Jeremy zog etwas aus der Tasche seiner beinahe schwarzen Jeans. Es sah aus meiner Entfernung aus wie eine Plastiktüte mit einer grünen Wollmaus darin. Er drückte es einem Jungen in die Hände, der einen Geldschein zwischen seine Finger schob. Der Junge steckte das Gras ein und stapfte weg. Irgendwie machte es mir etwas aus, dass er lieber Gras vertickte, als sich anspruchsvollen Gesprächen hinzugeben. Aber ich wusste, dass die Eifersucht, die ich fühlte vollkommen lächerlich war. Seit zwei Wochen hatten wir kein Wort miteinander gewechselt, er sah mich entweder gar nicht oder bloß mit Desinteresse an und ich dachte viel zu viel an ihn. Die Schulglocke läutete, er kickte einen Stein weg, versenkte seine Hände in den Hosentaschen und stapfte zum Klassenzimmer. Im Grunde hatte ich keine Lust auf Englisch, vor allem da ich wirklich andere Dinge als Grammatik und Essays im Kopf hatte. Ich packte meine Sachen zusammen und gerade als ich oben an der Treppe ankam, schloss unsere Lehrerin die Türe auf. Mrs. Thomson war frisch aus Amsterdam an unsere Schule gekommen und eigentlich mochten sie alle. Ich ließ mich auf meinen Platz fallen, ich saß alleine in der erste Reihe, weil niemand anderes dort hatte sitzen wollen und nahm meinen Block und das Mäppchen raus. "Good Morning.", rief sie gutgelaunt und strahlte uns an. "I have the class tests with me.", verkündete sie und sah in die Runde. Die meisten begannen zu flüstern. Ich wollte meine Arbeit zum Teil zurück bekommen und zum anderen einstecken und mir wieder rausholen, geschweige denn ansehen. Da klatschte sie mir schon das Blatt auf den Tisch und ging weiter. Vorsichtig, als könne es mich gleich anfallen, drehte ich es um. 2-3. Erleichtert atmete ich auf. So unauffällig es ging lugte ich über meine Schulter zu Jeremy. Er drehte gelangweilt sein Blatt um, zog eine Augenbraue hoch und verstaute es achtlos in einem Block. Irgendwie beruhigte es mich immer wieder zu sehen, dass ich nicht die einzige Person war, die er mit Desinteresse behandelte. Ganz im Gegenteil.
Der Rest der Stunde bestand darin die Anforderungen der Klassenarbeit zu besprechen. Bis sie zehn Minuten vor Ende noch einmal um Ruhe bat. "We gonna make presentations. It's important that you learn to present and talk in English so I don't care about the topic you choose." Getuschel hob an, von all den Leuten, die sich berieten mit wem sie zusammen in eine Gruppe gehen wollten und zu welchem Thema sie präsentieren sollten. "But...", rief sie laut und alle verstummten. "...you gonna work in pairs and I choose who will work with who." Ein allgemeines genervtes Seufzen erklang und ich stützte meinen Kopf auf eine Hand. Eigentlich könnte ich bloß mit jemand in eine Gruppe kommen, mit dem ich nicht auskam, der mir großzügiger Weise die ganze Arbeit überließ oder beides. Sie zog raschelnd eine Liste aus einem Ordner und lehnte sich an das Pult. Sie begann die Namen aufzurufen und ich senkte mit geschlossenen Augen meinen Kopf, während ich ein paar Strähnen in meinem Nacken zwirbelte. Ich wollte noch weniger hören, mit wem ich in eine Gruppe käme, als ich meine Klassenarbeit hatte zurück bekommen wollen. Mir fielen mir schlimme und noch schlimmere Gruppenzusammensetzungen ein. Gerade wurde Sabrina, ein nettes Mädchen, mit dem ich mich eigentlich ganz gut verstand, Gina zugeteilt und ich verlor den Glauben in die Hoffnung, dass ich wenigstens irgendjemand anständigen bekäme. "Jérôme and Jeremy.", verkündete sie flötend. Jemand am Tisch neben mir seufzte herzzerreißend. Ich sah zuerst zu Mrs. Thomson und dann zu Jeremy, der genervt die Augen verdrehte. So groß war seine Begeisterung also... Schnell wandte ich mich wieder nach vorne und packte meine Sachen zusammen. Gerade als sie die Name des nächsten Paares verkündete, läutete es. "You need a topic up to friday.", fügte sie noch hinzu. Jeremy lief an meinem Tisch vorbei und legte einen Zettel auf meinen Tisch, ohne dass sein Blick mich auch bloß streifte. In einer schöneren Schrift, als ich von ihm erwartet hatte stand dort Silver Street 19, 15 Uhr. Ich starrte zuerst den Zettel an und dann zu ihm, wobei ich bloß noch seinen Rücken sah. In einer fließenden Bewegung, die ich mir niemals zugetraut hätte griff ich nach meiner Tasche und stand auf. "Warte.", rief ich und die Türe schlug vor meiner Nase zu. Seufzend drückte ich sie auf und eilte Jeremy durch eine Horde von Fünftklässlern hinterher, den Zettel sicher in einer meiner Hosentaschen verstaut. "Was ist, wenn ich da nicht kann?", fragte ich schlussendlich leicht außer Atem un sah zu ihm hoch. Er ließ seine Hand sinken, mit der er gerade seinen in-ear Kopfhörer in seinem Ohr hatte versenken wollen. "Dann kannst du dir selbst ein Thema aussuchen und die Präsentation alleine halten." Seine Stimme klang kalt und sie bohrte sich mit eisigen Fingern in meine Brust. Ich ignorierte das sehnsüchtige Ziehen. "Du weißt, dass die Silver Street nicht einmal in der Nähe von der Oak Lane ist?" Er sah mich von er Seite an und zog eine Augenbraue hoch. "In der Nähe davon wohnen meine Eltern. Silver Street ist mein Haus." Einen Moment starrte ich ihn an, weil ich mir nicht sicher war, ob er Witze machte. "Achso. Zu einem wertvollen Oldtimer hast du jetzt auch noch ein Haus?" "Das hab ich mir selbst gekauft.", sagte er knapp und ging aus der Türe heraus. "In der Nähe von der Oak Lane ist gar keine Baustelle.", stellte ich fest. Er schwieg. "Wieso hast du meine Mutter angelogen?" Er verdrehte die Augen und sah mich angenervt an. "Ich wollte nicht, dass ihr dir Villa seht." "Weil sich eine zweiköpfige Familie in einem fünfzehn Jahre alten Polo nicht so gut vor einer Villa vom Wert von mehreren Millionen macht?" Er steckte seinen MP3-Player ein und fuhr sich durchs Gesicht. "Nein. Weil ich nicht wollte, dass deine Mutter denkt ich sei ein arroganter Schnösel, der sich zu fein für einfache Leite ist. So wie du jetzt von mir denkst." Ich biss mir auf meine Unterlippe und hätte am liebsten meine letzten Sätze zurück genommen. Er sah mich noch einmal genau an, raunte etwas, das wie "Sei pünktlich" klang und beschleunigte dann seine Schritte, während er die Kopfhörer aus seiner Tasche zog.
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Tut mir Leid, wegen des Englisches. Mich stört das bei Kapiteln ja selbst meistens, aber es war hier Mittel zum Zweck.
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× Messed & Broken Hearted ×
Teen FictionGegensätze ziehen sich an. Und wenn nicht zerfetzen sie einander. Jérôme und Jeremy hätten sich niemals vorstellen können, dass sie einander auch bloß nahe genug kommen würden, um die Augenfarbe des anderen zu erkennen. Aber man kann nicht alles pl...