Kapitel 118 ✔

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*01.11.2017*

"Dann ist es also dein Ernst? Du ziehst es durch?" Ich nicke. Marco schnaubt verärgert. "Du kannst mich nicht zum Heiraten und Kinderzeugen zwingen.",
"Richtig. Deswegen gehe ich.", murmle ich und packe weiter meine Klamotten in meinen Koffer. "Das kannst du vergessen, Ally. Wir sind eine Familie. Soll Lenni etwa ohne seinen Vater aufwachsen?",
"Nein, das soll er nicht. Du kannst ihn so oft sehen, wie du möchtest.",
"Ally, ich liebe dich! Geh nicht! Wir haben dieses Haus gebaut, wir wollten hier als Familie Leben! Wir sind seit über zweieinhalb Jahren zusammen! Willst du das alles einfach so hinschmeißen?", schreit er mich an. Eine Träne läuft mir über die Wange. "Ich bin nicht glücklich, Marco. Ich träume seit ich 5 Jahre alt bin von einer Prinzessinnenhochzeit, von einer eigenen Großfamilie. Du gibst mir das nicht. Du weigerst dich komplett mir diese Träume zu erfüllen.",
"Und wieso dann jetzt auf einmal? Wieso hast du so lange damit gelebt, hm? Warum hast du gewartet, bis ich uns dieses scheiß Haus habe bauen lassen? Was ist es? Hast du einen andren, der es dir besorgt?",
"Komm mal klar mit dir selbst, Marco. Mir so etwas vorzuwerfen ist unter aller sau. Ich bin dir immer treu gewesen. Der einzige, der in dieser Beziehung je fremd gefickt hast, bis du!", schreie ich ihn. Seine Hand hebt sich und mein Kopf schnellt zur Seite. Mit weit aufgerissenen Augen verharre ich in dieser Position. Ganz langsam drehe ich meinen Kopf zurück und sehe Marco an, der meinen Blick geschockt erwidert. Meine zitternde Hand hebt sich zu meiner Wange, die ganz heiß ist und wie verrückt pocht. "Ally, ich-",
"Lass mich in Ruhe! Ich hasse dich!", schreie ich schluchzend. "Baby, ich wollte das nicht! Bitte bleib!" Ich schubse ihn von mir weg und laufe in Lennis Zimmer, um seine Sachen zu holen und sie in meinen Koffer zu packen. Ich schließe ihn und zerre ihn immer noch weinend nach unten. "Ally! Ich bitte dich! Es tut mir leid! Ich tue alles, damit du mir das verzeihst." Er hält mich am Arm fest und versucht so mich am Gehen zu hindern. "Fass mich nicht an!", fauche ich, ehe noch mehr Tränen über meine Wangen laufen. Mario und Ann sitzen in der Küche und sehen uns entsetzt an. "Geh nicht. Bitte!" Ich antworte ihm nicht. Ich ziehe einfach meine Schuhe und meine Jacke an, ehe ich mitsamt meinem Koffer aus dem Haus zu meinem Auto stürme. Den Koffer schmeiße ich in den Kofferraum und ich springe dann so schnell es geht auf den Fahrersitz und verlasse das Grundstück. Marco ist mit hinterher gelaufen und hat nach mir gerufen doch das ist mir egal. Wie kann er nur?! Wieso gibt er mir eine Ohrfeige? Ich schluchze laut und halte am Straßenrand, bevor ich noch einen Unfall baue. Ich krame mein Handy aus der Hosentasche und wähle die Nummer meiner Mom. Aber es geht nur die Mailbox dran. Dann wähle ich die Nummer von Dad, aber auch er geht nicht ran. Und was nun? So kann ich doch nicht zu Marcos Eltern und Lenni abholen. Ich sehe einfach nur katastrophal aus und sie würden Fragen stellen. Ich will nicht, dass sie enttäuscht sind von ihrem Sohn. Auch wenn er es verdient hätte, dass seine Eltern sauer auf ihn sind. Wieso? Wieso musste es so weit kommen? Noch nie hat Marco die Hand gegen irgendwen erhoben und schon gar nicht mir gegenüber. Wieso tat er es also jetzt? Ich schluchze laut auf und wähle dann die Nummer von Tommy. "Hey, Prinzessin. Wie geht's dir?", meldet er sich gut gelaunt. "Kann ich zu dir kommen?", schluchze ich ins Handy. "Ally? Was ist los? Ist etwas passiert?",
"Ja. Kann ich nun oder nicht?",
"Aber natürlich! Ich bin Zuhause. Komm einfach her.",
"Gut. Bis gleich." Ich lege auf und fahre weiter. Etwa 20 Minuten später stehe ich vor Tommys Wohnungstür und weiß nicht recht, ob ich nun klingeln soll, oder nicht. Er wird Marco für seine Tat hassen. Aber er ist mein Bruder und ich weiß nicht, wo ich jetzt sonst hin soll. Ich atme tief durch und drücke dann auf die Klingel. Es dauert nur wenige Sekunden, bis mir die Tür geöffnet wird. Tommy sieht mich geschockt an und zieht mich dann ganz schnell in seine Arme. "Nicht weinen. Ich bin ja da.", beruhigt er mich. Er streichelt sanft über meinen Rücken und geht langsam in die Wohnung, damit er die Tür schließen kann. "Alles wird gut. Komm erstmal mit ins Wohnzimmer ich werde dir einen Kakao machen, okay?" Ich nicke schniefend und gehe ins Wohnzimmer, während Tommy in die Küche verschwindet. Nach ein paar Minuten kommt er dann zu mir, deckt mich zu und gibt mir die heiße Tasse. Vorsichtig lege ich meine kalten Finger um sie und sehe eine ganze Weile stumm auf die dampfende braune Flüssigkeit, die in der Tasse ist. "Willst du mir erzählen was passiert ist, Prinzessin?" Ich nicke langsam. "Moment. Was ist das hier?" Er streckt die Hand aus und ehe ich reagieren kann, liegt sie auf meiner heißen, pochenden rechten Wange. "Das ist nichts.", sage ich leise und schiebe seine Hand weg. "Rede doch keinen Scheiß! Sag mir sofort wovon dieser Handabdruck auf der Wange kommt!", ruft er aufgebracht. "Marco war es.", sage ich kleinlaut und merke dabei, wie absurd das klingen muss. Marco würde keiner Fliege etwas zu leide tun. Und doch ist da sein Handabdruck auf meiner Wange. Klar und deutlich. "Wie bitte?", schreit Tommy aufgebracht. Er steht auf und rennt im Wohnzimmer auf und ab. "Tommy, bitte beruhige dich. Das macht mich ganz nervös." Er seufzt und setzt sich zu mir unter die Decke. Dann zieht er mich an sich, sodass mein Kopf an seiner Schulter ruht. "Wieso? Was ist passiert?" Ich atme tief durch und fange dann an, alles zu erzählen. "Gestern sind Mario und Ann Kathrin gekommen. Die zwei bekommen ein Baby und sind verlobt. Und ich bin mir sicher, dass es maximal zwei Jahre dauern wird, bis die Zwei noch ein Baby bekommen. Das macht mich traurig. Ich will nicht auf der Stelle schwanger werden aber der Gedanke, dass ich niemals noch ein Baby bekommen werde und niemals heiraten werde macht mich einfach unglaublich unglücklich. Die ganze Zeit habe ich mir eingeredet, dass ich damit leben kann und dass meine Liebe zu Marco ausreicht, um glücklich zu sein. Und dann waren wir gestern Abend ja in diesem Club. Wir haben halt ein bisschen getrunken und dann... dann wollten wir halt aufs... Klo. Dann hat er halt nochmal nachgefragt, ob ich die Pille genommen habe, weil er ja nicht will, dass sich das von ein paar Jahren wiederholt. Diese Aussage hat mich so geschockt und gleichzeitig so verletzt, dass mir in diesem Moment klar geworden ist, dass Liebe nicht ausreicht, damit ich glücklich bin. Ich habe ihn dann einfach stehen lassen und bin mit einem Taxi nach Hause. Marco kam dann irgendwann spät in der Nacht nach Hause und hat so getan, als wenn nichts gewesen wäre. Und dann habe ich eben meine Sachen gepackt und ihm gesagt, dass ich nicht weiter mit ihm zusammen sein kann, wenn er mir meine Träume von Großfamilie und Ehe nicht erfüllen kann. Wir haben uns ganz schön gestritten und irgendwann hat er mir unterstellt einem anderen zu haben, weshalb ich dann komplett aus der Haut gefahren bin. Ich habe ihn angeschrien, dass nicht ich die jenige bin, die in der Beziehung fremd fickt. Und dann hat er mir eine geklatscht. Das hat mir den Rest gegeben. Er hat sich entschuldigt, hat gesagt er wollte das nicht. Ich habe gesehen, dass es ihm wirklich leid tat und dass ihm das mehr wehgetan hat als mir, aber ich konnte einfach nicht da bleiben. Ich habe ihn verlassen, Tommy, und das nur, weil ich heiraten will. Ich bin so egoistisch.", schluchze ich und meine Tränen hören gar nicht auf zu fließen. "Nein, Ally, das bist du nicht. Marco ist ein toller Kerl und ich bin mir ebenfalls sicher, dass er dir keine Ohrfeige verpassen wollte. Es war nicht richtig von ihm und das solltest du ihm so schnell nicht verzeihen. Nicht sofort. Aber bald. Lass ihn etwas zappeln und vielleicht sieht er dann deine Trennung von ihm ein, dass er dir deine Träume erfüllen muss." Ich schüttle den Kopf. "Das will ich nicht. Er soll mich heiraten wollen und Kinder mit mir haben wollen, wenn er es auch will. Nicht, weil es die einzige Möglichkeit ist, dass ich zu ihm zurück komme." Tommy seufzt und streichelt mir über den Rücken. "Ich kann dich verstehen, Prinzessin. Und ich werde für dich da sein. Soll ich dir etwas zum Kühlen geben?" Ich nicke und Tommy steht dann auf, um mir ein Kühlakku aus dem Kühlschrank zu holen, welches ich mir dann an die Wange lege. "Wo ist Lenni?",
"Bei Marcos Eltern. Ich wollte so nicht bei ihnen auftauchen. Sie sollen nicht enttäuscht von Marco sein.",
"Deine Reaktionen und Entscheidungen sind sehr erwachsen, Ally. Jedes andere Mädchen in deinem Alter hätte sonst was für Aufstände gemacht.",
"Ich bin erwachsen. Und zwar mehr als die anderen in meinem Alter. Das hängt damit zusammen, dass ich schon Mama bin.", murmle ich. "Ich weiß. Ich hole Lenni ab, okay? Und dann machen wir uns hier bei mir einen schönen Tag.",
"Okay.",
"Ruf deine Schwiegereltern an und sag bescheid, dass ich komme.",
"Sie sind nicht mehr meine Schwiegereltern.", schniefe ich und beginne wieder zu weinen.

Das Mädchen von der StraßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt