, wieso denn keine neuen Videos auf Ardys Kanal kommen. Aber die Sache ist die... Ardy geht's nicht gut, ziemlich beschissen sogar. Und das ist jetzt natürlich erst mal wichtiger, als neue Videos zu produzieren. Ich hoffe, ihr habt dafür irgendwie Verständnis, dass er gerade nicht den Nerv dazu hat. Aber, Freunde, allzu lang wird es hoffentlich nicht mehr dauern, bis wir unseren Ardy wieder zurück haben - in besserer Form als jemals zuvor. Bis dahin muss ich mich jetzt aber erst mal um meinen Bruder kümmern. Tschau, Leute."
Dann klatschte Taddl auf die Kamera und das Video war beendet. Und sein Herz... oh scheiße, wie konnte es denn plötzlich so schnell klopfen? Die letzten Tage hatte er sich irgendwie so verdammt tot gefühlt, war reglos herumgelegen und hatte nichts, aber wirklich gar nichts getan. Und vor allem hatte er Taddl nicht sehen wollen. Aber jetzt...
Wie sehr er ihn wirklich vermisste, traf ihn gerade mit aller Wucht. Er vermisste ihn als so vieles. Als Mitbewohner, als Freund, als besten Freund und auch noch als etwas mehr. Während er instinktiv die Decke neben ihm etwas fester umklammerte, da wurde er sich auch klar darüber, dass es definitiv mehr weh tat, ihn zu vermissen, als ihn mit jemand anderem zu sehen. So seltsam es auch klang, aber ihn nicht bei sich zu haben, nicht mit ihm reden, lachen und seine Gedanken austauschen zu können, war einfach das Schlimmste.
Voller Hoffnung öffnete er wieder seinen WhatsApp-Chat mit Taddl um zu sehen, ob sein Handy Taddls Antwort vielleicht einfach verschluckt hatte. Doch nichts. Taddl war noch nicht einmal online gewesen.
Hoffentlich machte er sich jetzt nicht mehr so große Sorgen um ihn. Aber Simon hatte ihm mit Sicherheit erzählt, dass er nur bei seiner Mutter war und dass es ihm gut ging. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass er ihn so sehr vermisste, dass es weh tat.
Traurig sah er sich einige alte Fotos auf seinem Handy an. Irgendwelche Bilder, die sie gemeinsam geknipst hatten und die niemals jemand anderes gesehen hatte. Zum Beispiel, als sie versucht hatten zu kochen. Ardy hatte genau dokumentiert, wie sehr sie sich und die Küche voll gekleckert hatten und was für ein erbärmlicher Haufen unappetitlich aussehendes Essen dabei herausgekommen war. Aber sie lachten auf den Fotos und hatten Spaß und Taddl hatte den Arm und seine Schulter gelegt und Ardy hatte sich an ihn gelehnt. Sie sahen einfach so gut aus zusammen.
Gott sei Dank wurde er von seiner Mutter aus seinen Tagträumen gerissen, bevor die noch irgendwie ausarten konnten. Sie klopfte an der Tür, wartete kurz draußen und kam dann in sein Zimmer.
„Ardian, es ist schon halb 12. Wolltest du nicht heute im Garten etwas Ordnung machen?"
Oh fuck, richtig. Seine Mutter hatte zwar heute frei, würde aber abends zu ihrer Freundin fahren und dort das Wochenende verbringen. Da hatte er ihr gestern beim Abendessen versprochen, den Garten noch etwas in Ordnung zu bringen, bevor sie weg fuhr.
Mit einer Entschuldigung krabbelte er aus dem Bett, sah sich noch ein letztes Mal ihr gemeinsames Selfie von ihrer Kocheskapade an, bevor er den Bildschirm ausschaltete und sein Handy achtlos wieder in sein Bett warf.
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T zu dem Ardy
FanfictionKöln. Es sollte die Zeit ihres Lebens werden. Eine neue Stadt, eine neue Wohnung, eine gemeinsame Wohnung. Eine gemeinsame Zukunft mit den geilsten Menschen, die er sich vorstellen konnte. Und vor allem mit Taddl. Zumindest hatte er das geglaubt. Do...