Mittlerweile sah ich die vielen Lichter links und rechts an uns vorbei ziehen; offensichtlich waren wir jetzt irgendwo mitten in London.
"Wo genau war ich eigentlich? Und wieso bist du da lang gefahren?" fragte ich Niall neugierig.
"Ich weiß nicht genau, wie dieser Wald heißt, aber du warst auf jeden Fall ziemlich weit von der Innenstadt entfernt, wie du unserer Fahrzeit sicherlich entnehmen kannst. Es hätte vermutlich noch Tage gedauert, bis dich dort draußen jemand gefunden hätte." erklärte er mir.
Für kurze Zeit herrschte Stille.
Ich starrte ihn einfach nur an, um auf diese Weise noch die Antwort auf meine zweite Frage zu bekommen.
"Öffentliche Straßen sind mies für Leute wie mich." rückte er nun doch endlich mit der Sprache raus.
"Für Leute wie dich?" fragte ich ihn skeptisch und hob dabei meine Augenbrauen.
Er schien sich ein Lachen verkneifen zu müssen, sagte dann aber: "Ich bin ein bisschen... Bekannter... Als andere Leute."
"Inwiefern?"
"Warum willst du so viel über mich wissen? Wäre es dir nicht lieber, wenn du etwas über dich selbst erfahren würdest?" lächelte er. Es fühlte sich so an, als wüsste er nicht, ob es angesichts der Situation angemessen wäre, zu lachen oder nicht, und sich deshalb einfach für ein kleines Lächeln entschied.
"Ich hab zuerst gefragt." lachte ich dann, womit ich Niall nun seine Unsicherheit nahm.Es war verrückt, dass ich in so einer Situation wirklich lachen konnte.
Mein Leben glich theoretisch gesehen einem großen Loch und ich hatte nichts Besseres zutun, als mit einem fremden Typen über irgendwas Dummes zu lachen.
Andererseits war es jedoch gut, dass ich mich nicht seelisch damit fertig machte. Es hätte ohnehin nichts gebracht; meine Erinnerungen waren weg und ich hatte absolut keine Ahnung, wo meine Familie und Freunde sich aufhielten, falls ich sowas überhaupt hatte. Was hatte ich schon zu verlieren?
Ich hatte ja irgendwie die Hoffnung, dass irgendwann jemand zu mir kommen würde, sagt, dass alles nur ein Scherz war und mich dann fröhlich weiter leben lassen würde. Mir war klar, dass das keinen Sinn machte, aber was machte in diesem Augenblick denn noch Sinn?
Es bestand auch die Möglichkeit, dass einfach alles ein Traum war. Ich würde dann später einfach in meinem Bett aufwachen und darüber lachen.
Zur Probe zwickte ich mich einmal kurz in den Arm. Der Schmerz meiner langen, schmutzigen Fingernägel ließ mich kurz zusammenzucken, ich ließ mir jedoch Niall gegenüber nichts anmerken.
Es war definitiv kein Traum."Ich brauche einen Namen für dich." riss Niall mich aus meinen Gedanken.
"Wozu das denn? Du setzt mich am nächsten Krankenhaus ab, verschwindest und bist mich für immer los. Du musst keine weiteren Gedanken an mich verschwenden und kannst dich wieder den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zuwenden. Wozu brauchst du dann meinen Namen?" antwortete ich vielleicht etwas zu mürrisch.
"Oh, da ist aber jemand nicht gut drauf." grinste er erneut vor sich hin. Am liebsten hätte ich ihm nochmal an den Kopf geworfen, dass ich mein Gedächtnis verloren hatte und nachher auf mich allein gestellt sein werde, aber komischerweise musste ich auch grinsen. So sehr er mich mit seiner Art in diesem Moment nervte, so sehr war ich auch froh, jemanden um mich zu haben, der wenigstens versuchte, nett zu sein. Ich hätte schließlich auch bei jemand völlig Anderem im Auto landen können.
Und trotzdem wollte ich, dass der Albtraum vorbei ist...-
Danke, wenn ihr bis hierhin gelesen habt ♥
Ich würde mich über Bewertungen und Kommentare freuen :)
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Forgotten Memories | ABGEBROCHEN.
FanfictionWas tust du, wenn du ohne jegliche Erinnerungen an dein Leben irgendwo aufwachst und niemand da ist, um dir zu helfen? Du weißt es nicht? Gut, das Mädchen aus dieser Geschichte nämlich auch nicht.