Part 12 ~ Verraten

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Newt pov

Ich schrie wie ein kleines Mädchen, strampelte wie ein junger Hund, verdrehte die Augen um einen letzten Blick auf sie werfen zu können. Wie ein Verrückter. Ich verteilte Bisse als wäre ich tollwütig. Doch nichts davon half. Die Schutzwesten ließen meine Zähne nicht durch, ich schrie vergebens. Die Männer trugen mich fort, fort von ihr, fort von meinem Leben.
"Nein!", brüllte ich unzählige Male. Sie schienen mich gar nicht zu hören, trugen mich nur immer weiter weg, einer zog an meinem linken Bein, der andere an meinem rechten Arm. Ich spürte den Schmerz, aber eigentlich war alles unter einen großen, durchsichtigen Glaskuppel verschlossen und ich war als Einziger draußen. Meine Schmerzen waren drinnen, meine Gedanken und Enja. Ich konnte nichts denken. Nur Nein und Enja hallte es manchmal durch meinen wie leergefegten Kopf. "Lasst mich runter!", schrie ich und fast war ich überrascht. Ich hatte bis eben nichts denken können. Jetzt brach es unaufhaltsam über mir zusammen. Enja war nicht in Sicherheit, W.I.C.K.E.D hatte die Cranks besiegt, uns alle eingefangen, mich, Thomas - Moment. Wo war Thomas? Hektisch sah ich mich um so weit die Männer es mir erlaubten. "Wenn es nicht klappt, Newt, dann musst du mir etwas versprechen", hatte Thomas heute Mittag zu mir gesagt und ich hatte genickt. "Ich zieh mir den Schuh an, Thomas", hatte ich ihm versichert. Und das ließ er mich jetzt machen. Er ließ mich mir den Schuh und hielt sich selbst da raus. Ich hatte es ihm versprochen. Ohne es verhindern zu können fühlte ich auf einmal eine unbändige Wut in mir aufsteigen. Auf Thomas, weil er mich im Stich ließ, jetzt, wo ich ihn am meisten brauchte. Auf W.I.C.K.E.D natürlich, doch an erster Stelle ärgerte ich mich über mich selbst. Ich hatte sie alle in Gefahr gebracht, der Wahrscheinlichkeit, dass sie alle sterben würden, zum Trotz, Enja inklusive. Schlaff ließ ich meine Arm hinunterhängen. Ich konnte ja nichts ausrichten. Ich war zu schwach, zu klein, zu... ja, was war eigentlich?
Früher hatte meine Mutter mir immer erzählte, dass zum Erwachsenwerden die Fragen dazugehörten. Dass man nicht wusste, wer man war, dass man auf ein und dieselbe Frage zwei vollkommen unterschiedliche Antworten wusste, dass man sich selbst nicht mehr trauen konnte. Konnte ich mir trauen? Konnte, durfte ich mir zutrauen, mich aus diesem Schlammassel, in das ich mich selbst hineingeführt hatte,  herauszuholen? Nur um meiner Selbst willen, durfte ich das? Durfte ich Enja und Thomas und Chris und all die Anderen allein lassen? Konnte ich das tun?
Mein Schrei gellte lauter und heller als die Vorherigen durch die Räume. Meine Wirbelsäule bog sich durch, als ich mich aufbäumte und dem Mann der ununterbrochen an meinem Fuß zog meine Faust in die Nase schmetterte. Etwas in mir zerbrach, meine Finger gaben ein hässlich knackendes Geräusch von sich, ich schlug, trat heftiger, rannte und fühlte mich halbwegs sicher. Natürlich hörte ich Schritte hinter mir. Sie waren hartnäckig und wenn W.I.C.K.E.D eins nicht zuließ dann war das nicht die Zerstörung der Welt durch eine grausame Krankheit, sondern jemanden entkommen zu lassen. Erst recht niemanden, der beinahe viele andere hatte entkommen lassen.

Thomas pov

Das Gesicht. Die Fratze. Das Blut, die Hautfetzen, alles war so grausam. Ich wollte einfach nur jetzt sterben, einfach nur jetzt. Weg von alledem. Doch der Crank ließ es nicht zu. Er hatte wohl noch ein Gehirn und vielleicht konnte er sich daran, dass er in seinem alten Leben ein Sadist gewesen war. Selbst wenn nicht, jetzt war er einer. Ich lag reglos am Boden und ließ das rote Blut aus meinem Körper laufen. Ich schrie nicht. Ich wollte dass er mich killte. Meine Güte, er war ein Crank! Cranks waren bekannt für ihre verdammte Grausamkeit, warum konnte er es nicht schneller machen? Einfach seine Klauen auf mein Herz setzen, drücken, es mir herausreißen, meinem verlogenen Leben ein Ende machen.
Im Nachhinein wusste ich nicht einmal, warum ich Newt unbedingt hatte helfen wollen. Ava Paige, ihr Institut, sie alle hatten mich gerettet als ich noch zu klein gewesen war, um zu begreifen, dass ich nichts dagegen tun konnte, dass sie sterben würde. Ich versuchte, mir meine in der Erinnerung verschwommene Mutter als ein Crank vorzustellen; es wollte mir nicht gelingen.
Der scharfe Schmerz in meiner Seite holte mich wieder in die Realität zurück. Mein Blick erfasste ein Stück verschrumpelte Haut, im Hintergrund... war das ein Mensch? Ein Mensch in einer grauen Schutzweste über einem weißen Kittel. Es konnte doch nicht sein. Das da in ihrer Hand konnte doch unmöglich...
Wollte sie mich umbringen oder doch lieber den Crank?
Sie wollte den Crank.
Die Kugel verfehlte ihr Ziel um einige Zentimeter und erwischte die zerfetzte Haut des Cranks nur an der Seite. Eine ruckartige Wellenbewegung ging durch seinen Körper, als er sich umdrehte und mit einem Satz auf Ava zusprang.
"Stopp!", rief ich. Ich wusste, es war falsch, doch ich konnte nichts dagegen tun. Ava Paige war etwas wie meine Mutter geworden und ich musste sie beschützen. Naja, Mutter war übertrieben, dafür war sie viel zu distanziert, aber sie war meine und Teresas Beschützerin. Ich sprang auch und hechtete auf die Tür zu. Ich warf mich auf den glitschigen Crank und riss an dem erstbesten Hautfetzen. Das Wesen brüllte vor Schmerzen laut auf, ein Knall ertönte, dann fiel der Crank und mir wurde bewusst, was ich getan hatte. Gerade eben, jetzt hatte ich Newt verraten. Ich hatte gehandelt, als wäre ich überrascht worden, ich hatte für W.I.C.K.E.D gehandelt. Ava Paige war zum ersten mal in ihrem Leben sprachlos.
"Thomas", brachte sie irgendwann hervor. "Du hast mich gerade... du hast mir das Leben gerettet...!"
"Exakt", stimmte ich ihr zu, richtete mich zu voller Größe auf und entschied mich dafür.
Im Rahmen jemand, direkt hinter Ava. Als ich erkannte, wer es war, war es bereits zu spät.

Newt pov

Ich beschleunigte meine Schritte ohne mich noch einmal umzudrehen. Thomas hatte mich eben verraten, doch vorher hatte er mich eingeweiht. Du gehst einfach den Gang runter nach rechts bis du zu einer großen Doppelflügeltür kommst. Sie ist mit gelbem Klebeband gekennzeichnet, also nicht zu übersehen. Wenn du durch die Tür bist, gelangst du in den Kern der Sicherungskameras. Die kannst du umgehen, indem du in Form der Initialen von Ava Paige gehst, das ist ein bisschen kompliziert, aber wir hoffen ja auch, dass es nicht nötig sein wird.
Was dachten die sich eigentlich bei ihren blöden Sicherungssystemen? In den Initialen der Anführerin gehen?!? Was, wenn ich sie zu klein oder zu groß ging? Dann war ich verloren, beantwortete ich mir meine eigene Frage. Wenn ich hier stehen bliebe, wäre ich auch verloren. Es war also egal.
Die Initialen passten, irgendwie. Von hier war es einfach, denn wie jedes von Thomas' Worten brannten auch diese wie Feuer in meinem Innern. Zwanzig Sekunden, noch immer Schritte hinter mir. Ich tastete nach einer Waffe in meinen Taschen. Da war Enjas Engel. Und Thomas' Pistole von vor einigen Tagen. Mit einer der letzten Patronen feuerte ich an die Decke und hörte gleichzeitig einen Schuss aus der Richtung, in die ich wollte. Ohne zu kontrollieren ob es  funktioniert hatte, rannte ich  weiter. Der Lärm hinter mir war Beweis genug.
Im Türrahmen stand Ava Paige. Ich erkannte sie ohne irgendwelche Mühe, auch von hinten. Ich krallte meine Hand um den Griff der Pistole und zog sie ihr über den Kopf. Dann sprang jemand auf mich zu und es wurde schwarz.

Thomas pov

Die Soldaten trugen Newt fort und kümmerten sich um Ava. Ich hielt mich eisen an einem Rohr fest. Um Newt zu retten, hätte ich alles getan. Zumindest hatte ich das angenommen. Jetzt hatte ich ihn verraten.

Hallo People!
Sorry für die vielen Sichtwechsel, aber ich wollte unbedingt den Satz mit einbringen, deshalb...
Eine Freundin hat mir mal gesagt, dass ich gut mit Worten umgehen kann. Ich hoffe, dass sie nicht enttäuscht wäre und widme diesen Teil also ihr.

Für, dich Jacquo.

Tja, danke für über 250 views (das ist ein viertel auf dem Weg zur Tausend!!!) und so weiter... Fehler und Verbesserungsvorschläge gerne immer melden, schlaft schön, guten Morgen und gute Nacht! :)  


Newt: Way Home Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt