Am Wochende bin ich überwiegend alleine. Papa verbringt den halben Tag im Studio ,ebenso wie Farid. Aidan hat aufgrund eines Trauerfalls in seiner Familie freibekommen und ist gestern nach zurück nach Amerika geflogen. Gelangweilt laufe ich durchs Haus und bleibe in Daddys Arbeitszimmer stehen. Papier liegen wild auf dem Boden verteilt. Die Schubladen hängen halb aus den Angeln und die Vorhänge sind zugezogen worden. Vorsichtig öffne ich eine Partie und beginne die Unterlagen zu sortieren. Eine rote Akte bleibt in meinem Blickfeld hängen.
"Marise.", steht in geschwungenen Buchstaben darauf. Zögernd hebe ich sie auf, lasse mich auf dem ledernen Stuhl nieder und öffne das Deckblatt.
Eine junge Frau mit strahlend grünen Augen, rotgeschminkten Lippen und einem verführerischen Gesichtsausdruck zwinkert in die Kamera. Um ihren Hals liegt eine Perlenband. Ihre braunen Haare umrahmen in wilden Locken das mit hohen Wangenknochen geschmückte Gesicht.
Sie ist wunderschön. Eine Seite weiter entdecke ich ein Bild, dass mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Ich eile in mein zimmer blättere hastig durch mein Lieblingsbuch und ziehe das kleine Foto heraus. Der Mann , welcher der jungen Frau den Arm umgelegt hat, die Bank. Mir wird schlecht.
Hastig blättere ich weiter. Die Frau trägt auf den Bildern obszöne Unterwäsche. Schicke Dessous pushen ihren üppigen Busen. Strapse schneiden sich in schlanken Beine und heben dadurch den wohlgeformten Po. Was ist das hier?Bürgerlicher Name: Maria-Luisa Milsner.
Künstlername: Marise
Geburtsort: Berlin
Gemeldet in: Berlin
Geburtstag: 15. März 1983
Arbeitsstelle: Berlin
Arbeitsbezeichnung: Prostitutierte
Mein Kopf beginnt zu schmerzen. Warum hat Daddy solche Unterlagen in diesem Zimmer? Mit zitternden Händen wähle ich Annabelles Nummer.
"Maus?"
"Annabelle...", mein Mund ist trocken, meine Hände zittern so stark, dass es mir schwer fällt das Telefon fest zu halten.
"Ist etwas passiert.", im Hintergrund höre ich wie sie eine Tür schließt.
"Annabelle ich habe etwas gefunden.", schluchze ich leise und wende zur nächsten Seite. Meine Augen werden groß. Das Telefon fällt aus der Hand und landet mit lautem Krach auf dem Linoleum." CLARISSE!?"
"Oh Gott. Oh Gott. Oh Gott...", wimmernd wiege ich mich sanft vor und zurück.
"Das ist nur ein böser Traum. Nur ein böser Traum.", fahre ich mit dem unmenschlichen Singsang fort.
"CLARISSE! ICH BIN IN EINER STUNDE BEI DIR HALT DURCH!", das Telefon piept. Teilnehmer aufgelegt.
Nachdem ich mich etwas beruhigt habe lese ich den Artikel erneut durch:
PROSTITUTIERTE AUFGRUND VON UNVORHERGESEHENER SCHWANGERSCHAFT FAST ZU TODE GEPRÜGELT
Es ist Samstag Nacht , als ein Notruf die Polizeistation Berlin - Neukölln erreicht. Eine junge aufgelöste Frau berichtet von einer grausamen Misshandlung ihrer schwangeren Mitbewohnerin.
Die 17- Jährige Prostitutierte M.-L. M. wurde aufgrund ihrer ungeplanten Schwangerschaft mehrere Male getreten und mit einem stumpfen Gegenstand von ihrem Zuhälter J. F. ins Gesicht,in die Magengegend und auf Höhe des Kehlkopfes geschlagen. Das Ungeborene blieb dabei unversehrt Die junge Frau wird derzeit in der Klinik behandelt und von einer Psychologin betreut.Berlin-Neukölln ,13. April 2000
Eine Stunde später steht eine verschwitzte Annabelle vor mir. Stumm zieht sie mich in ihre Arme und streichelt mir beruhigend über den Rücken. Wortlos geleite ich sie in mein Zimmer und lege ihr die Akte vor. Sie fährt sich durch die dunklen Haare und liest Zeile für Zeile den Artikel durch. Ihr Augen weiten sich.
"Neun Monate später..."
"....wurde ich geboren.", meine Stimme hört sich fremd an.
"Du denkst, dass deine Mutter gar nicht tot ist , sondern dein Vater es dir verschwiegen hat?"
"Ich glaube er schämt sich dafür und ich war nur ein Unfall.", ich lache resigniert und lehne mich zurück. "Jetzt verstehe ich auch warum Farid so ein Theater gemacht hat. Aber weißt du was? Ich werde sie suchen."
"Du bist verrückt, wenn sie immer noch im Puff arbeitet!"
"Genau da fange ich an.", mit grimmiger Genugtuung tippe ich die Adresse in mein Smartphone ein.
"Und heute ist der perfekte Tag dafür."
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Ob das so eine gute Idee ist?
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Same mistakes like you did Daddy.
FanfictionIch wusste es war falsch, wie so vieles in meinem Leben. Daddy hatte es mir verboten, nicht um mich zu bestrafen, sondern zum Schutz. Und ich? Hatte es mal wieder Missachtet.In irgendeiner Form genoss ich diese Angst, die sich tief in meine Poren fr...