Kapitel 81 ✔

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Marcos Sicht:

"Ist sie schon aufgewacht?", frage ich Cathy hoffnungsvoll, doch sie schüttelt den Kopf und setzt sich zusammen mit Mats zu mir an den Tisch in der Cafeteria. Ich bin schon seit einer Stunde hier unten und jetzt ist es 9 Uhr morgens. Ich bin total müde und Lenni hat den Luxus in meinem Arm schlafen zu dürfen, nachdem ich ihn vorhin gefüttert hatte. "Meinst du er war es?" Ich nicke. "Ally sagte doch am Anfang, dass du Ähnlichkeiten mit ihrem Bruder hast. Er sah dir wirklich ein wenig ähnlich. Zumindest so die Haare und Körperform. Naja, ist ja auch egal.",
"Sie ist überm Berg, Marco. Sie muss sich einfach nur von dem Stress erholen, dem ihr Körper ausgesetzt war.", sagt Cathy sanft. "Nehmt ihr den Zwerg? Ich gehe nochmal zu ihr.",
"Aber natürlich.", lächelt Cathy und nimmt mir Lenni ab. Ich gebe dem Kleinen noch einen Kuss und gehe dann wieder zu Ally. "Hey, Baby.", sage ich leise und setze mich an ihr Bett. Ich nehme ihre Hand in meine und streichle sie leicht. Sie drückt meine Hand leicht und dreht ihren Kopf zu mir, ehe sie die Augen öffnet und mich anblinzelt. "Hey.", lächle ich überglücklich. Sie runzelt kurz die Stirn und stöhnt schmerzerüllt auf. "Nicht bewegen, Schatz.", sage ich leise. Sie sieht mich an und dann geht ihre Hand zu ihrem Bauch. "Das tut weh. Was habe ich da?", schluchzt sie schon fast. "Erinnerst du dich nicht mehr?" Sie runzelt wieder die Stirn. "Doch. Es hat in der Nacht geklingelt. Immer wieder. Ich habe mir meinen Morgenmantel übergezogen und bin nach unten gelaufen. Du hast ganz friedlich geschlafen und hast das Klingeln gar nicht gehört. Ich habe also die Tür aufgemacht und-" Sie hält inne. "- da war Tommy. Er hat sich auf mich gestürzt und ich bin weggelaufen. Im Wohnzimmer hat er mich dann doch gekriegt und ich habe geschrien. Als ich dann deinen Namen geschrien habe, war da plötzlich dieser Schmerz." Sie legt wieder ihre Hand auf die Stelle. "Es tat so weh. Und dann kamst du. Und ich bin weggelaufen. Und dann ist nichts mehr." Ich drücke ihre Hand. "Du bist ohnmächtig geworden. Tom wurde festgenommen und du wurdest sofort hierher gebracht. Im Rettungswagen hat dann dein Herz einmal aufgehört zu schlagen. Mein Gott, Ally! Ich dachte, dass ich dich verlieren würde." Sie schüttelt den Kopf. "So schnell kriegt der Wichser mich nicht klein. Und so schnell wirst du mich nicht los, mein Lieber." Ich grinse und sie ebenfalls. "Soll ich mal einen Arzt holen?" Sie nickt. Ich stehe also auf und küsse sie einmal sanft. "Ich liebe dich.", murmle ich. "Ich dich auch.", flüstert sie zurück und lächelt kurz, ehe sie wieder die Augen zu macht. Ich gehe nach draußen und gebe bescheid, dass Ally aufgewacht ist. Ein Arzt und eine Schwester begleiten mich sofort. "Guten Morgen, Ally.", lächelt dieser meine Freundin an. Sie öffnet wieder die Augen und lächelt ein leises: "Hallo.",
"Wie geht es dir?", will der Arzt wissen. "Mein Bauch tut weh." Er nickt. "Dann lass uns das mal ansehen." Er schlägt die Bettdecke zurück und zieht das dünne Krankenhaushemdchen hoch. Ally schielt auf ihren Bauch und reißt erschrocken die Augen auf, als der Arzt das große Pflaster entfernt hat. Der große Schnitt kommt zum Vorschein, der genäht wurde. "Ach du scheiße.", brummt sie erschrocken. "Es ist ziemlich tief gewesen. Wir mussten untersuchen, ob deine Organe noch heile sind. Aber es ist nichts weiter kaputt gegangen. Das musste einfach nur genäht werden. Du solltest dich also die nächsten Tage nicht so viel bewegen, also nur, wenn es wirklich nötig ist. Zum Beispiel, um auf die Toilette zu gehen und so weiter. In einer Woche werden wir dann die Fäden ziehen und dann wird das wohl schnell wieder verheilen. Du hattest großen Glück. Glück im Unglück.", sagt der Arzt zu Ally. "Und wie lange muss ich hierbleiben? Ich habe doch einen Sohn Zuhause.", jammert sie verzweifelt. "Die Woche solltest du lieber bleiben. Nachdem wir die Fäden gezogen haben, darfst du gehen." Ally sieht mich traurig an. "Schatz, das mit Lenni ist ja wohl das kleinste Problem. Mats, Cathy und ich passen schon auf. Mats und ich haben doch jetzt Sommerpause." Sie nickt seufzend. "Na schön.",
"Gut.", lächle ich und küsse ihre Fingerknöchel. "Ruh' dich mal ordentlich aus. Und vor allem trink bitte viel, okay? Das ist sehr wichtig. Wenn etwas ist, einfach den Knopf drücken und aufstehen auf keinen Fall alleine." Ally nickt gehorsam. Der Arzt und die Schwester versorgen die Wunde und dann wird wieder ein großes Pflaster auf Allys Bauch geklebt. "Gut, dann bis später.", lächelt der Arzt und geht zusammen mit der Schwester aus dem Zimmer. "Eine Woche!", schnaubt sie entsetzt. Ich ziehe ihr Hemdchen runter und decke sie wieder zu. "Das bekommen wir schon hin. Ich komme jeden Tag mit Lenni her, Schatz.",
"Na gut.", seufzt sie und sieht mich lächelnd an. "Wie geht es dir denn? Du siehst müde aus." Sie legt ihre Hand an meine Wange und streichelt über die leichten Bartstoppeln, die sich schon gebildet haben. "Ich bin ja auch seit halb 4 wach.", gähne ich. "Dann fahr nach Hause und schlaf dich aus." Ich schüttle den Kopf. Ich will auf jeden Fall bei ihr bleiben. "Wo ist Lenni jetzt?",
"Unten bei deinen Eltern in der Cafeteria.",
"Sie sind hier?",
"Aber natürlich.", lächle ich. "Sie haben sich große Sorgen gemacht, weist du? Cathy hat zwei Stunden lang geweint und Mats hat verzweifelt versucht sie zu trösten." Ally sieht mich wieder traurig an. "Ich hätte dich wecken sollen, anstatt alleine nach unten zu gehen. Schließlich war es mitten in der Nacht.",
"Da stimme ich dir voll und ganz zu, mein Schatz.", nicke ich. "Wird Tommy eingesperrt?",
"Ja, Ally, das wird er. Und wenn ich dafür sorgen muss, dann werde ich das auch tun. Wir werden ihn anzeigen und dann wird er im Gefängnis landen. Das verspreche ich dir hoch und heilig.",
"Ja, da soll er hin.", nickt sie. "Das wird er, glaub mir. Er wird auf keinen Fall ungestraft davon kommen." Und das meine ich ernst. Niemals wird er meinem Mädchen wieder wehtun. Oder sonst irgendwem.

Das Mädchen von der StraßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt