26. Kapitel ~

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"Was ist deine Lieblingsfarbe?"

"Rot, aber kein Blutrot, mehr so ein ganz dunkles Orange."

Er lächelte. "Meine sind Grün und Blau, wie eigentlich fast alles hier." Oh ja, diese Farben dominierten hier wirklich. Aber eigentlich gab es noch so viel anderes, das bunt war. Die Häuser, das Essen, die Blumen, die Kleidung der Leute und die Surfboards - fast alles sprühte hier voll Lebensfreude.

Wir saßen auf den schroffen Felsen am Strand von Maui und der Wind wehte uns wild durch die Haare. Demnach kamen auch hohe Wellen bei uns an, die ein paar Windsurfer gekonnt ritten. Im Großen und Ganzen waren wir aber alleine, worüber ich gerade auch ziemlich froh war. Zwischen Fragen wie "Was ist dein Lieblingsbuch?" oder "Was sind sonst noch so deine Hobbys?", die wir in den drei Monaten irgendwie versäumt hatten, uns gegenseitig zu stellen, küsste Louis mich manchmal. Es war sanft und nur kurz, dabei legte er eine Hand an meine Wange. Bei jedem Einzelnen fühlte es sich wie ein weiterer Abschied an. Ich trug an diesem Tag mein langes rotes Sommerkleid, das ich mir für besondere Anlässe aufgespart hatte und davor auch noch nie anhatte. In meinem Haar steckte fixiert mit einer Haarklammer eine kleine weiß-gelbe Blüte, die nicht nur wunderbar roch, sondern auch ziemlich exotisch aussah. Sie nannte sich Frangipani und ich hatte auch mal ein Shampoo davon gehabt, aber in echt roch sie noch viel besser.

Es war wirklich ein besonderer Tag, deswegen auch das Kleid und die Blume. Heute war der allerletzte Tag für mich auf Hawaii und heute am frühen Abend würde ich mit meiner Mutter im Flieger sein. Ja, meine Mutter war auch hier, im Moment bei Grandma, weil sich sich echt lange nicht mehr gesehen hatten. Es war ein seltsames Gefühl, jemand anderen als Grandma aus der Familie hier zu haben, fast so als würde man beobachtet. Das war natürlich Quatsch, aber für mich war es immer so schön, nur Grandma und Louis um einen zu haben, keinen Stress mit der Familie oder der Schule, seine Probleme konnte man hier für eine ganze Zeit lang vergessen. Mein Herz wurde schwer, jedesmal wenn ich das weite Meer ansah. So schön, unberechenbar und beruhigend. Ich beneidete Louis wirklich, er war hier aufgewachsen und hatte das alles immer bei sich, für ihn war es Normalität.

"Wo möchtest du gerne mal hin?", fragte ich Louis. Im Paradies war er ja schon, aber vielleicht gab es da noch etwas anderes, das er sehen wollte, Alaska oder China vielleicht.

"New York", sagte er und grinste. Ich erwiderte es, das war echt süß. Klar, New York war super und wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich auch ein kleines bisschen Heimweh. Nach der Skyline, dem Centralpark und meinen Lieblingsplätzen dort, nur die ganze Natur und die lockere Lebensweise gab es da leider nicht.

"Aber auch mal nach China oder Japan." Ich kicherte, wie ich es mir gedacht hatte.

"Ja, die großen Städte dort müssen toll sein, aber auch die Chinesische Mauer." Ich stellte mir vor, wie ich mit hochgesteckten Haaren und einem Kimono über die Mauer spazierte und Fotos schoss.

Wir redeten noch eine ganze Zeit lang über solche Sachen, fast schon alltägliche Themen, aber es war trotzdem interessant, etwas mehr über ihn zu erfahren. Zum Beispiel, dass er erst zweimal auf dem Festland war, einmal um die Verwandten seines Dads in Texas zu besuchen und einmal mit ein paar Freunden in Los Angeles. Er war total begeistert von der Stadt und den Leuten gewesen, erzählte er mir. Ich brachte auch etwas über seinen Cousin in Erfahrung - den Sohn von Colin -, er lebte in Australien und hatte anscheinend Streit mit seinem Vater. Colin schien das sehr zu schaffen zu machen, aber davon ließ er sich überhaupt nichts anmerken. Ich betrachtete ihn jetzt in einem anderen Licht und verstand ihn auch etwas besser.

"Sollen wir nochmal schwimmen gehen, ein letztes Mal?" Louis sah mich an und erst dann fiel mir auf, dass ich ausgerechnet heute keine Schwimmsachen unter meinen Klamotten trug. Ich hatte alles schon in meiner Reisetasche verstaut und die stand jetzt mutterseelenallein auf meinem Bett bei Grandma. Aber da heute der letzte Tag war und ich kein Spielverderber sein wollte, zog ich mir die Sandalen aus und sprang auf.

Every Summer has a Story (Louis Tomlinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt