2. Strangers

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Ich ließ mich in den Stuhl fallen und begann gedankenverloren in meinen Skizzenblock zu kritzeln.

Ich zeichnete wirklich für mein Leben gern. Am liebsten im Comic- oder Zeichentrickstil manchmal jedoch wurden es auch Porträts. Natürlich nie von Leuten die ich wirklich kannte, diese Personen entsprangen meiner Fantasie, so wie auch alles andere.

Nach den ersten Strichen erkannte ich es, er würde es werden, mal wieder. Seit Monaten zeichnete ich immer mal wieder dieses Gesicht. Ich wusste nicht warum, es geschah einfach unbewusst. Mir selbst fiel es auch erst auf als meine kleine Schwester mich fragte ob dies mein Freund sei. Anfangs lachte ich, doch als auch ich mir sicher war, dass es eindeutig immer dieselbe Person war, wurde mir etwas mulmig zumute.

Dieses Bild ereilte nun dasselbe Schicksaal wie schon unzählige vor ihm. Es wurde zerknüllt und eigentlich wollte ich es in den Papierkorb werfen. Wie gesagt, eigentlich...

Nur musste ich zugeben wirklich zielsicher war ich noch nie gewesen und so traf ich natürlich nicht wie gewollt in den Papierkorb, nein. Ich traf Finn.
Na super, das würde ein Spaß werden.

Sofort wurde ich mit in den chaotischen Papierfliegerkrieg hineingezogen und bekam selbst etliche Papierflieger ab. Dabei wollte ich doch nur meine Ruhe haben, aber ich musste schon zugeben, dass es irgendwie Spaß machte und als immer mehr Schüler mitmachten, fühlte ich mich zum ersten Mal wirklich wohl in der Klasse. Ich gehörte seit langem mal wieder dazu, zumindest irgendwie.

Prinzessin Fay war so was natürlich viel zu kindisch, genervt verleierte sie die Augen und warf ihr blondes Haar zurück. Tja, jedem das seine.

Wir benahmen uns zwar alle nicht wirklich altersgerecht, dennoch interessierte das keinen und wir hatten einfach unseren Spaß und lachten, jedenfalls bis ich das schallende Geräusch hoher Absätze im Flur vernahm. Na die wird sich freuen.

Da ich die anderen, die anscheinend nichts davon mitbekamen, aber nicht ins offene Messer laufen lassen wollte, wusste ich mir nicht anders zu helfen als einmal laut über die Finger zu pfeifen.

Sofort war es still und alle Augen waren auf mich gerichtet. Einige musterten mich von oben bis unten, als überlegten sie ob sie mich kennen sollten. Da war es wieder, das Gefühl 'die Neue' zu sein.

Ich war sicher, dass alles was ich nun sagen würde bescheuert geklungen hätte. Was sollte man in so einem Moment auch sagen 'Gürteltier im Anmarsch' oder 'Lehrer!' erschein mir nicht gerade originell.

Zu meinem Glück aber verstanden die anderen nach einer Weile trotzdem was ich meinte, als auch sie das Klacken hörten.

Nach und nach setzten sie sich alle und taten, als wären sie ganz vertieft in ihre Bücher. Gerade als auch ich mich setzte ging die Tür auf. Ich grinste beim Betrachten unseres 'Werkes'.

Die Reaktion von Gürteltier konnten wir uns schon jetzt ganz genau ausmalen und 3,2,1...

„WAS IST DAS?! Es kann ja wohl nicht sein, da ist man mal 5 Minuten weg, denkt ihr seid alt genug auch mal allein zu sein, schließlich haben sie nun schon alle fast 17 Jahre auf dieser Welt verbracht, aber nein. Die Kinderchen müssen mal wieder Flugzeuge bauen und sich gegenseitig abschießen.", hörte ich sie meckern.

Ich sah mich in der Klasse um, auch die anderen grinsten oder kicherten leise. Tobi konnte sich vor Lachen kaum halten.

Ich hörte wie sie energisch die Tür schloss, oder besser knallte und mit schnellen Schritten durch den Raum ging. Sie sagte kein Wort mehr. Das war ungewöhnlich, normalerweise ließ sie sich noch eine gute halbe Stunde über uns 'Kinder' aus, heute wäre das sogar angebracht. Man sah kaum mehr den Boden, überall Papier.

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