19 - Kellner

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Es war ein heisser Nachmittag. Ich lag am Pool auf einer Liege und trank die fünfte Cola. Verstimmt schaute ich an mir herab und dachte an die mich wütend machende Zahl auf der Waage nach diesen Ferien. Ich würde wohl eine Diät machen müssen, wenn ich wieder in Deutschland war. Aber ich war jetzt hier, um zu entspannen, die Sonne zu geniessen und den Alltagsstress von mir abzuschütteln. Es tat mir gut, dass ich nicht früh morgens aufstehen musste, nicht kochen musste, einfach an nichts denken zu müssen.
"Hi, ist das deine Kamera?", fragte mich jemand auf Englisch mit einem starken Akzent. Ich nickte.
"Wow, die muss echt teuer gewesen sein!" Der Mann, der sich als Kellner herausstellte, starrte beeindruckt auf meinen Schatz. Ich wollte gerade stolz erzählen, wie gut meine Kamera war, aber als ich den Mann musterte, war ich sprachlos. Er war der schönste Mann, den ich jemals gesehen hatte. Diese Lippen, diese dunklen Augen, die kurzen Haare, einfach alles war die pure Perfektion. Und dann dieser Körper…Ich biss mir schnell auf die Unterlippe und zwang mich, dem Kellner wieder ins Gesicht zu schauen.
"J-Ja. Sie bedeutet mir sehr viel." Verärgert über mein Stottern trank ich die Cola leer.
"Ich wette, du kannst genauso schöne Fotos schiessen, wie du schön bist." Der Kellner lächelte mich verführerisch an. Er flirtete mit mir, dachte ich. Kurz überkam mich ein Schuldgefühl gegenüber Taddl, aber als ich ein weiteres Mal sein kantiges Gesicht anstarrte, schob ich den Gedanken an Taddl beiseite und lächelte den Typen auch an.
"Vielleicht kannst du mich ja mal fotografieren. Ich habe um 19 Uhr Schluss und dann hätte ich Zeit." Der Kellner zwinkerte mir zu, nahm das leere Glas und verschwand dann bei der Poolbar. Ich riss mich von seinem Blick los und starrte mir dann auf die Hände. Gott, war er heiss! Ich fragte mich, wieso er in einem Hotel und nicht als Model arbeitete.

Stunden später, es war 20 Uhr und wir sassen alle zusammen am Tisch im Restaurant und warteten auf unser Essen. Theoretisch hatten wir das All-Inklusive-Angebot gebucht, das unter anderem das Buffet-Restaurant beinhaltete, aber meine Freunde konnten es sich leisten, hier im besseren und teuren Restaurant zu essen. Ich sass neben Marley und Luna und gegenüber lachte Taddl über einen Witz von Ardy. In Gedanken versunken musterte ich Taddl. Er sah zweifellos unfassbar gut aus, aber ich war mir sicher, dass kein Mann jemals an diesen Kellner von heute herankommen konnte. Ich biss mir wieder auf die Lippe und betrachtete meine Nägel. Schuldgefühle nagten an mir, weil ich mich so angezogen von dem Kellner fühlte, auch wenn es eigentlich dumm war, weil ich nicht mit Taddl zusammen war.
Das Essen kam und wir begannen alle, das leckere Menü zu verspeisen.
"Alisha? Alles okay? Du wirkst irgendwie abwesend", flüsterte mir Luna zu. Ich nickte und lächelte sie als Beruhigung an. Sie erwiderte und schmachtete dann weiter ihren Freund an. Ich bemerkte, dass auch Marley und Fabienne sich verliebt in die Augen starrten, und dass nur Taddl und ich einsam im Essen rumstocherten.
"Nehmt euch ein Zimmer", murrte Taddl leise und ich musste kichern.
"Ich mag keine Pärchen. Die wirken immer so glücklich", sagte ich und schüzte die Lippen.
"Das ist ja gut so. Ich habe bis jetzt nur einmal miterlebt, wie sich Ardy und Lunes gestritten haben und das war echt heftig. Und es ging darum, dass Ardy nie Klopapier einkauft. Es ging um fucking Klopapier! Ausserdem lebt Ardy mit mir und nicht mit ihr zusammen, also sollte es sie gar nicht interessieren." Kopfschüttelnd grinste er mich über den Tisch hinweg an. Ich spürte, wie es in mir kribbelte. Sein Lächeln war echt charmant.
"Meine Eltern streiten auch immer über den grössten Scheiss. Das ist normal bei Pärchen, glaube ich. Mein Ex und ich haben uns oft wegen den dümmsten Dingen gefetzt."
"Es soll ja Paare geben, die sich absichtlich streiten, nur um dann Versöhnunssex zu haben." Taddl lachte.
"Ja, der soll wohl sehr gut sein." Ich lachte auch und es fühlte sich gut an. Frei.
"Dann müssen wir uns auch fetzen, bevor wir miteinander schlafen. Erinnere uns daran, wenn es soweit ist!" Grinsend trank er einen Schluck seines Weissweins. Ich lachte und verdrehte die Augen.

Schicksal - Taddl TjarksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt