22. Threat

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Die Gesichter meiner Familie? Unbeschreiblich.

May stand nun direkt vor Kieran auf dem Weg und ihr Mund formte sich zu einem kleinen 'o'. Sie hatte ihn zwar bereits gesehen, aber sicher nicht erwartet ihn bei ihrer Rückkehr aus unserem Haus watscheln zu sehen.

Meine Ma ließ beim Starren erst einmal ihre Handtasche fallen, sehr peinlich. Danke.

Und mein Pa... Ja, wie zu erwarten war, fiel ihm alles aus dem Gesicht. Seine Tochter mit einem fremden, gutaussehenden, Jungen, unbeaufsichtigt in seinem Haus und das auch noch während er abwesend war. Das gibt's doch gar nicht.

Kieran zeigte sich überraschend nett? Er bückte sich zu May hinab und streckte ihr freundlich eine Hand aus.

"Ich bin Kieran. Wir hatten letztes Mal ja keine Chance uns vor zu stellen.", meine ich zu verstehen.

Ich ging etwas näher und fing nebenbei den Blick meines Pa's auf, enttäuscht, verärgert. Das hätte noch Konsequenzen.

May schien, das alles nicht ganz so geheuer, denn sie gab ihm nur zögerlich die Hand und als sie antwortete, hielt ich kurz die Luft an.

"Jedenfalls keine lebendig gewordene Kritzelei."

Dann ballte sie die Hände zu kleinen Fäusten und stapfte trotzig an ihm vorbei auf mich zu. Ich kicherte nur und hielt mir die Hand vor den Mund, in der Hoffnung es so wenigstens etwas zu verbergen.

Meine Ma fand, dies jedoch nicht so witzig, überhaupt nicht. Zumal niemand außer mir und May den Sinn dahinter verstand.

Sie eilte zu Kieren, der May noch verwirrt nachblickte.

"Tut mir schrecklich leid. Sonst ist sie nie so." Lächelnd reichte sie ihm die Hand. "Kathrin Thompson, Winter's Mutter."

Kieran setzte ein Lächeln auf, welches meine Ma sogleich dahin schmelzen ließ. So, ich denke, sie hat ihren Traumschwiegersohn erwählt.

"Kieran, Kieran Grave. Freut mich sehr.", erwiderte er höfflich.

Ich war sicher meine Ma bastelte sich jetzt meinen zukünftigen Namen zusammen und plante bereits die Hochzeit. Diese Frau macht mich fertig.

Kieran schien kurz mit meiner Ma zu plaudern und ging dann weiter, um sich ebenfalls meinem Vater zu stellen. Dieser starrte nur bedrohlich auf ihn hinab, dann reichte auch er Kieran die Hand. Meine Mutter ging zu ihnen und auch ich sollte anscheinend kommen.

Zu meinem Glück entschuldigte sich Kieran, dass er nun leider gehen müsse. Woraufhin meine Ma ihn zum Essen einlud, natürlich. Mein Pa zeigte sein Missfallen mehr als deutlich in seinem Gesichtsausdruck und spiegelte damit auch mein Denken wieder. Glücklicherweise lehnte Kieran dankend ab. Das hätte mir wirklich den Rest gegeben.

"Dann ein anderen Mal.", antwortete meine Ma fröhlich.

Danach verließ er endlich das Grundstück, jedoch nicht ohne mir noch einmal zu zuzwinkern. Wir alle sahen ihm gebannt nach, alle aus verschiedenen Gründen.

Mein Vater strafte ihn mit Todesblick, meine Mutter schien die Anzuggröße zu schätzen, May verglich ihn sicher immer noch mit den Bildern und ich war einfach fassungslos.

Schnell verschwand ich im Haus, um den Fragen zu entgehen. Doch ich wusste, dass das nicht funktionieren würde.

In gut 10 Minuten hätte ich endlich Schulschluss. Es war die reinste Quälerei heute Morgen aufzustehen und ich war dennoch mehr als müde. Fay hatte versucht mich etwas aufzuputschen, jedoch erfolglos.

Zu lange gab es gestern Diskussionen und sie haben mich wirklich nochmal durch DAS Gespräch geschickt. Ich bin 17, da ist das wirklich mehr als unnötig, doch meine Eltern ließen nicht mit sich reden.

Da sich dadurch alles nach hinten verschob, stieg ich erst viel zu spät unter die Dusche. Meine Haare brauchten ewig zum Trocknen und ich hatte somit viel zu wenig Schlaf.

Aber ich musste in die Schule.

Kieran hatte den gestrigen Tag nicht mehr erwähnt und auch ich war nicht besonders scharf darauf, noch einmal darüber zu reden.

Dann klingelte es, endlich. Ich verließ zusammen mit Fay den Raum, kurz drehte ich mich noch nach Kieran um und sah wie Sam mit ihm plauderte. Ich fing seinen Blick auf und er schaute mich nur entschuldigend an.

Mir war es nur Recht, müsste ich mir wenigstens nur für Fay eine Ausrede überlegen, denn ich wollte Ace noch einen Besuch abstatten.

"Ich müsste noch in der Bibliothek etwas nachschauen.", setzte ich an und wusste immer noch nicht, was zu sagen.

"Oh. Ist es sehr schlimm, wenn ich dich alleine lasse? Meine Mutter wartet draußen.", meinte sie und sah mich betrübt an.

Ich lächelte und machte eine wegwerfende Handbewegung: "Nein, wirklich nicht. Wir sehen uns dann Morgen."

Das schien sie zu erleichtern und fröhlich schritt sie zum Tor hinaus, während ich die Treppen nach oben nahm. Ich beeilte mich, nicht dass Kieran mich doch noch sah. Als ich in den richtigen Gang einbog, stutzte ich. Die Tür stand speerangelweit offen, ungewöhnlich. Zwar im Allgemeinen nichts Besonderes, aber es gab mir kein allzu gutes Gefühl.

So würde ich Ace und Warro sicher nicht antreffen.

Zögernd ging ich weiter und setzte letztendlich den ersten Schritt über die Türschwelle. Der Boden knarzte als ich eintrat.

Mein Blick flog durch den Raum und langsam schritt ich die Gänge entlang. Nein, ich war allein.

Die Tür fiel ins Schloss, doch ich ließ mich davon nicht weiter beirren. So könnte ich wenigstens das Buch noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Sicher hatte ich es dort nicht abgestellt, aber es zog mich förmlich in einen der vorderen Gänge. Ich ging meinem Drang nach und bog in den kleinen Nebengang ein.

Die Einbände der Bücher erzählten über Heilkunde und verschiedenste Kräuter. Ähnlich wie die Bücher, die Warro letztens durchsucht hatte.

Ein Schleifen auf dem Boden und urplötzlich fühlte ich mich beobachtet. Ich sah mich erneut um und meine einen Schatten hinter einem der Regale erkennen zu können.

Im Allgemeinen nichts Ungewöhnliches und dennoch hob er sich von den anderen ab. Nach einem blinzeln war er verschwunden.

Ein schneidendes Geräusch, direkt neben meinem Ohr und noch ehe ich es realisierte schlug ein Pfeil in ein nahestehendes Regal ein. Nicht schon wieder.

Ich wirbelte herum und traute meinen Augen nicht.

Anfangs war nicht viel zu erkennen, bis auf ein schwarz-weißes Knäul. Aber bei genauerem Hinsehen, erkannte ich Ace und eine Person, gehüllt in einen schwarzen Umhang. Ein Bogen lag kurz neben ihnen und die Pfeile waren überall verstreut. Sie schienen beim Kampf aus dem Köcher gefallen zu sein.

Ace riss den Umhang ab und zum Vorschein, kam ein junger Mann. Er hätte schön sein können, nein, er war es immer noch, trotz der vielen Narben in seinem Gesicht. Er trug nun noch dunkelgrüne Kleidung und hohe schwarze Stiefel, geziert mit vielen Schnörkeln und Mustern. So lief doch niemand mehr rum.

Der Mann rappelte sich auf und gewann Abstand zu Ace, seine Augen fanden kurz meine. Darin sah ich Verachtung, nichts weiter. Er hasste mich, warum auch immer.

Da realisierte ich erst das Offensichtliche. Er hatte mich töten wollen. Dieser Pfeil war für mich bestimmt und ohne Ace hätte er sein Ziel gefunden.

So jemand würde nicht allein kommen. Ich musste etwas unternehmen, uns in Sicherheit bringen.

Irgendwie.
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So da sieht man sich wieder.
Ich hoffe 2016 verlief für euch gut bisher.
Ich habe leider Donnerstag wieder Schule. Mathe... 12 Stunden. Wir hätten eigentlich Projekttage, aber wegen so vieler Fehlstunden der Lehrerin...
Naja, man sieht sich. Viel Spaß noch auf Wattpad ;)

eure stieli_29







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