22 - Fotoshooting

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Ungeduldig schaute ich auf die Uhr. Gleich ging die Sonne unter, wenn der schöne Kellner nicht bald auftauchte, würde ich gehen. Das Meer glitzerte in einem schönen, dunklem Blau und leichte Wellen spülten immer wieder Wasser an meine Füsse. Erstaunlich warm, dachte ich. Der Strand war leer, die Gäste des Hotels assen bestimmt alle. So wie meine Freunde. Ich hatte gesagt, dass mir schlecht war und deshalb im Zimmer blieb und war genervt, weil der dumme Kellner noch nicht gekommen war und ich wirklich gerne mit ihnen essen würde. Wie auf Kommando knurrte mein Magen. Ich seufzte und setzte mich in den feinen Sand.
Gerade, als ich ein gelungenes Foto vom Horizont schoss, bemerkte ich den Kellner. Elegant stand er im Sand und musterte mich. Ich sah ihn an und war wieder erstaunt, wie gut er aussah. Der Kragen seines weissen Hemdes war geöffnet und eine kleine goldene Kette blitzte im Licht, seine schwarze Anzugshose sass perfekt auf seinen schlanken Hüften und in der linken Hand trug er seine glänzenden Schuhe.
"Hallo, schöne Frau", begrüsste er mich lächelnd auf Englisch und kam näher. Ich errötete und überspielte das mit einem Foto von ihm, wie er auf mich zukam.
"Du bist zu spät." Ich schoss ein weiteres Foto von ihm, auf dem er ein zerknirschtes Gesicht machte.
"Sorry...Ich heisse übrigens Josef."
"Alisha. Setz dich." Ich sah Josef an und er liess sich vor mir nieder. Oh Gott, er war so wunderschön.
Wir machten hunderte Fotos. Josef war ein Witzbold und sehr arrogant. Er war sich bewusst, wie gut er aussah und scheute auch nicht, seine Attraktivität zu seinem Vorteil zu nutzen. Ich hatte ihn gefragt, wieso er kein Model geworden war und er hatte geantwortet, dass er einen sicheren Job brauchte, weil seine Eltern von ihm abhängig waren. Er erzählte mir auch, dass er gerne tauchte und einen kleinen Souvenirladen hier in Hurghada besass.
"Genau so...Öffne zwei Hemdknöpfe. Ja, perfekt!" Ich beobachtete ihn durch meine Linse. Wow, diese Brust! Josef knöpfte sein Hemd auf und zog es sich ganz aus. Hoppla, das war nicht geplant. Aber so schlimm fand ich es gar nicht, Josef hatte einen Adoniskörper. Ich schoss also Fotos von ihm nur in Anzugshose und fragte mich wieder, wieso er nicht für Dior oder so modelte. So ein verschwendetes Talent.
Mittlerweile war es dunkel, die Sonne war verschwunden und die Nacht hatte eingesetzt. Das Rauschen der Wellen und der Ton, wenn ich ein Foto machte, waren die einzigen Geräusche hier am Strand. Ich wollte schon immer einmal nachts im Meer baden gehen, aber wenn ich das unendliche Blau jetzt betrachtete, war ich mir nicht mehr so sicher. Das Wasser war rabenschwarz und man konnte nicht erkennen, wie tief es war. Ich beschloss, diesen Wunsch aus meiner Bucketlist zu streichen.
Langsam öffnete Josef den Reisverschluss seiner Anzugshose. Ich sah schockiert durch die Linse und sagte:"Danke, Josef, dass du mitgemacht hast. Ich...Wir sind jetzt fertig."
"Wir haben doch noch fast gar keine Fotos gemacht?" Er sah mich enttäuscht an.
"Ich habe keinen Speicherplatz mehr", log ich. "Gibst du mir deine Nummer? Dann kann ich dir die Fotos schicken. Selbstverständlich veröffentliche ich die Bilder nur, wenn du willst."
"Auf deinem Blog? Geht klar. Hier." Josef überreichte mir einen Zettel mit seiner Nummer und schaute mir in die Augen, während er seine Hose wieder richtig anzog. Ich wandte mich ab, damit ich mein Equipment zusammenpacken konnte und als ich fertig war, war Josef schon verschwunden.
"Hm", machte ich und ging in Richtung Hotelzimmer.

Schicksal - Taddl TjarksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt