Chapter 3

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Irgendwann sah ich einen schwarzen Wagen. Er fuhr direkt auf mich zu, beziehungsweise eher an mir vorbei, und sah nicht im geringsten so aus, als würde er anhalten.
Ich stellte mich auf die linke Fahrspur, wedelte mit den Armen umher, was wohl ziemlich dumm ausgesehen haben muss, und betete, dass der Fahrer des Wagens mich bemerken würde; besser gesagt, ich hoffte, dass er seinen Wagen zum Stehen bringen würde.
Doch es geschah nichts. Er wurde zwar langsamer, hielt jedoch nicht an.
Da fuhren also meine Hoffnungen dahin...
Die Tränen stiegen mir in die Augen und ich setzte mich unwillkürlich auf den kalten Boden.
Das war's.

Doch plötzlich sah ich wieder den Wagen, der nun im Rückwärtsgang die Straße entlang fuhr. Mein Herz machte einen Sprung. Kam er ernsthaft zurück?
Tatsächlich stand das Auto wenige Sekunden neben mir, und ich sah, wie sich die Tür öffnete und jemand ausstieg.
Vor mir stand ein junger Mann, vielleicht Anfang zwanzig, mit blondem Haar, aber braunem Ansatz,  und blauen Augen. Ich saß zwar noch immer auf dem Boden, konnte aber trotzdem sagen, dass er nicht sonderlich groß war. Sein Gesicht spiegelte seine Verwirrung, aber auch sein Mitleid wider. Er wusste scheinbar nicht genau, wie er reagieren sollte, weshalb er sich einfach neben mich auf den Boden setzte und mir seine Jacke um die Schultern legte. Die Tränen strömten mir noch immer die Wangen hinunter und durch mein Geschluchze konnte ich nicht wirklich viel von dem vernehmen, was der Mann sagte; ich hörte bloß ein leises "Du musst doch frieren."
Ich nickte und sagte kurz "Danke".
Meine Stimme klang ungewohnt. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich noch gar nichts gesagt hatte. Zu wem denn auch?

Ich weiß nicht mehr ganz genau was passiert war, aber ich saß auf jeden Fall einige Minuten später im Auto des Fremden. Irgendwie hatte er es wohl geschafft, mich etwas zu beruhigen.
"Geht's wieder?" fragte er mich, während sein Blick für kurze Zeit von der Straße abschweifte. Ich nickte kurz.
"Okay, ähm... Wie heißt du? Und was hast du hier draußen so allein gemacht?" fragte er mich nach kurzer Zeit mit einem kleinen Lächeln im Gesicht. Ich fand es süß, dass er ein Gespräch anfangen wollte, ich konnte ihm nur leider keine Antworten geben.
"Ich weiß es nicht." schluchzte ich erneut.
"Du weißt nicht, was du dort gemacht hast?"
"Ja. Und ich weiß auch nicht wer ich bin."
Er sah mich ungläubig an. Was musste er wohl in diesem Moment gedacht haben? Eine Irre sitzt heulend in seinem Auto und sagt ihm, dass sie keinen Plan von ihrem Leben hat. Es war die Wahrheit, aber es klang ziemlich komisch.
"Warte mal... Fang bitte von vorne an. An was genau kannst du dich denn erinnern?" forderte er mich freundlich auf.
"Ich bin vorhin in einem dunklen, komischen Raum aufgewacht und..."
Ich erzählte ihm also die ganze Geschichte. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er neben mir angehalten hat.

Nachdem ich fertig war, sah ich, wie sein Blick kurz über meine Handgelenke huschte, bis er wieder auf die Straße sah. Er war definitiv schockiert, was ich ihm nicht verübeln konnte; ich war es nämlich auch.
"Es tut mir echt leid, dass ich an dir vorbei gefahren bin... Ich dachte, du seist ein Fan." entschuldigte er sich etwas kleinlaut bei mir. "Ein Fan?" fragte ich neugierig. Kannte ich diesen Mann? Sollte ich ihn kennen?
"Ach, nicht so wichtig. Du kannst dich wirklich an gar nichts mehr erinnern?"
"Nein." seufzte ich.

Forgotten Memories | ABGEBROCHEN.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt