24 - Krank

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Ich hielt mir die Hand vor den Mund und sprintete ins Badezimmer, wo ich mich laut würgend übergab. Ich bemerkte, wie mir jemand plötzlich die Haare aus dem Gesicht hielt und mir beruhigend über den Rücken strich.
"Danke", sagte ich beschämt, als ich mir mit Toilettenpapier die Resten meines Mageninhaltes vom Mund wegwischte. Taddl sah mich mitleidig an und bedeutete mir, mich auf den Badewannenrand zu setzen.
"Ich glaube, ich habe das Essen gestern im Restaurant nicht vertragen", murmelte ich.
"Du hast Fieber", stellte Taddl fest. "Ich habe dir doch gesagt, du sollst das Hühnchen nicht essen, weil es so komisch geschmeckt hat!" Kopfschüttelnd verliess er das Bad und kehrte mit einem dicken Pulli von ihm zurück. Ich dachte an gestern Abend, als ich im Restaurant mit Taddl gegessen hatte und mein Hühnchen kalt und ungeniessbar war, es aber zu teuer war, um es einfach stehenzulassen. Das war anscheinend keine so gute Idee gewesen.

"Danke." Ich zog Taddls Pulli an und liess mich von ihm zudecken. Er setzte sich neben mir aufs Bett und sah hinüber zum Pool, in dem irgendwo gerade Ardy mit Marley Wasserball spielte.
"Du musst nicht hier bei mir bleiben. Du kannst gerne gehen und Spass haben!" Ich sah ihn an.
Taddl schüttelte den Kopf. "Ich bin gerne bei dir." Ich lächelte und starrte meine Hände an.
"Wenn du etwas an dir verändern könntest, egal ob Aussehen oder Charakter, was würdest du ändern?" Fragend sah ich ihm in die Augen.
"Nichts. Ich bin so, wie ich bin. Und ich bin toll, so wie ich bin. Ich entspreche vielleicht nicht dem Ideal, der Norm, aber ich bin toll. Und ich bin glücklich. Menschen, die der Gesellschaft und ihrer ständig wechselnder Meinung über das Aussehen haben, sind unglücklich. Niemand, nicht einmal das schönste Model ist so, wie es die Gesellschaft will." Gähnend streckte sich Taddl neben mir aus. "Nur schon die Tatsache, dass du mir diese dumme Frage stellst, sagt so viel über dich aus..." Ich hörte ihm nicht mehr zu. Er erzählte weiter und ich lauschte nur dem Klang seiner schönen Stimme, während ich langsam in die Wogen des tiefen Schlafes glitt.

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass dieser gequälte Laut von mir stammte. Ich senkte den Blick auf den Boden, machte mich klein, um so meinem Leben zu entkommen.
"Wir geben uns so viel Mühe mit dir, wirklich, Alisha, aber wir wissen nicht mehr weiter. Papa und ich reissen uns den Arsch auf und was passiert?" Meine Mutter baute sich bedrohlich vor mir auf.
"Ich habe eine Schlampe als Tochter!", rief Papa und sah mich kopfschüttelnd an. Er wirkte so gross, wie er so auf mich hinabsah, so böse, so mächtig. Ich schniefte und unterdrückte einen Schluchzer.
"Weisst du was? Geh. Ich will Abschaum wie dich nicht in meinem Haus sehen! Verschwinde!"

Die Sicht vor Tränen verschleiert, stolperte ich ins Badezimmer und schniefte laut, als ich mich mit Klamotten in die Wanne setzte und mich so klein wie möglich machte. Das eiskalte Wasser, das auf mich einprasselte, fühlte sich so an, als würden tausende Dolche auf mich einstechen, aber das war nichts im Gegensatz zu dem Schmerz, den ich empfand, als ich brutal an meine Jugend erinnert wurde. Meine Kleider waren mittlerweile völlig durchnässt und ich begann zu frieren.
Eine warme Hand liess mich aufschrecken. Ich sah direkt in Taddls besorgtes Gesicht und schluchzte laut.
"Psst...Ich bin ja hier." Er setzte sich hinter mich in die Wanne, stellte das Wasser warm und zog mich an sich. Ich schmiegte mich an Taddl und liess den Tränen freien Lauf. Sie vermischten sich mit dem Wasser, das auf uns beide prasselte, das uns wärmte.
Als ich mich langsam beruhigt hatte, strich Taddl von meinen Schultern bis hinunter zum Saum des Pullis. Langsam zog er ihn mir über den Kopf und warf ihn auf den Boden neben der Wanne. Ich erschauderte, weil seine Finger meine kalten Rippen berührten.
"Alles ist gut", murmelte Taddl und öffnete den Knopf meiner Jeans. Vorsichtig begann er, mir meine Hose abzustreifen und schlussendlich lag ich nur in Unterwäsche an Taddl gelehnt und lauschte dem Geräusch des Wassers. Auch er begann sich auszuziehen, sodass sich schlussendlich unsere beinahe nackten Körper berührten. Er schlang so lange seine Arme um mich und drückte mich fest an sich, bis ich mit dem Zittern aufhörte. Langsam versiegten auch meine Tränen und ich konnte mich beruhigen. Ich schloss die Augen und entspannte mich.
Taddl griff nach dem Shampoo und schäumte einen kleinen Klecks davon in meinen Haaren auf. Während er mir die Haare wusch, massierte er meine Kopfhaut und erzählte leise von seiner Freundschaft mit Ardy.
"Nach nur zwei Jahren Freundschaft sind wir zusammen gezogen. Es war wie Liebe auf den ersten Blick", Taddl lachte leise, "Und seither sind wir unzertrennlich. Er weiss alles über mich. Ich wünsche wirklich fast jedem eine so tolle Freundschaft, wie sie Ardy und ich haben. Oder...Eigentlich wie wir alle sie haben. Wir sind ein freshes Team." Ich schmolz dahin, während er über sein Leben erzählte.

Schicksal - Taddl TjarksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt