Die Wut setzte sich heiß und rot in meinem Kopf ab. Hinter meinen Augenlidern. In meiner Brust. Sie erfüllte meinen Körper. Wut auf mich. Auf diesen Typen, Jérôme, der so respektlos war. Aber vor allem auf sie. Natürlich. Sie hatte nicht einmal gefragt, wie es mir ging. Mich kurz von ihrer To-Do Liste streichen, vor ihrer Mani- und Pediküre und natürlich vor dem Friseur. Mich gar nicht zu Wort kommen lassen und dann schnell auflegen, nachdem sie das runtergerattert hatte, was sie sich vorgenommen hatte. Hätte sie mir vielleicht einmal zuhören können? Einmal?! Ich hatte keinen Bock auf heute. Ich wollte mich einfach im Bett verkriechen und schlafen. Mich nicht mit irgendwelchen Deppen auf irgendeiner schwachsinnigen Wanderung rumschlagen. Mir wäre sogar Unterricht lieber. Diese ganze scheiße brachte mich allmählich um.
Jérôme kam wieder aus dem Badezimmer. Seine Haare waren noch nass und tropften auf seinen nackten Oberkörper. Es hatte wenigstens die Gnade gehabt, eine Hose anzuziehen. "Jer? Ist alles okay?" "Nenn mich nicht so!", zischte ich statt einer Antwort. Vollpfosten. "Jer, Jer, Jer, Jer, Jer." "Du weißt, dass dein Name mit denselben Buchstaben anfängt und ich dich auch so nennen kann?", gab ich unbeeindruckt zurück und zog mir eine Jogginghose an. Meine Chucks mussten für heute reichen. Ich steckte mir Kopfhörer in die Ohren und mein Handy in die Bauchtasche des Pullovers."Wohin gehst du?", fragte er. "Eine Runde joggen." Er verzog das Gesicht, als sei der bloße Gedanke an Joggen ekelhaft. Ich musste hier raus. Etwas tun. Mich bewegen. Sonst würde ich noch überschnappen. Ich hasste diese ganze verdammte Welt. Wenn das so weiterging, würde ich mich echt noch in Amokläufer hinein versetzen können. Ich schlug die Türe heftiger als nötig hinter mir zu. Was bildete sich dieser Typ ein? Sollte er seine widerlichen Grapscher, dort lassen wo sie hingehörten. Und wenn er gerne rumfummelte sollte er das gefälligst an sich selbst. Ich war nicht sein Sexspielzeug. Ich war niemandes Sexspielzeug. Und dann hatte er es auch noch gewagt mir zwischen die Beine zu treten. Was hatte der für ein Problem? Zuerst wollte er mir an die Wäsche und dann plötzlich wurde er handgreiflich. Konnte er mit Zurückweisung nicht umgehen? Und nein!! Ich war nicht so erbärmlich, dass ich ihn an mich ranließ! Und dann auch noch meine Mutter. Und Herr Schamm, der sich einildete, dass er mit seinen Erziehungsmaßnahmen jeden so umkrempeln konnte, dass er ihm passte. Ich würde nicht nach seiner Pfeife tanzen. Andererseits hatte ich auch keine Lust auf Ärger... Mal sehen wie die restlichen vier Tage verliefen. Vielleicht konnte ich es ja auch mit dem Jungen aushalten. Ich bezweifelte, dass dieser Lehrer mit sich reden ließ. Alter närrischen Sturkopf. Aber es war dann seine Schuld, wenn man diesen schwachköpfigen Jérôme (Ich hasse diesen Namen und den Typen, der dazu gehört!!) irgendwann verstümmelt im Wald wiederfand. Ich hatte ihn gewarnt. Ich bog in einen Waldweg ein und hoffte, dass ich nicht die Zeit vergaß. Es machte zwar Spaß Diskussionen mit Herr Schamm zu führen und zu sehen, wie er sich immer mehr in Rage redete, aber an so einem Tag musste man es nicht darauf ankommen lassen. Escape the Fate mit ihrem gleichnamigen Album waren perfekt für so einen Morgen. Depressiv und unheilschwanger. Genau wie meine Laune. Ich war mir sicher, mein Vater würde nicht mehr anrufen. Der hatte ja seine Arbeit. Ich musste mich schon glücklich schätzen, dass meine Mutter sich gemeldet hatte. Wofür setzt man Kinder, denn auch in die Welt? Damit sie einem das Blut aus den Fingern saugen und dir die Haare vom Kopf fressen und später deine Rente zahlen. Ich war zwar in einen Rhythmus hineingekommen, aber ich beschleunigte. Die dumpfen Aufschläge, die durch meinen Körper fuhren beruhigten mich. Es war als würde die Wut von meiner Brust in meine Beine fließen und ich sie dort einfach an die Umgebung weitergab. Vielleicht würde es jetzt in Zukunft hier aggressive Kaninchen geben. Ich grinste in mich rein. Mein Humor wurde auch immer flacher... Hoffnungslos dieser ganze Scheiß hier.
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× Messed & Broken Hearted ×
Teen FictionGegensätze ziehen sich an. Und wenn nicht zerfetzen sie einander. Jérôme und Jeremy hätten sich niemals vorstellen können, dass sie einander auch bloß nahe genug kommen würden, um die Augenfarbe des anderen zu erkennen. Aber man kann nicht alles pl...