Kapitel 144 ✔

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Marcos Sicht:

Ally starrt mich an. Ist das ein Ja? Ein Nein? Sie scheint geschockt zu sein. Sie... sie steht unter Schock. "Schatz?", frage ich vorsichtig. Ihr weicht sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Ich glaube so blass habe ich sie noch nie gesehen. "Baby? Sag doch was.", flehe ich sie leise an. Aber dann verdrehen sich ihre Augen und sie kippt nach vorne, direkt in meine Arme. "Ally!", rufe ich erschrocken und fange sie auf. "Hey, was ist los? Ally?" Sie liegt in meinem Arm und rührt sich kein Stück. "Schatz, wach bitte wieder auf. Was hast du denn?" Ich fühle ihrem Puls. Er ist schwach. Ich hebe sie hoch und lege sie auf die Couch und laufe in die Küche, wo mein Handy liegt. Ich rufe einen Notarzt an und erkläre was passiert ist. Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass sie wirklich nur unter Schock stand und bald wieder zu sich kommt. Und dass der Notarzt bei diesem Wetter bis hierher kommt. Die werden sicher ihre Möglichkeiten haben. Immerhin sind die ein solches Wetter hier gewöhnt. Ich laufe zurück zu Ally und lege ihren Kopf auf meinen Schoß. Vorsichtig streichle ich ihr die Haare aus dem Gesicht. "Bitte wach wieder auf.", hauche ich leise, doch es kommt keine Reaktion. Tränen sammeln sich in meinen Augen. Ich bin schuld daran, dass sie ohnmächtig in meinem Arm liegt. Ich hätte ihr den Antrag nicht machen sollen. Ich kannte ihren Standpunkt und dennoch war ich so dumm und habe ihr diesen scheiß Antrag gemacht! Wie lange warte ich schon? Schon sehr lange. Ich wollte ihr am Abend der Hochzeit von Max und Kiki einen Antrag machen. Doch dann hörte ich sie mit Kiki auf der Frauentoilette reden. Seit 7 Monaten habe ich diesen Ring. Und für mich war heute einfach der passende Moment. Ich habe lange überlegt, ob ich es mache, habe die letzten Nächte wach gelegen und gegrübelt. Und nun habe ich es. Sie war so geschockt, dass sie ohnmächtig geworden ist. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wie konnte ich nur? Es klopft an der Tür und ich stehe auf, um hinzulaufen und sie zu öffnen. Drei Sanitäter und ein Arzt kommen herein. Ich führe so zu Ally, die noch immer reglos auf dem Sofa liegt. "Hat sie Krankheiten? Oder ist etwas vorgefallen?", werde ich gefragt. "Krank ist sie nicht, nein. Zumindest glaube ich das nicht. Ich habe ihr einen Heiratsantrag gemacht und dann hat sie mich nur noch angestarrt und wurde immer blasser, bis sie mir einfach in die Arme fiel und ohnmächtig war." Ich bekomme mitleidige Blicke zugeworfen. "Ihr Puls ist schwach. Sie muss ins Krankenhaus und zwar sofort.", sagt der Arzt. Ally wird auf eine Trage gelegt und dick eingepackt, damit sie draußen in der Kälte nicht erfriert. "Darf ich mitkommen?",
"Aber natürlich dürfen Sie das.",
"Okay. Ich hole schnell meinen Sohn.", sage ich und laufe ganz schnell nach oben. "Lenni? Hey, wach auf, mein Kleiner. Du musst aufstehen." Er streckt sich und sieht mich müde an. "Der Mama geht es nicht gut. Wir müssen mit Mama ins Krankenhaus fahren." Er macht große Augen. "Komm, steh schnell auf. Wir müssen uns beeilen, ja?" Er nickt und zieht sich schnell an. "Was hat Mama?",
"Ich weiß nicht. Das müssen die Ärzte im Krankenhaus erst herausfinden.", erkläre ich ihm. "Fahren wir jetzt mit dem Krankenwagen?",
"Ja, das müssen wir." Er nickt und zieht seine Jacke ganz schnell an. Dann gehen wir raus zum Krankenwagen und steigen ein. "Was hat meine Mama?", fragt Lenni den Arzt. "Das müssen wir noch herausfinden, kleiner Mann. Aber deiner Mama geht es bestimmt bald wieder gut." Lenni nickt, dann dreht er sich zu mir und kuschelt sich an mich. "Mach dir keine Sorgen, ja? Mama wacht gleich wieder auf." Er nickt und schließt die Augen.

Im Krankenhaus müssen Lenni und ich eine Weile warten, bis wir dann endlich zu Ally können. Ich klopfe leicht an der Tür und öffne sie dann leise. Ally dreht den Kopf zu uns und lächelt müde. Lenni lässt meine Hand los und läuft zu ihr. Sie sieht fertig aus. An der Nase hat sie einen schlauch, über den sie wohl Sauerstoff bekommt. "Hey, mein Schatz.", krächzt sie leise und fährt mit ihrer Hand leicht durch seine Haare. "Hey, Baby.", sage ich vorsichtig und setze mich auf den Stuhl, der neben ihrem Bett liegt. Sie sieht mich schwach lächelnd an. "Hey.",
"Wie geht's dir?",
"Super. Ich könnte Bäume ausreißen.", witzelt sie mit ihrer schwachen Stimme. "Ja, das sehe ich dir sofort an.", schmunzle ich, werde dann aber wieder ernster. "Was ist mit dir? Was haben die Ärzte gesagt?" Sie seufzt leise. "Nichts weiter. Nur ein kleiner Schwächeanfall. War wohl etwas zu viel die letzten Tage." Ich nicke leicht und schaue runter. Ob sie noch weiß, dass ich ihr einen Antrag gemacht habe? Ich glaube nicht. Sonst hätte sie doch schon etwas dazu gesagt, oder? "Lenni? Musst du mal auf Toilette?", fragt Ally ihn. Ich sehe zu ihm und stelle fest, dass er ziemlich nervös scheint und vom einen Bein auf das andere hopst. "Ja.", nickt er. Ally schmunzelt. "Die Tür hier vorne. Da ist ein kleines Bad.", erklärt sie ihm und zeigt auf die zweite Tür, die hier noch im Zimmer ist. Ohne zu antworten läuft er hin und geht hinein. Ich lache leise. "Er wird es nie lernen.",
"Nein, er wird für den Rest seines Lebens bis auf den letzten Drücker warten und dann erst zur Toilette gehen.", kichert Ally. Ich sehe sie an und sie mich. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt sagen soll. Ich bin so durcheinander was den Antrag betrifft. Ich meine, ich habe ihr einen Antrag gemacht und sie ist umgekippt, Herr Gott nochmal! Ich wollte schon irgendwie, dass sie überwältigt ist, aber doch nicht, dass sie gleich umkippt und ins Krankenhaus muss! "Es tut mir leid.", sagt sie plötzlich und ist dabei ganz leise. Ich sehe ihr wieder in ihre smaragdgrünen Augen. "Was tut dir leid?",
"Dass ich dir diesen Moment kaputt gemacht habe." Ich lege den Kopf etwas schief. "Kannst du mich noch einmal fragen?" Ein schwaches, aber wunderschönes Lächeln umspielt ihre Lippen. Ich nicke leicht, etwas geflasht von dem, was sie mich gerade fragte. Ich gehe auf die Knie, hole die Schachtel aus meiner Jackentasche, öffne sie und nehme Allys kalte Hand. "Willst du mich heiraten?", frage ich leise. Sie sieht den Ring verträumt ab, aber dann hebt sich ihr Blick und sie sieht mir in die Augen. "Ja, das will ich.", haucht sie schließlich. Mein unsicheres Lächeln wird zu einem 1000 Watt Lächeln. Aber ich reiße mich noch kurz zusammen, um den Ring aus der Schachtel zu holen und ihn ihr auf ihren zarten Finger zu schieben und anschließend ihre Hand zu küssen. Aber dann stehe ich auf und beuge mich über sie, um sie zu küssen. "Ich liebe dich so sehr, Ally!",
"Und ich dich, Marco.", antwortet sie mir lächelnd und küsst mich noch einmal.

Das Mädchen von der StraßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt