21 - Beziehungen

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Freundschaft bedeutet vieles. Es gibt viele Arten von Freundschaft und dementsprechend auch von Freunden. Bekannte, die sie mit dem anderem verstehen sich mit dem anderen, aber ihn nicht gut genug kenne , um ihn mögen zu können. Oder Kollegen, die nur bei der Arbeit oder in der Schule aufeinandertreffen und diese dann mögen oder auch nicht, was aber nur für das Zusammenarbeiten wichtig ist, weil man sich sonst nicht mit diesen Personen auseinandersetzen muss. Das sind alles mehr oder weniger wichtige Beziehungen und es ist meistens auch nicht so schlimm, wenn man sich mit einem Bekannten oder einem Kollegen nicht so gut versteht. Und dann gibt es noch Freunde. Menschen, mit denen man sich gut versteht, mit denen man gerne Zeit verbringt. Beste Freunde hingegen sind Personen, die einem so wichtig sind, dass man manchmal zuerst an sie als an sich denkt. Ein Instinkt, der früher als Neandertaler zum Beispiel überlebenswichtig war, weil ohne dieses "Wir-Denken" nichts funktioniert hätte. Es gibt noch eine weitere Art von besten Freunden und sie ist sehr selten, was wirklich schade ist, weil sie einfach wundervoll ist. Es ist eigentlich gar keine *Freundschaft* mehr, sondern viel mehr. Menschen mit einer solch inniger zwischenmenschlicher Beziehung, dass dieser Urinstinkt der Neandertaler *alles* für die Gruppe bestimmt. Gehandelt wird aus Überzeugung für alle und nicht für eine Person. Es gibt kein "Ich" mehr, nur noch das "Wir" zählt. Freude, Trauer, Wut, alle Gefühle beziehen sich auf jeden der Personen. Diese Gruppe ist sozusagen ein Mensch, der mehrere, aber miteinander verbundene Gehirne und Seelen hat.

Fabiennes Lachen riss mich aus meinen Gedanken und ich sah zu ihr herüber. Sie sass angelehnt an Mary auf einem Bett und schoss ein Foto von ihrem Freund und sich, während sie Grimassen zogen. Ich musste einfach lächeln, so süss waren die beiden. Ardy und Taddl, beide auf einen Block vor ihnen starrend, sassen an dem kleinen Tisch und wirkten sehr konzentriert. Vielleicht arbeiteten sie an ihrer Musik. Luna lag auf dem Boden und las ein Buch, ihre Beine auf Ardys Schoss.
Wir waren alle im selben Raum und beschäftigten uns mit irgendwas. Es war leise, nur Taddl und Ardy wechselten ab und zu ein paar Worte. Es war, als würde die Uhr langsamer ticken. Und da wurde es mir bewusst: wir waren gemeinsam allein. Jeder war in seine Welt vertieft, aber dennoch nicht einsam. Es war schön zu sehen, dass wir nicht zwanghaft etwas miteinander unternehmen mussten, dass wir einfach chillen konnten.
"Was ist für dich Liebe, Lunes?" Ich setzte mich vom Bett auf und streckte mich.
"Hm...Das ist einfach Freundschaft." Sie kratzte sich am Kopf. "Chillen, lachen, weinen, schreien, hassen. Freundschaft, aber halt mit sexueller Anziehung. Es ist magisch...Kompliziert. Anstrengend. Aber schön." Sie lächelte beim letzten Satz verträumt und ich wusste, dass sie an Ardy dachte.
"*Trotz jedem Krach, allem Anlass zu flieh'n, würd' ich lieber mit dir streiten, als wen anders zu lieben*. Von Casper, dem Rapper. Das ist für mich die Definition von Liebe. Jemanden so sehr zu mögen, dass man sich lieber mit ihm streitet, als dass man ihn ersetzt oder verliert. Es ist das Kennen von den Schwächen des Partners, sie zu akzeptieren und auch zu lieben. Jedes Detail vom Anderen zu kennen und zu wissen, wie man mit der Person umgeht." Taddl sah mir tief in die Augen und ich ertrank in ihnen, ertrank in dem intensiven Blick, in dem eisigen Blau. Die Welt hielt den Atem an, während wir uns anstarrten. Seine eisblauen und meine schokoladigen Augen verschlangen sich. Ich spürte das Knistern in der Luft, fühlte den Funken springen.
Taddl wandte den Blick ab und ich glaubte zu erkennen, dass er rot geworden war. Gut, dann war ich nicht die Einzige, der es peinlich war.
"Wow, das war jetzt auffällig. Wenn du nicht total auf ihn abfährst, dann fress ich einen Besen!", flüsterte mir Ardy zu und grinste über beide Ohren.
"Halt die Klappe, Idiot!" Ich sah ihn böse an.

Schicksal - Taddl TjarksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt