35. What's going on?

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"Kieran!", kreischte ich hysterisch und hielt ihm meine Hand direkt vors Gesicht.

In meinem Gesicht musste sich pures Entsetzen abzeichnen, wohingegen seine Lippen ein Schmunzeln zu umspielen schien. Abwartend sah ich ihn an.

"Tut mir leid, dass hätte ich dir vielleicht vorher erklären sollen. Warte kurz.", erwiderte er ruhig und schloss seine Hände um die meine.

Eine eisige Kälte schoss durch meine Finger, als würde das Feuer darin erfrieren. Die Ranken schienen blasser, zogen sich zurück. Ein letztes grelles Aufflackern, bis das Licht erlosch.
Nun kam mir alles wie ein Traum vor, als hätte ich mir das nur eingebildet.

Vorsichtig entzog ich ihm meine Hand und strich mit der Anderen darüber. Realisierte immer noch nicht ganz, was da eben passiert ist. Langsam hob ich meinen Kopf, um Kieran anzusehen.

"Erklär mir das.", forderte ich ihn kaum hörbar auf.

"Das ist nicht ganz so leicht.", antwortete er, wich mir aber nicht aus. "Du hast dich einfach noch nicht ganz unter Kontrolle und als du mich berührt hast, ist sozusagen..."

Entschuldigend lächelte er mich an. Ich verstand nur Bahnhof.

"Lass uns zum Auto und ich erklär dir dann alles. Okay?", machte er einen anderen Vorschlag und ging 3 Schritte voraus, bis er sich erneut umdrehte und mir die Hand entgegenstreckte.

Unfähig zu antworten, ging ich auf ihn zu und ergriff unsicher seine Hand. Ich war definitiv angespannter als noch zuvor. Unter keinen Umständen wollte ich, dass das was auch immer eben passiert war, sich wiederholte.

Zum Glück erreichten wir, besser gesagt ich, entgegen meiner vorherigen Erwartungen unbeschadet Kierans Auto.

Schnell stiegen wir ein und ich rieb mir die Hände. Mir war gar nicht aufgefallen, wie kalt es draußen gewesen war.
Kieran schmiss den Motor an und das Auto heizte sich ziemlich schnell auf. Zufrieden streifte ich meine Schuhe ab und kuschelte mich auf dem Sitz zusammen.

Kurz bevor ich einschlief, ließ mich Kierans Stimme wieder aufsehen: "Am Sonntag, als du..."

"Als ich plötzlich in der Luft herumgeschwebt bin.", vervollständigte ich seinen Satz.

Er nickte nur und fuhr dann fort: "Da ist sozusagen die Magie in dir erwacht."

"Die WAS?!", rief ich entsetzt und schrak sofort aus meiner Komfort-Haltung auf.

"Naja die Magie, der Grund weshalb du nun auch das Buch lesen kannst." Kieran blieb die ganze Zeit über ruhig, wandte die Augen keine Sekunde von der Straße. "Und eben hat sich das noch einmal geäußert."

"Du willst mir doch jetzt nicht ernsthaft erzählen, dass... dass..." Sprachlos fuchtelte ich mit den Händen in der Luft herum. Als wenn das Ganze ohnehin bereits schlimm genug gewesen war.

"Doch das will ich." Er schien kurz durch zu atmen. "Es ist auch nicht weiter schlimm. Das ist nur eine Art..."

"Nicht weiter schlimm?", fragte ich ihn aufgeregt. Ich wusste die Gefühle, die in mir tobten kaum noch zu beschreiben. Mein bisheriges Bild von mir und der Welt war einfach vollkommen ruiniert.

Meine Gedanken liefen wieder und wieder im Kreis. Ich war völlig fertig.

"Lass es mich doch erst einmal erklären. Okay?", fragte er und warf mir einen flehenden Seitenblick zu.
Stumm nickte ich.

"Wir wissen es selbst nicht so genau, aber..." Ich verkniff mir die Frage, wer 'wir' genau waren. "Wir denken, dass das Erwachen deiner Magie, keinerlei weitere Fähigkeiten mit sich bringt. Du bist jetzt nur mit dem Buch verbunden und mehr oder weniger mit mir."

Kieran machte eine kleine Atempause, dann sprach er weiter: "Ich denke du hast die Ranken vorhin gesehen, die sich am Anfang deutlich auf deiner Hand abzeichneten. Es sind sozusagen Adern. Durch sie fließt die Magie in dir. Es wird nur sichtbar, wenn du dich besonders wohl fühlst. Das und der Fakt, dass deine Magie in meiner Nähe stärker ist, haben wohl dazu geführt, dass..."

"Meine Hand zu einer Taschenlampe wurde.", vervollständigte ich seine Ausführung und hielt mir die Hände vor die Augen.

Ich rieb darüber, in der Hoffnung endlich aufzuwachen. Kieran schluckte deutlich hörbar.

"Was hab ich mit dem Ganzen zu tun? Es muss doch irgendeinen Grund dafür geben, dass ich... Warum ich?", erkundigte ich mich verzweifelt. Meine Stimme zitterte wie Espenlaub.

Das Auto und alles andere wurden mir gerade einfach zu eng. Die Luft wurde schier aus meiner Lunge gepresst, nur kam egal wie schnell ich atmete einfach nicht genug dazu.

"Ich weiß es nicht. Ich schätze, wir hatten es einfach schon immer in uns."

Das Kieran weiterhin so ruhig blieb, schien mir in irgendeiner Hinsicht Halt zu geben, es beruhigte mich, irgendwie.
Es wurde still im Auto, doch es war mir auch ganz Recht so. Ich brauchte meinen Raum zum Nachdenken.

Ich wandte mich von Kieran ab und richtete den Blick auf die Straße vor uns. Etwas Ablenkung konnte nicht schaden. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie lange wir noch fahren würden.

Schnell gab ich es auf, irgendwelche bekannten Punkte in der Gegend zu suchen und beschloss, dass sicher noch genug Zeit für ein bisschen Schlaf war.

So schloss ich die Augen und fand mich vor Müdigkeit augenblicklich in einer anderen Welt wieder. Nur war sie nicht halb so friedlich, wie ich gedacht hatte.

Mit verbittertem Ausdruck im Gesicht sah er auf mich hinab. Mein Schicksal war besiegelt. Ich würde sterben und er genoss mein Leid.

Lang genug hatte er auf diesen Moment gewartet, der Verbitterung wich leichte Genugtuung, als er die Schwertspitze fester an meine Brust drängte.

Ich traute mich kaum noch zu atmen.

Es gab keinen Ausweg mehr, niemanden der mir in dieser Situation helfen konnte. Jeder war auf sich allein gestellt, kämpfte seinen eigenen Kampf. So sollte ich auch den meinen Kämpfen. Für die Freunde die ich einst verlor, hatte ich Rache geschworen.

Ich trat einen winzigen Schritt weiter nach vorn. Die Klinge drängte sich in meine Brust, Blut quoll hervor.

Ich hatte Frieden mit mir geschlossen, doch wenn ich starb, würde er mitkommen müssen. Ein Feuer in mir entfachte.

Die Welt wurde erschüttert. Ich riss die Augen auf.

Mein Kopf wurde nach vorn geworfen, als der Gurt, quer über meiner Brust, mich in den Sitz drängte. Die Airbags schienen aufgegangen zu sein und versperrten mir jegliche Sicht. Mein gesamter Körper fühlte sich betäubt an. Ich schien jeden Muskel darin zu spüren.

Ein schreckliches Heulen erklang, nicht wie von einem Menschen, doch was auch immer es war, litt.

Geschockt drehte ich den Kopf, sah direkt in Kierans weit aufgerissene Augen. Ich tastete nach dem Türgriff und wollte mich geistesgegenwärtig aus dem Auto drängen, doch Kieran griff nach meinem Handgelenk und hielt mich zurück.

Fragend sah ich ihn an, doch er schüttelte nur den Kopf. Er griff an mir vorbei und schloss meine Tür, öffnete aber kurz darauf seine. Was sollte jetzt der Müll?

Eine Nummer aller 'Du bist ein Mädchen. Du erträgst den Anblick eines angefahrenen Rehs nicht.'? Das konnte er vergessen.

Ohne weiter darüber nach zu denken, schwang meine Autotür wieder auf und ich stolperte hinaus. Auf der anderen Seite fing ich Kierans entsetzten Gesichtsausdruck auf, als ich dann langsam nach vorn sah.

Vor dem Auto lag etwas, das wesentlich größer war als ein einfaches Reh. Langsam ging ich einen Schritt darauf zu und hätte heulen können, als ich das zerstörte Auto sah.
Doch noch viel heftiger war das, was ich nun im Scheinwerferlicht erblickte.

Ein Tier, das auch am Boden liegend noch riesig erschien, mit dem Körper eines Löwen, dem Kopf eines Adlers und dem Schweif einer Schlange.

Ich erstarrte in meiner Bewegung.
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What's going on here? Ich weiß selbst nicht was ich da grade in Gang gebracht habe XD

eure stieli_29





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