Mit schnellen Schritten lief ich die Treppe runter und ließ meine Hand dabei übers Geländer gleiten. Das Klopfen an der Tür war hundertpro Louis. Es war ein warmer, heller Sonntagmorgen und der Himmel war so wolkenleer, dass er mir wie eine hellblaue Platte vorkam, die jemand über dem Meer fixiert hatte. Mir ging es eigentlich gut, aber irgendwie auch nicht, das lag an der Sache mit Louis, ich musste mit ihm reden, denn ich wollte nicht, dass wir uns für meine komplette restliche Zeit hier aus dem Weg gingen. Ich öffnete die Tür und hielt die Luft an, im Kopf hatte ich schon meine Worte gesammelt.
"Louis, ich muss..." Ich hielt mitten in meinem eingeprobten Satz inne, da stimmte doch etwas nicht. Louis sah mich ganz normal an, er lächelte sogar ein wenig, was mich noch mehr verunsicherte. Ich hatte erwartet, dass er sauer, verletzt oder wenigstens reserviert vor dieser Tür stehen würde. Dann hätte ich nämlich meinen Text heruntergerasselt und alles wäre gut geworden. Aber das, was sollte ich bloß damit anfangen? Ich biss mir auf die Lippe und vergaß plötzlich, was ich sagen wollte. Komm schon, denk nach, das ist doch nicht so schwer!
Ich zwang mir ein Lächeln auf. "Komm rein."
Ich setzte mich neben Grandma auf die Couch im Wohnzimmer, jemanden neben mir sitzen zu haben, der mir im Notfall hätte helfen können, erschien mir als eine sehr gute Option. Ja, in solchen Dingen war ich schon immer ein Feigling gewesen. Louis nahm in dem dunkelblauen Kunstledersessel gegenüber von uns Platz, und Grandma, die eine Zeitung las, beachtete uns gar nicht. Jedenfalls tat sie so.
"Wie geht's dir?", fing ich zögernd an. Ich kam mir blöd und fehl am Platz vor, wie Smalltalk mit jemandem aus der Schule zu führen, den man nur vom Sehen her kannte.
"Gut." Gut, das konnte alles heißen. Entweder wollte er nicht sagen, wie es ihm wirklich ging, er wollte Grandma nicht aufhorchen lassen, einfach nur die Antwort geben, die wahrscheinlich 90 Prozent der Leute immer gaben, oder ihm ging es wirklich gut, aber das bezweifelte ich.
"Ich wollte dir etwas zeigen", sagte er und holte aus seiner Hosentasche einen kleinen Packen gefalteter Papiere. Er breitete sie ganz aus und gab sie mir. Einen kurzen Blick auf das Glanzpapier und ich wusste, dass es sich um Broschüren über irgendeinen Wanderweg handelte. Das Bild auf der Vorderseite war nicht schlecht, aber ich hatte nicht wirklich Lust, sie mir jetzt anzusehen. Ich war verwirrt und das nicht zu wenig, ich dachte, dass Louis gekommen war, um mit mir zu reden, ich war darauf vorbereitet, dass wir unser Missverständnis klärten und am Ende wieder Freunde waren. Das war mein Plan gewesen, aber er zerstörte ihn gerade. Ich fragte mich, was wir nun waren, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Fremde? Oder ein bisschen von allem? Ich kratzte mich am Kopf und dabei bemerkte ich aus dem Augenwinkel, wie Grandma auf die Papiere in meinen Händen schielte, sie hob vielsagend die Augenbrauen und kümmerte sich dann wieder um ihren Artikel oder was auch immer sie da las.
"Cool. Was ist das?" Ich machte es aber auch nicht besser, anstatt ihn direkt zu fragen, spielte ich dieses Spiel auch noch mit. Ja, schon klar, ich traute mich nicht. Dieses Problem hatte ich eigentlich noch nie gehabt, okay, ich war auch noch nie in einer Situation wie dieser gewesen.
"Es nennt sich Kalalau Trail und das ist ein 18 Kilometer langer Weg auf den Klippen von Kauai. Aber unterschätz ihn nicht, der hat es wirklich in sich."
Aha, und was wollte er mir damit jetzt sagen? Lass uns ein bisschen wandern gehen und damit ist das Problem aus der Welt geschafft? Ich musterte ihn kurz, ja, das schien er tatsächlich vorzuhaben. Ich brauchte einen kurzen Moment, um mich zu fassen, er dachte wahrscheinlich, dass ich über diesen Trail nachdachte.
"Louis, ich wollte eigentlich..."
"Nein, nein, du musst dich jetzt noch nicht entscheiden", er sah mich zuversichtlich an, "war nur so eine spontane Idee, wir müssen das nicht machen, wenn du nicht willst. Ich dachte nur, weil man da echt viel erlebt. Also hab ich gehört, und einen Teil davon bin ich auch selber schon mal gegangen, aber nicht bis zu dem Punkt, wo es richtig spannend wird."
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Every Summer has a Story (Louis Tomlinson)
Fiction généraleHawaii - 137 Inseln, sieben davon bewohnt. Rund 3700 Kilometer vom Festland entfernt, macht Lyla Urlaub bei ihrer Grandma. Sie lernt Surfen, übernachtet in Zelten und genießt endlich mal das Leben. Auch Louis, der irgendwie immer dabei ist, schlie...