Part 2 ~ W.I.C.K.E.D

1K 51 5
                                    

"Bleib mal ruhig", sagte ich. "Nicht bewegen." Erschrocken hob Enja den Kopf. "Nicht bewegen" wiederholte ich. "Dreh dich auf keinen Fall um."
Enja drehte sich schneller um als dass ich sie hätte aufhalten können. Während ich ihren Namen brüllte stürmte sie die Treppe hinauf, ich ihr hinterher. "Enja!", schrie ich immer wieder und kam mir dabei vor wie ein Kleinkind. Abrupt blieb sie stehen, als wir vor ihrer Tür angekommen waren. "Glaubst du, dass sie da... dass sie da drin sind?"
"Keine Ahnung." Ich zuckte die Schultern, drückte die Klinke hinunter und stand im Traum eines jeden Mädchens. Enjas Zimmer war riesig und rosa und voller Geräte, wie beispielsweise mehrere Kwams, Lesegeräte mit Tageslichtfunktion und Rotlicht-Apparaturen. Eine Seite des Zimmers war verglast und das Bild, das sich dahinter bot, war mehr als furchteinflößend.
"Newt", sagte Enja und ich war erstaunt, wie ruhig sie klang. "Wir müssen sie wenigstens warnen. Wir dürfen, wir können nicht zulassen, dass sie alles zerstören. Ich will nicht auf Kosten dieser Seelen leben. Geh wohin du willst, aber ich werde sie nicht im Stich lassen." Sie bückte sich und hob ein schwarzes, metallenes Ding auf. Ich starrte sie nur an. Das Ding war eine Pistole und sie schickte sich an, sie zu laden. Ich trat einen Schritt auf sie zu. "Gib mir die Pistole, En", sagte ich.
"Ich werde sie dir nicht geben", meinte sie. "Du willst ja gar nicht kämpfen." Ich konnte förmlich spüren, wie bei mir alle Sicherungen durchbrannten. "Ich will leben!", brüllte ich, lief aus dem Zimmer und suchte nach dem Computer-Büro von Enjas Vater. gleichzeitig flammten die Lichter in den Monitoren auf. Mein Zeigefinger schwebte über dem Symbol für Anruf. Ich tippte darauf und suchte in den Kontakten nach W.I.C.K.E.D. Sie waren nicht im Telefonbuch. "Shit", knurrte ich, als plötzlich die Tür aufschwang. Im Eingang stand ein Mensch. Zumindest war es einmal ein Mensch gewesen. Jetzt zuckte es unkontrolliert und gab gruselige Geräusche von sich. Es war ein Crank.
Ich wich einen Schritt zurück.
Dann noch einen.
Im Flur hörte ich einen spitzen Schrei, der mich aufschrecken ließ. Enja. Verzweifelt tastete ich nach einem Gegenstand mit dem ich mich verteidigen konnte. Ich ertastete nutzlose Dinge wie einen Schlüssel, ein Klebegerät und eine Lampe. Als ein ohrenbetäubender Knall die Stille (obwohl von Stille nicht die Rede sein konnte, mir kam es in meiner Verzweiflung wohl einfach so vor) zerriss duckte ich mich. Vorsichtig lugte ich zwischen meinen Fingern hindurch. Ob der Crank schon über mir stand? Ich konnte ihn nirgends entdecken. Stattdessen sah ich Enja, die die Pistole in der Hand drehte und seelenruhig nachlud. "Ich frage mich wirklich, wieso ich dir gerade den Arsch gerettet habe", sagte sie, wirbelte herum - und stieß beinah mit einer Frau zusammen. Die Frau war hochgewachsen, schlank und blond. Sie trug einen weißen Kittel und ein kaltes Lächeln. Ava Paige. Gott sei Dank.
"Newt", sagte sie freundlich, während schwarze Gestalten hinter ihr die Cranks kalt machten. Einer von ihnen nahm Enja am Arm und führte sie im Laufschritt die Treppe hinunter.
"Miss Paige."
"Mrs", korrigierte sie, winkte einem der Männer zu und entfernte sich. Der Mann hob mich vom Boden auf und trug mich aus dem Haus während um mich herum alles schwarz wurde.


Ava Paige pov

"Geben Sie mir die Kanüle. Schnell." Er reichte sie mir. "Pinzette", forderte ich. "Stethoskop."
"Glauben Sie, dass er durchkommt, Mrs Paige?", fragte Michel. Das Problem mit Michel war, dass er einfach zu viele Fragen stellte. Das sagte ich ihm dann auch. "Wenn Sie mich weniger mit Ihren Fragen nerven würden, hätte er eine höhere Chance." Ich war ehrlich gesagt schon immer stolz auf meine kultivierte, strenge und harte Stimme gewesen. Mein Vater hatte mir Sprachunterricht gegeben, damit ich Befehle immer im richtigen Ton erteilen konnte. Jetzt war er tot, doch seine Stimme hallte noch immer ständig durch meinen Kopf, ohne dass ich etwas dagegen tun könnte.
"Wie macht sich Newt, Marcia?", wandte ich mich an die Krankenschwester, die gerade zur Tür hereingekommen war.
"Er schläft noch. Genauso wie Enja..."
"Gut. Wenn er aufwacht schicke ihn sofort zu mir. Ich will wissen, ob er geeignet ist."
"Geht in Ordnung, Mrs Paige", sagte Marcia und verschwand. Manchmal dachte ich, dass ich mir das falsche Personal angelegt hatte aber auf der anderen Seite waren sie loyal. Egal was passieren würde, sie würden zu mir halten, dessen war ich mir sicher.
Der Junge, der ausgestreckt auf dem Operationstisch lag war groß und muskulös mit kantigem Gesicht und geschwungenen Augenbauen. "Wie war noch sein Name?", erkundigte ich mich leise, während ich die Pinzette in die Maschine steckte.
"Einen Moment", meinte Michel, tippte ein paar Daten in sein tragbares Kwam und stellte es ab. "Er heißt Gally."
"Gally", flüsterte ich. Dessen, dass es fast zärtlich klang, war ich mir bewusst, deshalb zog ich die Kanüle mit einem Ruck aus seinem Arm und verpasste ihm die Spritze fast ein bisschen gewalttätig. "Was glotzt du so?", fuhr ich Michel an. "Mach deine Arbeit und sag Thomas, dass es Zeit ist. Wir schicken heute den Ersten in eins der Labyrinthe. Wir müssen kontrollieren, dass alles nach Plan läuft." Ich schob Gallys Bett unter den Abzug und zog einen Vorhang davor. "Mit dieser Enja muss ich auch noch sprechen", bemerkte ich nachdenklich. "Man hat einfach zu viel zu tun."


Newt: Way Home Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt