21. Kapitel ~

144 7 0
                                    

Ich konnte kaum länger als 10 Sekunden ins Feuer sehen. Es war zwar schön, doch es brannte sehr stark in den Augen, sodass sie anfingen zu tränen. Also versuchte ich irgendwie um die große Flamme herumzuschauen, damit ich die Anderen sehen konnte. Gegenüber von mir saß Steve, den wir vor ein paar Stunden kennengelernt hatten. Schon seit wir hier waren erzählte er irgendwelche Geschichten, dabei gestikulierte er oft wild mit seinen Händen. Er hatte wieder nur eine Shorts und Flip-Flops an. Wäre ich an seiner Stelle, würde ich es genauso machen, denn das Feuer war echt heiß. 

Neben ihm saß eine oder seine Frau, sie hatte bis jetzt noch nichts gesagt, so wie der Mann, der neben ihr saß. Es war der mit der Zigarette, eben hatte er uns mit dem Aufbau des Zeltes geholfen. Er blickte mürrisch in das Feuer und stocherte ab und zu mit einem Stock in der Glut. Auf der anderen Seite von Steve saß das kleine Mädchen, welches ich bei unserer Ankunft am Strand gesehen hatte. Sie vermied den Blickkontakt, aber wenn meine Augen mal woanders ruhten, konnte ich aus dem Augenwinkel sehen, wie sie mich beobachtete. Als ich dann auch zu ihr sah, wandte sie ihre großen braunen Augen schnell wieder ab und musterte ihre Füße. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich von ihr halten sollte. 

Ein alter Mann, der einen langen weißen Bart hatte und sehr zerbrechlich aussah, saß im Schneidersitz neben dem Mädchen. Er hatte einen Wanderstock in seiner Hand und trug als einziger außer uns Wanderschuhe. Aufmerksam folgte er dem Redeschwall von Steve, dabei bildete sich manchmal ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. Er erinnerte mich an Gandalf auf Wanderschaft im 21. Jahrhundert. 

Es war eindeutig Flut, denn wenn ich es mir nicht eingebildet hatte, kam das Meer langsam immer näher. Noch war es ungefähr 20 Meter entfernt, aber bald würden wir unseren Lagerplatz verlassen müssen. Ich blickte neben mich, im Gegenteil zu mir schien Louis aufmerksam zuzuhören, was Steve erzählte. Er bemerkte noch nicht mal, dass ich ihn ansah. Schmunzelnd ließ ich meine Hände in den Jackentaschen versinken und widmete mich den natürlichen Mustern im Sand. Keine Ahnung, warum ich nicht so wie die anderen an Steves Lippen hing, wahrscheinlich fühlte ich mich einfach zu gut, um mir von irgendwelchen Gruselgeschichten die Laune vermiesen zu lassen. Als Steve fertig war und seine Erzählung mit ein paar Lachern und Geklatsche belohnt wurde, machten sich die ersten wieder auf den Weg. 

„Schlaft wohl und in Frieden!", rief der alte Gandalfmann aus und stütze sich auf seinen Stock. Alle Beteiligten nickten zustimmend und wünschten ihm auch eine gute Nacht. Dann ging er mit schnellen Schritten auf den Wald zu. Ich sah ihm noch solange zu, bis die Dunkelheit ihn verschluckt hatte.

Die Frau, die neben Steve saß flüsterte ihm schnell etwas ins Ohr, und dann stützte sie sich an seiner Schulter ab und stand auf. Dabei sah ich, dass sie ein weites, luftiges Stück Stoff als Kleid um ihren Körper gewickelt hatte. Schuhe trug sie keine, und so sah sie aus wie eine wunderschöne Ureinwohnerin Hawaiis. Vielleicht war sie das ja auch. Als sie an Louis und mir vorbeikam, lächelte sie uns warm an. Ich kannte nicht mal ihren Namen und sie wusste auch nicht, wer wir waren. Aber es war so als ob wir uns schon ewig kannten.

„Wäre nicht die Hälfte schon gegangen", sagte Steve nachdenklich, „würde ich etwas Musik spielen." Ein wenig traurig sah er ins Feuer, doch nur einen Augenblick später hatte er sich wieder gefangen und ein Lachen bildete sich in seinem Gesicht.

„Bevor du es dir anders überlegst, werd' ich lieber gehen", sagte der Zigarettenmann und stand ebenfalls auf. Das schon längst nicht mehr brennende Stümmelchen hatte er noch immer in seinem Mund. Er nickte in die Runde und schlurfte rüber zum Meer. Dort schmiss er dann in hohem Bogen den Rest seiner Zigarette rein. Meine Augen blieben an der Stelle im Meer hängen, wo sie gelandet sein musste. Das Wasser war Dunkelblau, fast schwarz und der Himmel darüber auch. Er war voll gesprenkelt von hell leuchtenden Sternen, die mir noch gar nicht aufgefallen waren. Das Himmelszelt wurde durch die hohen Felswände links und rechts unterbrochen, es schien so als ob wir in einem überdimensional großen Hufeisen saßen. Hinter uns der Wald und vor uns das Meer, das nie zu schlafen schien. Am liebsten hätte ich meinen Kopf in den Nacken geworfen und stundenlang in die Sterne geschaut, ich liebte dieses Gefühl, wenn man sich dabei so klein fühlte. Nur ein winziges Insekt in einem riesigen Universum. 

Every Summer has a Story (Louis Tomlinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt