Kapitel 124 ✔

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*17.05.2022*

Das schrille Piepen meines Handyweckers reißt mich aus dem Schlaf. "Mach ihn aus.", murmelt Marco und legt seinen Arm von hinten um mich. "Ich muss aufstehen.", murmle ich traurig und stelle den Wecker aus. "Nein, musst du nicht.",
"Doch, Marco, ich muss zur Arbeit. Und Lenni muss auch aufstehen und in die Schule.",
"Ich bin immer noch der Meinung, dass du nicht arbeiten brauchst.",
"Doch, das muss ich. Du wirst nur noch diese Saison und dann noch zwei weitere Fußball spielen. Danach bist du Rentner.", lache ich. "Rentner? Ich bin dann 35!",
"Ja, also Rentner. Mit 36 bist du zu alt für den Profifußball, mein Schatz." Ich stehe mühsam auf und verziehe das Gesicht. "Was ist los?", fragt Marco besorgt und streichelt mir über den Rücken. "Ich weiß nicht. Mir tut alles weh." Marco richtet sich auf und drückt mich zurück auf die Matratze. "Was tut dir weh?",
"Der Kopf, der Bauch, mein Rücken. Ich weiß auch nicht.",
"Vielleicht solltest du Zuhause bleiben." Ich schüttle den Kopf und stehe auf. Alles dreht sich und ich sinke zurück auf die Matratze. "Und ob du Zuhause bleibst.", sagt Marco ernst. "Ich kann nicht. Ich arbeite doch noch gar nicht so lange dort, da kann ich mich nicht gleich krank melden. Das ist nicht so wie in der Schule." Marco seufzt und steht auf. "Wann musst du zum Training?",
"Um 10." Ich nicke und stehe nun langsam auf, damit mir nicht wieder schwindelig wird. "Geht?" Ich nicke und Folge Marco in unser Bad, das nur von unserem Schlafzimmer aus betreten werden kann. Ich ziehe meine Schlafsachen aus, die wie immer aus einem T-Shirt von Marco, meinem Slip und ein paar Wollsocken besteht, und werfe alles in den Wäschekorb. Marco kommt auf mich zu und zieht mich an sich. "Du bist wunderschön.", flüstert er und küsst meinen Hals. "Du bist auch nicht zu verachten.", kichere ich und schubse ihn leicht von mir weg, damit ich unter die dusche kann. "Kann ich mit kommen?" Ich seufze. "Na schön. Aber lass deine Finger gefälligst bei dir. Wir sind schon spät dran.",
"Du bist spät dran. Ich könnte noch locker 3 Stunden schlafen.",
"Wenn du meckern willst, dann geh wieder ins Bett.", sage ich und stelle das Wasser an. Marco sieht mich schmunzelnd an und zieht dann seine Boxer aus und wirft sie auch in den Wäschekorb. Na wenigstens schmeißt er sie nicht achtlos auf den Boden. Wir duschen schnell zusammen und dann mache ich mich für die Arbeit fertig, während Marco Lenni weckt. Fertig angezogen gehe ich in die Küche, wo Marco Lenni gerade die Kornflakes hinstellt. "Guten Morgen.", lächle ich und küsse seinen Kopf. Er verzieht das Gesicht und beginnt dann aber seine Kornflakes zu essen. "Kaffee?", fragt Marco nach und hält mir eine Tasse hin. Eigentlich trinke ich keinen Kaffee aber heute brauche ich einen. Oder lieber doch nicht? Mein Magen rebelliert immer noch etwas. "Ich glaube, dass ich lieber Tee nehme." Marco runzelt besorgt die Stirn. "Du solltest lieber zum Arzt gehen, als zur Arbeit. Nicht, dass du eine Lebensmittelvergiftung hast.",
"Nein, so schlimm ist es nicht. Ich will einfach nur nichts provozieren.", erkläre ich ihm ruhig und fülle Wasser in den Wasserkocher. "Na schön.", sagt er leise und trinkt den Kaffee selbst. Nachdem ich eine Stulle gegessen habe gehe ich mir schnell die Zähne putzen und dann ziehe ich mir Schuhe und Jacke an. "Was ist mit Abholen heute?", frage ich Marco. "Ich hole Lenni heute Mittag ab, mach dir mal keine Sorgen. Wir machen uns heute einen coolen Tag, oder?" Marco wuschelt Lenni durch die Haare. "Ja.", lächelt er und zieht sich auch Schuhe an. "Okay. Bei mir wird es heute etwas später. Ich habe heute Nachmittag noch ein Gespräch mit der Mutter eines Schülers. Vergesst nicht, dass Lenni heute Nachmittag zum Zahnarzt muss.",
"Jaja. Nun geh schon.", lacht Marco und küsst mich. "Ich liebe dich.",
"Ich liebe dich auch.", antwortet er. "Bis heute Nachmittag, Schatz.", sage ich zu Lenni und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn. Dann laufe ich nach draußen und bleibe abrupt stehen. "Wir haben da ein Problem." Marco sieht mich irritiert an. "Kannst du mich zur Arbeit fahren? Mein Auto ist doch gar nicht hier." Marco lacht. "Stimmt ja, da war ja was. Gib mir eine Minute. Lenni? Du ziehst dich auch an, ich werde dich dann gleich zur Schule bringen, nachdem wir beide Mama weggebracht haben." Lenni nickt und setzt sich auf den Boden, um sich seine Schuhe anzuziehen.

"Nicht den Zahnarzt vergessen und du baust keinen Unsinn in der Schule. Hast du mich verstanden?" Lenni nickt brav und lächelt mich scheinheilig an. "Und du sei beim Training vorsichtig.",
"Bin ich immer.", lächelt Marco und gibt mir einen Kuss, ehe ich aus dem Auto steige und ins Schulgebäude gehe. "Guten Morgen, Frau Hummels. Würden sie später für mich mal 10 Minuten Zeit haben?", begrüßt mich mein Chef. "Aber natürlich, Herr Braun. Für Sie habe ich doch immer Zeit.", lache ich. Er grinst mich an und ich schlage den Weg zu meinem Büro ein. Dort angekommen stelle ich meine Thermotasse mit dem Tee ab und hänge meine Jacke an dem dafür vorgesehenen Harken, ehe ich meinen PC hochfahre und mich an meinen Schreibtisch setze. Heute werde ich hier und da ein paar Gespräche haben und werde einem Schüler dabei helfen eine Bewerbung zu schreiben. Das wird wohl viel Zeit in Anspruch nehmen. Um Punkt 8 Uhr klopft es an der Tür und Herr Braun steckt seinen Kopf hinein. "Kommen Sie rein, ich habe gerade Zeit.", lächle ich. "Wunderbar.", lächelt er und setzt sich mir gegenüber. "Also, Frau Hummels. Der Grund, weshalb ich hier bin, ist Jason Körner. Der Junge macht mir Sorgen. Ich habe den Verdacht, dass er auf dem Schulhof Drogen verkauft aber ich komme an den Jungen einfach nicht ran. Könnten Sie eventuell mal mit ihm reden? Ihm sagen, dass es große Konsequenzen für ihn haben könnte, wenn er es nicht bleiben lässt? Ich bin bereit ihn lediglich mit einem Referat über Drogen und deren Folgen zu bestrafen und nicht gleich von der Schule zu werfen, vorausgesetzt er kooperiert und gibt seine Taten zu." Ich nicke und schreibe es auf einen Zettel, damit ich es nicht vergesse. "Ich werde mein Bestes geben, Herr Braun. Und werde sie über den Verlauf des Gesprächs natürlich auch informieren.",
"Das ist gut. Dann werde ich sie mal nicht weiter von der Arbeit abhalten. Man sieht sich dann beim Mittagessen." Ich verziehe das Gesicht und mir dreht sich augenblicklich der Magen um. "Herr Braun? Essen Sie jeden Tag in der Kantine?",
"Aber natürlich. Es kostet nicht viel und man bekommt eine ordentliche warme Mahlzeit. Aber wieso fragen Sie mich das?",
"Naja, in letzter Zeit habe starke Bauchschmerzen und Übelkeit empfunden, nachdem ich dort zu Mittag gegessen habe." Er sieht mich mit großen Augen an. "Wirklich? Und Sie glauben, dass es vom Kantinenessen kommt?" Ich nicke zögerlich. "Ich werde das natürlich überprüfen lassen, Frau Hummels. So etwas darf auf keinen Fall vorkommen.",
"Das sehe ich auch so.",
"Ich kümmere mich darum.",
"Alles klar.", lächle ich. "Dann, einen guten Tag, wünsche ich Ihnen." Ich winke und schon ist er aus meinem Büro verschwunden. Ich seufze und trinke einen Schluck Tee aus meinen Thermobecher, ehe ich mich dann richtig an die Arbeit mache.

Das Mädchen von der StraßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt