Chapter 11

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Das Klicken der Tasten verstummte. Der Polizist sah mich mit ernstem Blick an.
"Also... Ihre Daten sind hier. Größtenteils zumindest. Es fehlt nur ihr Name, ihre Familienangehörigen und ihr Geburtsort." redete er stirnrunzelnd.
"Ach nur? Das bedeutet ja, dass da so ziemlich gar nichts steht!" schrie ich schon fast. So Im Nachhinein ist mir meine Reaktion echt peinlich, da ich ihm ja nichtmal die Chance dazu gab, mir noch etwas zu erklären.
Zu diesem Zeitpunkt schien es aber irgendwie das Richtige zu sein.

"Das stimmt so nicht ganz. Hier steht, dass sie am 11.08.1994 geboren sind. Das bedeutet, sie sind..." er rechnete kurz nach, "...21 Jahre alt."
Ich sagte nichts. Ich war kurzzeitig total überwältigt von meinen Gefühlen.
Warum genau, kann ich gar nicht mehr richtig sagen. Vermutlich war es einfach die Erleichterung, die ich in mir spürte, als ich erfuhr, dass es tatsächlich noch Hinweise von meiner Existenz gibt.
Okay, "Hinweise". Es war theoretisch meine gesamte Akte. Es wurden einfach nur die wichtigsten Daten daraus entfernt.
Es musste jemandem echt wichtig gewesen sein, dass niemand von mir weiß. Ansonsten sehe ich keinen Grund, sich in einen Polizeicomputer zu hacken, um das Zeug zu löschen.
Ich möchte ehrlich gesagt auch gar nicht wissen, wie diese Person das angestellt hat.
Außer natürlich sie arbeitet selbst bei der Polizei...

"Wie gehen Sie jetzt weiter vor?" fragte Mara den Polizisten und riss mich somit aus den Gedanken.
Ich sah aus dem Augenwinkel, dass ihre Hand mit Nialls verschränkt war. Er streichelte ihr über den Handrücken.
Dieses Bild ließ mich unwillkürlich lächeln. Sie waren echt süß.
Ob ich auch einen Freund hatte? Ob er nach mir suchen würde? Ob er mich vermissen würde?
Vielleicht würde er mich ja bald heldenhaft retten.
Okay, vermutlich eher nicht. Aber der Gedanke dahinter brachte mich zum Grinsen.

Ich musste wohl wie ein Volltrottel ausgesehen haben, als ich so vor mich hin grinste. Aber wenigstens schienen alle zu glauben, dass es wegen meiner Akte ist - nicht wegen meinen komischen Gedanken.
"Sie dürfen sich ruhig freuen, Miss. Wir werden Ihre Identität herausfinden, verlassen sie sich auf uns."
Der Polizist lächelte mich an. Irgendwie machte er nicht den Eindruck, als würde er daran glauben, dass alles wieder gut wird, aber ich wollte ehrlich gesagt nicht weiter über Negatives nachdenken. Ich sah es einfach positiv. Ein Neustart, mehr nicht.

Gerade als ich beginnen wollte, eine Frage zu stellen, fiel mir der Polizist ins Wort: "Ein was müssen wir aber noch klären: Sie sind im Moment obdachlos, weshalb ich ihnen vorschlagen würde, dass..." - "Sie ist nicht obdachlos!" fiel Niall ihm ins Wort und erntete sofort einen bösen Blick von ihm, weshalb er noch schnell ein "sorry" murmelte. "Sie wohnte bei uns." fügte Mara noch hinzu.
Ich hätte auch für mich selbst reden können, aber ich war echt froh darüber, dass ich bei zwei so netten Menschen gelandet bin. Zwei Menschen, die mich einfach so mir nichts, dir nichts bei sich wohnen ließen. Mir war klar, dass es nur aus Mitleid so war. Aber vielleicht hatte ich ja auf diese Art und Weise die Chance darauf, Freunde zu finden. Vielleicht würden wir uns ja super verstehen und diese Situation würde uns zusammenschweißen. In dreißig Jahren sitzen wir dann im Garten der beiden - ich hab mein Gedächtnis schon längst wieder gefunden - und wir lachen über die jetzige Zeit.
Das wäre echt toll.

Ich sollte dringend damit aufhören, über sowas nach zu denken. Ich glaube nicht, dass das auf Dauer so gut für meine Psyche ist, wenn ich mir immer wieder komische und zugleich auch tolle Szenarien vorstelle, die eh nie passieren...

"Okay, Sie können gehen. Schönen Abend noch." verabschiedete sich der Polizist, dessen Namen ich immer noch nicht weiß, von uns und öffnete uns die Tür.
Während ich in Gedanken versunken war, haben Mara und Niall anscheinend irgendwelche Papiere ausgefüllt. Wahrscheinlich Adresse und Telefonnummer und sowas.
Ich hatte keine Lust danach zu fragen; ich war einfach nur froh, dass ich aus diesem Gebäude raus war und mich die kühle Nachtluft umschloss.

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Danke, für's Lesen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir Feedback hinterlassen könntet :)

Forgotten Memories | ABGEBROCHEN.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt