5. Dreamer

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Ich schlug die Augen auf, als ich das laute Surren der Schulklingel vernahm. Ich schreckte hoch und sah mich verwirrt um.

"Hatschi!", begann ich, nicht das schon wieder. Nach einer Niesattacke, die gefühlte Stunden anhielt, analysierte ich die derzeitige Lage der Dinge.

Ich war immer noch in der Bibliothek. Weshalb aber saß ich wieder auf einem der Stühle in der hinteren Ecke und dann auch noch auf einem mit gut 10cm Staub? War ich nicht eben noch...? Ja, wo war ich eigentlich eben noch?

Fragen über Fragen.

Ich strich über meine Wange, da diese etwas schmerzte. Hatte ich aber auch doof gelegen. Warte! Ich hatte gelegen...

Hatte ich etwa geschlafen? Ausgeruht fühlte ich mich dennoch nicht. Ich sah mich um und suchte nach etwas, wonach wusste ich gerade selbst nicht. Lagen die Bücher vorhin auch schon so verstreut auf dem Boden? Mir war es nicht aufgefallen.

Bei dem Gedanken an Bücher fiel mir etwas ein, das Buch. Es lag nicht mehr bei mir auf dem Tisch.

Da kam sie zurück, die Erinnerung und riss mich mit voller Wucht mit sich. Das seltsame Buch, das Geräusch, ich sprintete, Fenrir, Gnom, Ace, Warro, Filmriss. War es letztendlich doch alles nur ein Traum gewesen?

Ich meine, alles sah aus wie vorher, bis auf die Bücher, die könnte ich aber auch einfach übersehen haben. Niemand schien hier zu sein, ich hatte bis eben, den Kopf auf den verschränkten Armen gebettet, auf dem Tisch gelegen und anscheinend geschlafen. Ich rieb mir die Augen und streckte mich ausgiebig. Irgendetwas in meinem Rücken knackte und ich fühlte mich automatisch besser.

Alles deutete darauf hin, dass ich einfach nur einen lebhaften Traum gehabt hatte. Ganz davon abgesehen war die Vorstellung, dass das was ich soeben gesehen hatte real war, einfach absurd.

Ich war einfach übermüdet gewesen, bin hier beim Lesen eingeschlafen und hatte einen, sagen wir, interessanten Traum gehabt. Das Buch hatte ich wahrscheinlich schon längst ins Regal zurückgestellt.

So war es zu 100%, bestätigte ich mir selbst.

Erschöpft warf ich mir die Jacke über und beschloss nach Hause zugehen. Mit dem Fuß schob ich den Stuhl, der dank meines Po's nicht mehr ganz so staubig war, wieder auf seinen Platz und griff eilig nach meiner Tasche.

'Alles nur ein Traum.', dieser Satz ging mir immer und immer wieder durch den Kopf.

Ich ließ die Bibliothek und alles andere hinter mir und machte mich auf den Weg nach Hause.

Mein Kopf war wie leer gefegt. Selbst im sonst so unheimlichen Schulhaus, drehte ich mich kein einziges Mal um. Im Bus blickte ich starr aus dem Fenster und auf den letzten Schritten nach Hause zog ich es vor nur auf meine Füße, anstatt meine Umwelt, zu achten.

Ich weiß es nicht zu beschreiben. Ich stand schlicht und einfach vollkommen neben mir.

Endlich zu Hause angekommen, kramte ich mein riesiges Schlüsselbund aus der Tasche. Meine Mutter meinte immer, ich könne es zur Selbstverteidigung nutzen und im Notfall jemanden damit erschlagen.

Wahrscheinlich würde es wirklich funktionieren, bestimmt besser als Pfefferspray. Es war einfach eine Ansammlung von Schlüsselanhängern aller Art und an diesem ganzen Sammelsurium hingen nur 3 Schlüssel. Einer davon war eigentlich längst überflüssig.

Mit einem Seufzen schloss ich die Tür auf und betrat das Haus.

Die Schuhe meiner Mutter standen bereits im Flur, mein Vater würde wahrscheinlich in gut einer Stunde heimkommen und meine Schwester war noch auf einem Kindergeburtstag.

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